Frankes Text dokumentiert Perspektiven und Möglichkeiten
    der neuen Medien Anfang der 80er Jahre. Herbert W. Franke
    hoffte auf einen kreativen Umgang mit Computer und Video
    und das Realisieren neuer künstlerischer Projekte,
    neuer Strukturen der Zusammenarbeit zwischen Technik und Kunst.
    Nicht zuletzt erwartete er sich neue Lösungen alter Probleme
    wie die elektronische Steuerung bislang mechanisch
    betriebener Systeme, die Umsetzung von Licht in Schall ...

        Herbert W. Franke

        ELEKTRONISCHE MITTEL DER VISUELLEN GESTALTUNG

        Seit Gutenberg war das Papier das wichtigste Medium visueller Information. Erst in den letzten Jahren wird es in steigendem Maß durch den Bildschirm verdrängt. Zunächst war es jener des Fernsehgerätes, doch in den letzten Jahren ist der Monitor der Computerausgabe dazugekommen und macht von sich reden.
        Die Diskussionen lassen erkennen, daß das Bildschirmgerät mehr ist als ein neues Möbelstück; es ist das äußerliche Anzeichen eines Umschwungs, der nicht nur Verhaltens- sondern auch Anschauungs- und Denkweisen betrifft.
        Wir sind in ein visuelles Zeitalter getreten - wir beherrschen die bildnerische Wiedergabe mit einer technischen Perfektion, wie sie noch vor 20 Jahren undenkbar war. Die aufregendsten Neuerungen ergeben sich durch das Eindringen der Elektronik in die visuelle Gestaltung als drittes Mittel bildlicher Kommunikation neben Druck und Film.

        Der erste Einsatz der Elektronik im Dienste visueller Aufgaben stand im Zeichen der abbildenden Wiedergabe. Das Fernsehen ist indessen den Kinderschuhen entwachsen, und wenn auch heute noch ein großer Teil seiner Aktivitäten der Nachrichtenverbreitung und der Unterhaltung dient, so ist nicht zu übersehen, daß es - beispielsweise im Fernsehspiel - auch künstlerische Aufgaben erfüllen kann.

        Ein neuer Aspekt tritt mit dem kleinen und preisgünstigen Videosystemen auf den Plan, die die neue Technik auch dem Privatmann und Künstler zugänglich machen. Nun verfügt er nicht mehr allein über den Bildschirm, sondern auch über die Kamera, mit der er Bilder eigener Intentionen hervorbringen kann.
        Bemerkenswert, daß dabei auch der Weg von der Abbildung zur eigenen Gestaltung möglich ist. Es gibt verschiedenste Arten, die Kamera so einzusetzen, daß sie nicht nur Bilder wiedergibt, sondern bestehende umformt und sogar neue hervorbringt. Eine neue Kunstform, die Videoart, ist entstanden. Ein Zentrum dieser neuen Art frei gestaltender Betätigung ist das "New Bauhaus" am M.I.T. mit seinem Leiter Otto Piene.


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