In dieser Musik gibt es unter anderem:
a) möglicherweise ein Computerprogramm
b) eine Bandzuspielung
c) eine exakte Partitur
d) aleatorischen Gestus
e) Improvisationsräume
Es gibt auch:
Kulminationen
geballten Klang
Zartes ...
Und dies alles soll zu einer Musik führen, die ohne großen programmatischen Hintergrund - der meist in die Nähe einer Verlegenheitslösung kommt - bestehen kann, aussagen kann und wirkt.
ZUR REALISATION DER MUSIK
Die Ausgangssituation für die Produktion des Tonbandes, das dann
als Zuspielband und als Basis für die Aufführung im
Brucknerhaus dienen sollte, war spannend und schwierig:
In anfänglich nervöser Studioatmosphäre sollte, ausgehend
von nicht exakter Notation, von proportionalem Notenbild über
verbale Charakterfixierungen bis zum graphisch betonten Gestus, sollte,
ausgehend von dieser von mir ganz bewußt eingesetzten Form der
Notation, welche Freiräume offen läßt und Platz
läßt für spontan Eingebrachtes, Musik entstehen,
tragfähig genug, um den Zeitraum von über einer Stunde zu
spannen, zu überbrücken. - Musik, die trotz der geforderten
ursprünglich spontanen Verwirklichung Gültigkeit vermittelt.
Um nun diesen schwierigen Anfang zu einem richtigen Ende zu bringen, waren notwendig, und ich muß betonen - auch vorhanden: der unbedingte Einsatz der Ausführenden, ihr Mut und ihre uneingeschränkte Freude, diese Aufgabe mit mir zu lösen - die Freude von Musikern, die jeder einzelne Meister seines Faches - es erst ermöglichen, Musik zu realisieren, welche die Fähigkeit hat auszubrechen - auszubrechen um frei zu sein für die Verwirklichung ganz persönlicher, intimer und gerade dadurch starker Ideen, Träume und Hoffnungen.
2. WERKBESCHREIBUNG ZU TOBIAS ZAPFEL
Klassisch geschultes Denken
Entwicklungsdenken über große Zeiträume. Denken in
großen Bögen.
Es wird hohe Konzentration, Denkarbeit in Kauf genommen, um zu dem
Punkt zu kommen, von dem aus rückwirkend alles bisher Geschehene als
völlig logisch erklärbar wird, wo man plötzlich alles
versteht und von dem aus man getragen wird.
Plötzlich ist alles ganz leicht.
- Und das sind Punkte, die man nur so erreicht:
nur durch diese geforderte, notwendige Konzentration, die sowohl der
Komponist als auch dann der Zuhörer braucht.
- Das sind die Punkte oder auch "Räume", in denen man
tiefer dringt, zu Erlebnissen (subtilsten Emotionsdarstellungen) dringen
kann, weil man (und das der Komponist und der Hörer AKTIV) ein
Podest geschaffen hat, das dann jeden Ton, jede Motivik, jeden Klang,
jede Rhythmik anders klingen läßt (und nur so geht es, denn
man kann ja im Prinzip immer nur mit einem begrenzten Material arbeiten -
wenn auch in den verschiedensten Kombinationen, die allein aber am
Material selbst nichts ändern können).
Das heißt: man muß eigentlich mit den musikalischen Elementen
zaubern.
So wie Marcel Duchamp den Flaschenständer verzaubert, indem er ihn
quasi auf ein Podest (ins Museum) stellt, auf ein Podest, gebaut aus
einer Fülle von Gedanken.
Diese Punkte in der Musik können sich in jedem einzelnen
Stück an verschiedenen Stellen befinden.
Wenn man z. B. in "Le Marteau sans Maitre" von Boulez zu dem
wunderschönen Schluß gelangt ist, der klanglich
hauptsächlich aus weichem, nachklingendem Schlagwerk besteht, so ist
man hier ganz zum Schluß an jenem Punkt angelangt.
In meiner Linz-Musik gibt es ein Beispiel das man wahrscheinlich leicht
verfolgen kann, da hier ein, und dasselbe Material zweimal gebracht wird
- und das zweite Mal nach einer Entwicklung.
Es gibt hier den Ton "Fis", der zuerst vorkommt als
zentralorientiert. Das heißt: das "Fis" wird als
Tonzentrum verwendet, von dem man ausgehen kann, aber zu dem man
gleichsam als Auflösung wieder zurückkehrt.
(So wie in der funktionsharmonisch orientierten Musik - der "tonalen
Musik" - in der Kadenz das gesamte Grundprinzip von: Ausgangspunkt -
Wegführen - und im Zurückkehren: Auflösen enthalten
ist.)
Das erste "Fis" (das in vier direkt aufeinander folgenden Klangkomplexen vorkommt) ist Tonzentrum.
Und dieses erste "Fis" wird verwandelt und wird beim 2. Male, gegen Ende des Stückes, umgewandelt in den Grundton "Fis". - Den Grundton für einen Klang, der aus einem Schweben zwischen Fis-Dur und fis-Moll besteht.
Es wird hier ein Grad an Auflösung erreicht, der viel stärker ist und weiter geht als der des ersten "Fis"-Komplexes, der trotzdem nicht "tonal" ist, weil dieses Fis-Dur-Moll ohne funktionsharmonischen Zusammenhang frei im Raum steht, der aber - wenn diese Musik gelungen ist - das darstellen "plötzlich ist alles ganz leicht" angedeutet habe.