Finsternis. Aus einer Ecke des Platzes hört man ein ungewöhnliches, ungewohntes Geräusch. Es handelt sich um das Brodeln urzeitlichen Magmas, hervorgerufen durch eine unbekannte Kraft, die Oberfläche des Platzes beginnt zu vibrieren. Nach und nach breitet sich der Ton aus, schwimmt über den Platz und nimmt ihn schließlich ganz ein.
Drei flackernde Irrlichter steigen langsam von unten nach oben an der Fassade verschiedener Gebäude empor. Zielpunkt sind drei Punkte hoch oben auf den Fassaden, die noch im Dunkeln liegen. Während der Wanderung der Irrlichter verändert sich der dumpf pluckernde Klang, wird immer rhythmischer, symbolisiert eine Reise durch vergangene Zivilisationen in die Zeichen der Jetztzeit. Die drei Punkte sind erreicht, beim ersten Kontakt mit den flackernden Irrlichtern kommt es zur Explosion, die einen ungeheuren Motor aus Mikromechanismen in Bewegung setzt - eine gewaltige Kettenreaktion schimmernder Explosionen. Auch der Klang explodiert, löst sich auf, findet zurück und setzt sich in völlig neuentwickelten Formen wieder zusammen.
Auf den senkrechten Flächen des Raums erscheinen Visionen, Illusionen - abstrakte Zeichen, die sich langsam verändern. Punkte, Linien, geometrische Formen, archetypische Zeichen von Architektur, mysteriöse Schriftzeichen - noch unentzifferbar. Zeichen erzählen von der Zeit, die Architektur spricht von ihrer Zeit - Visionen, unmittelbar und flüchtig, überlagern sich, schreiben in der Dunkelheit, - langsam zerbricht die Stille des Raums, die Leere füllt sich mit einer unaufhörlichen Melodie von Sein und Nichtsein.
Vogel, Ikarus und Flugzeug ziehen ihre Bahn auf den noch unentzifferbaren Oberflächen, erscheinen und verschwinden werden zur Synthese in einem Pfeil aus Licht, in einem Wegweiser, der sanft gegen endlos weite Ziele steigt, und die Blicke zu fernen Erinnerungen führt.
Die zusammengekauerten Menschen erheben sich langsam, wie nach
einem langen Schlaf. Der Atem der Körper bewegt langsam flirrend die
Luft.
Auf der Bahn eines elektrischen Windes bewegen sich Worte, entzifferbare
und andere, in immerwährender Mutation.
Unerwartete Schnittflächen aus Laser machen uns atemlos, werfen die Ebenen der Raumauffassung um und lösen das Zwiegespräch der Menschen aus. Durch das Gemurmel und Gewisper streifen Lichtstrahlen wie urzeitliche Schlangen durch die Unendlichkeit des Meeresraums, Pfade ins Grenzenlose werden gezogen - ein Choral drängt sich immer stärker nach oben. Bündel aus scharf-weißem Licht überlagern sich, suchen Elemente, verweilen auf Details. Immer näher kommen die Chöre, immer lauter wird ihr Gesang, die Vorahnung eines außergewöhnlichen Ereignisses liegt in der Luft. Und wahrhaftig, der Klang gebiert eine enorme Explosion, als ob die Erdkruste aufbrechen möchte. Wie durch Magie beginnt aus der Oberfläche der Erde die Geburt einer gewaltigen Form, die in den Himmel hinaufwächst.
DIE PYRAMIDE - Mythologisches Zeichen, Monument der Vergangenheit, gleichzeitig der Zukunft - so zeitlos in der Archetypie. Der Gigant erzeugt durch sein Erscheinen Licht und Energie. Die Stadt beginnt zu tanzen, die Fassaden beginnen sich zu unterhalten, Innen und Außen verschmelzen in einem poetischen Augenblick zu einem Ganzen.
Laser erzeugen ein Dach aus Licht, der Raum wird zu einem intimen Plätzchen. Silberne Männer dringen in den Raum ein und sprechen durch mystisch, magisches Pulsieren des Lichts. Bilder tanzen auf den Fassaden, heben Strukturen hervor, beschwören Erinnerungen, indem sie Zukünftiges projizieren. Tänze aus Geometrie konstruiert in Laser.
Die Fenster eines Gebäudes werden von innen her beleuchtet - strahlen wie das Schaltbrett eines Computers unendlich viele Kombinationen aus. Elemente des Äußeren durchdringen die Gebäudefassaden, beziehen sie in das Spiel des Raums ein.
Klare menschliche Stimmen tauschen Ideen aus, lassen Verhaltensmuster verschmelzen, erobern Raum und Zeit. Personen, die bisher auf den seitlichen Szenerien agiert haben, bewegen sich mit diskreter Langsamkeit auf die Pyramide zu, betrachten sie, wollen sie ergründen, erforschen, erklettern, in Besitz nehmen.
Andere Personen klettern blitzschnell Fassaden hoch, laufen Vertikale hinauf.
So werden Pyramide und historische Gebäude von Menschen einer neuen Zeit erobert.
Licht flammt auf, enthüllt die ganze Geometrie des Raums, zeichnet und überzeichnet seine morphologische Dynamik. Grenzen zwischen Realität und Imagination zerspringen.
Menschen tanzen in totaler Harmonie, in unaufhörlichem Rhythmus, während die Revolte des Raumes schon im Gange ist. Die Elektronik mit ihrer Geschwindigkeit, ihrer Faszination, ihrer expressiven Körperlichkeit, ihrer Sprache, hat auf die Mauern der Zeit geschrieben, hat in einem Augenblick eine unendlich lange Geschichte erzählt. Die Geschichte von der METAMORPHOSE von Zeit und Raum.
Giancarlo Cauteruccio