Schmidt-Joos beschreibt Diskobesucher als Plakat ihrer selbst und philosophiert über das Saturday-Night-Fever als neues Phänomen. "Disco" kreiiert einen neuen Menschentypus, der aus seiner Sicht als konservativ zu bezeichnen ist. Denn Kommunikation findet nicht statt oder besser gesagt nur via Blicken und Bewegungen.
In allen westlichen Großstädten hat der Disco-Kult Metastasen gebildet. Dieser Trend, revolutionär nur im Technischen, unterminiert keine gesellschaftlichen Spielregeln und erfreut sich daher, neuerdings sogar im Ostblock, des Wohlwollens der Obrigkeit. Aggressionen, die im politischen Raum Sprengkraft gewinnen könnten, werden in der Disco kontrolliert abreagiert. Da auf dem Popmusik-Markt eine bei aller klanglichen Vielfalt komplette Richtungslosigkeit herrscht, ist in den Diskotheken eine auf pure Dekoration angelegte Massenunterhaltung gewachsen: Disco-Kultur als Art Deco. Der zahlende Gast ist zum Darsteller aufgerückt. Doch Disco ist das Produkt eines sprachlosen Jahrzehnts. Kommunikation kann in diesem Phon-Hagel gar nicht stattfinden. Für erotische Botschaften, sofern überhaupt erwünscht, reichen Bewegungssignale und der Blickkontakt.
Wenn bereits an den Pforten der Top-Discos das Outfit als Auswahlkriterium gilt, gedeiht naturgemäß eine Verkleidungsmode. Der Mensch wird zum Plakat seiner selbst: höchster Triumph der Werbe-Industrie.