Mit der Erfindung elektronischer Instrumente
    setzte in den 20er Jahren ein Boom der neuartigen
    Klangerzeugung bzw. neuer Kompositionen ein,
    die Entwicklung der Tonträger lieferte
    neue Ergebnisse für die Klanggestaltung.
    Nach dem zweiten Weltkrieg folgten erste Experimente
    mit Synthesizern, Visualisierung von Klängen usw.
    Weiters veränderte die Möglichkeit der elektronischen
    Klangerzeugung in unserem Jahrhundert das Klangempfinden,
    führte zur Emanzipation des Tons, des Klangs, des 
    Geräuschs.

        Klaus Hashagen

        ELEKTRONIC IN DER MUSIK

        Ferruccio Busoni machte bereits 1906 (im gleichen Jahr, in dem die Elektronenröhre von R. von Lieben und L. de Forest erfunden wurde) in seinem "Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst" erste Voraussagen auf eine "elektrische Musik".

        Wenige Jahre später (1909) verfaßte der italienische Dichter Marinetti sein erstes futuristisches Manifest mit der Prophezeiung des Untergangs der traditionellen Kultur. Der Maler und Musiker Luigi Russolo und der Komponist Ballila Pratella, die 1911 ihre Theorien der futuristischen Musik entwickelten, machten Vorschläge für sogenannte "comatische" Instrumente mit differenzierteren Tonskalen als die herkömmliche 12-Ton-Skala. Man experimentierte seinerzeit schon mit simultanen Formen verschiedener musikalischer Bewegungen und mit der Einbeziehung naturalistischer Geräusche in die musikalische Komposition. (Russolo: "... wir orchestrieren im Geiste die Geräusche der Metallrollos vor Ladenfenstern, von zuschlagenden Türen, das Schlürfen und Drängen der Menge, die Massenunruhe der Bahnhöfe, Stahlwerke, Fabriken, Druckpressen, Kraftwerke und Untergrundbahnen ...). Russolo und Pratella bauten eigentümliche Lärmmaschinen ("Intonarumori"), die verschiedene Klanghöhen- und Klangfarbenbereiche umfaßten.

        Im Juni 1913 veranstalteten die beiden Italiener im Teatro Storchi in Modena ein erstes Konzert mit ihrem neuen Instrumentarium. Russolo baute später ein Tasten- und Hebelinstrument ("Rumorarmonio"). Die musikalische Stilrichtung "Bruitismus" geriet bald in Vergessenheit; Russolo starb 1947 enttäuscht. Die Äusläufer des Bruitismus erkennt man in den Arbeiten der Gebrüder Baschet in Paris, die noch in diesen Jahren mit ihren tönernen Strukturen an die Öffentlichkeit treten. Der Bruitismus hat die Verselbständigung des Geräusches in den Partituren der Neuen Musik veranlaßt (Varèse, Tomasi, Chavez u. a.). Die Schule der "Musique concrète" beruft sich auf diesen Stil und hat bereits heute eine etwa 30jährige Geschichte, länger übrigens als die der elektronischen Musik, die erst Anfang der fünfziger Jahre an die Öffentlichkeit trat.