Thubalkain ist der in der Bibel (l. Mose 4) genannte "Meister in allerlei Erz- und Eisenwerk", in allen Bauhüttengeschichten einer der Begründer der Kunstfertigkeit des Menschen. Den Kontakt zur Musik schreibt man ihm zu, weil "die Grobschmiede den Takt hämmern". Thubalkain erzählt die Geschichte seiner von Kain abstammenden Familie. Thubalkains Bühne ist ein von Lehrlingen der VOEST-ALPINE AG erbautes Modell einer Brückenkonstruktion.
Mitten in die Erzählung setzen plötzlich Röhrenglocken und Vibraphone ein, Flammenbilder erleuchten die Szene.
Parallel dazu arbeiten die beiden französischen Wissenschafter und Philosophen D'Alembert und Diderot an ihrer Enzyklopädie, einem umfassenden Werk über den Stand der handwerklichen Technik und der frühen Industrie. Diderot listet alle damals bekannten Metallberufe auf.
Thubalkain aber erzählt weiter: vom Brudermord des Kain und vom Gotteszeichen an seiner Stirn.
Da erscheint das Metall: zwölf Tänzerinnen in metallenen Kostümen, die zum Rhythmus der Schlagwerke der Straßenbahn entsteigen und auf die Spielfläche des Platzes tanzen. Während die Kompressoren und Kraftfahrzeuge ihre Arbeit aufnehmen, schreibt Diderot weiter: vom Nagelschmied, vom Broschenmacher, Messerschmied und Arcuebusier.
Doch Thubalkain hat seine Geschichte noch nicht beendet: dem Stamme des Kain entsproß er selbst. Er vertritt ebenso, wie Diderot und D'Alembert, die Vergangenheit. Nun aber tritt mehr und mehr die Stahlindustrie der Gegenwart in den Vordergrund. Das Stahlwerk entsendet seine Klänge. Auch D'Alembert arbeitet an dem Verzeichnis: Versilberer, Kesselschmiede, Ziselierer und Münzer bringt er ein. Doch die Arbeit geht unbeirrt voran: Dreher, Schweißer, Schlosser mit Winkelschleifern lassen sich vom akademischen Gedankengut nicht beirren, für sie ist Arbeit Realität, nicht Ziel wissenschaftlichen Interesses.
Zum Klang der Ambosse, wo Eisen gehämmert und geformt wird, tritt das Metall wieder auf. Diderot und D'Alembert haben ihr Werk noch nicht vollendet. Während sie daran arbeiten, tanzt das Metall.
Wie die Bibel ihre Gültigkeit durch die Zeit bewahrt hat, zieht sich auch die Geschichte des Thubalkain weiter, bis man anfing "zu predigen von des Herrn Namen".
Gemeinsam beenden Diderot und D'Alembert das Kapitel der Metallberufe; sie treten ab. Doch ihre Schatten, ihr Geist lebt weiter durch die Zeit. Ihr Werk hat ihnen Unsterblichkeit verliehen.
Drei Knaben treten auf: Kinder als Symbole der Reinheit, der Ästhetik, der Schönheit der Arbeit - sie singen vom Geist, der die Stahlwerker beseelt, vom Riesen "Werkstoff", vom "Eisernen Messias".
Thubalkain, der mittlerweile die Bühne verlassen hat, erscheint wieder, nicht nur als Mythos, sondern als der Arbeiter, der er einst gewesen ist. Die Sehnsucht des Arbeiters nach Schönheit besingt er "und schmiedete eiserne Blumen". Langsam setzt sich die Einheit, die Einigkeit durch, in einem gigantischen Schlußcrescendo vereinigen sich alle Instrumente auf den Tönen g und e und zu diesen Klängen erzählen nun alle mitwirkenden Arbeiter an ihren Maschinen wie vor ihnen Thubalkain ihre persönliche Geschichte, während ein mächtiger Schlußton das Werk aus dem Linzer Hauptplatz ausklingen läßt.