Sie steigt hinab auf diese Erde. Von dort nimmt sie Kontakt auf mit der anderen Hälfte des Alls, einer männlichen Wesenheit. Um ihn zu treffen, verläßt sie die Erde und begibt sich auf einen gefährlichen Flug durch neue Dimensionen, aus einer Welt in andere Welten. Sie wagt sich durch die Wildnis der Naturgewalten und der metaphysischen Kräfte, sie dringt durch eine dunkle metamorphe Leere und steigt letztlich zu XEN auf. Dort begegnen sich die zwei Ur-Wesenheiten, werden von Liebe zu einander ergriffen und vereinen sich im Tanz. Aus ihrer Vereinigung entsteht eine neue Generation mit magischen Kräften, um die Erde zu erleuchten. So lernt die Erde ihre verborgenen Kräfte einzusetzen und erhebt sich allmählich zu einer Ebene, wo sie ihre Sonne in den Kreis der Sterne einbindet. Das Universum vereinigt sich. Wir überwinden die Grenzen des Alls und begeben uns in jenseitige Welten.
Thomas Shannon
TREATMENT FÜR DEN 3-D-FILM
Einfache Bühne, vier Performer und ihre Instrumente vor einer großen Kinoleinwand. Das Publikum trägt polarisierte Brillen. Beim Verlöschen der Saallichter schwebt eine kleine Lichtkugel in die Mitte der Leinwand nach vorne über die Köpfe des Publikums. Sie pulsiert mit den ersten Tönen des Konzertes und beginnt zu tanzen. Mit ihrer Bewegung beginnt diese Lichtkugel Kugelketten, die wie gefroren in der Luft hängen, hinter sich herzuziehen. Ein plötzliches Anschwellen der Musik haucht ihnen Leben ein, die Ruhe ist gebrochen, die Luft ist voll glänzender Partikel. Die Performer befinden sich in der Mitte eines dreidimensionalen vibrierenden Farbfeldes, das von der Leinwand direkt bis in die Augen des Publikums reicht. Das Luftvolumen des Konzertsaales fällt sich mit sichtbaren Schallwellen und hörbaren Bildern. Die Luftmoleküle vergrößern sich gleichmäßig aus ihrer unter-sichtbaren Welt. Ihre feine Choreographie zeichnet übereinandergelagerte filigrane Spitzenmuster im Raum. Feine tonale Verschiebungen lösen eine dimensionale Chemie von Mikrokettenreaktionen aus, die die Spirallinien des akustischen DNA entrollt.
Bildtragende Strahlen, die aus den eigenen Augen zu kommen scheinen, kollidieren mit schwebenden Klanggestalten, winden sich durch Kristallgitter von Atomen und schnellen wieder zurück ins eigene Auge. Der Raum weitet sich. Relativistische Ströme fließen in allen Richtungen mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Man meint, man fliege mit höchster Geschwindigkeit und gleichzeitig glaubt man, sich bewegungslos im Zentrum eines Wirbelsturms zu befinden. Alles fällt. Das Publikum steigt in die Höhe. Schwarze metamorphe Leeren stürzen durch die Luftmasse. Der Raum dreht, spaltet sich und verschwindet. Wogen flüssigen Klanges schwappen von hinten im Saal nach vorne und branden in Wirbeln an den Performern an und stürzen sich in die Tiefe der Leinwand. Sanfte Spritzer kräuseln die nasse Luft. Aufgehängte Mikro-Eier werden zu riesigen Monden, drehen sich, implodieren sanft und erscheinen dann in der Ferne wieder. Jeder Performer ist von einer vibrierenden Aura seiner eigenen Musik umgeben. In der leuclitendcn Atmosphäre verschmelzen Klangmuster, die sich aus den einzelnen Instrumenten lösen. Erotische Phantome verharren angesichts des Publikums und verändern sich langsam in einer Sequenz halluzinatorischer Wesen. Schwärme winziger Bilder hängen in Reichweite in der Luft, massige Formen gleiten von den Seiten herein.
Die Tonhöhe steigt und das Zentrum der elastischen Leinwand zieht sich kilometerweit in die Ferne zurück. Eine Flut von Lichtenergie braust nach vorne und reißt, wie sie in den Saal stürzt, den Raum hinter sich auf. Die Moleküle blubbern, Konvektionsströme kehren den Raum um. Gasförmige, flüssige, kristalline und Plasmazustände sind überlagert. Die Partikel kondensieren plötzlich mit einem Knall zu einem schweren schwebenden Brocken, der sich langsam in schwerelosen Sand auflöst. Beständiges Brummen fällt den Raum.
Lange magnetische Schlingen spannen Sternenfelder von der Leinwand zu den Gehirnneuronen. Leuchtende Gesandte tasten durch die Luft. Duftende tonale Blüten schweben auf hydroponischen Trommelschlägen.