MELISSA GOULD
GRUND RISS
VON ADLER BIS ZYLBER
Eine konzeptuelle Installation von Melissa Gould
&
NOTEN AUS DEM UNTERGRUND
Eine Musik- und Klanginstallation von
Alvin Curran
ist wie eine Blaupause des Grundrisses einer ehemaligen Berliner
Synagoge,
die auf dem Rasen zwischen dem Brucknerhaus und dem Donauufer
in Linz in Originalgröße dargestellt wird. In die Erde
eingelassene
Leuchtstoffröhren geben den Grundriß des zerstörten
Gebäudes
wieder und verwandeln ihn in eine geisterhafte Zeichnung aus Licht.
Aus der "Zeichnung" erhebt sich dreidimensional eine teilweise aufgebaute
Innenwand aus verkohlten Büchern, die in Stapeln verschiedener
Höhe
aufgebaut sind. Oberhalb dieser Bücherstapel ist eine waagrechte
Feuerlinie, die den oberen Wandabschluß darstellt.
Diese Feuerwand dient als senkrechtes Element und als Brennpunkt
von Floor Plan. Sie dient auch als visuelle Metapher:
-
- für das "Ewige Licht", wie es traditionellerweise in allen
Synagogen der Welt verwendet wird
- für die Feuer der Kristalinacht", die in ganz Deutschland und
Österreich am 9. und 10. November1938 brannten
- für das Feuer, das einen Teil des europäischen ludentums
zwischen der "Kristallnacht' und dem Juni 1945 verzehrte
- für das Feuer als Leben.
Zusätzlich zur Präsenz der Leuchtstoffröhren und der
Feuerwand
finden sich noch andere Details, wie etwa zerstörte hölzerne
Bänke
und Bruchstücke von Gipsstatuen, über die Fläche
verteilt. 100
quadratische Platten mit Bildern und dazugehörigen jüdischen
Familiennamen - die als Worte im Deutschen Bilder der Natur heraufrufen
(Blumenthal, Goldberg, Himmelblau, Mond, Vogel usw.) - sind
ein weiteres wichtiges Element von Floor Plan.
Klanglich reflektiert die Musik zu Floor Plan,
Notes from the Underground
(Noten aus dem Untergrund), ebenso die in Floor Plan
enthaltenen apokalyptischen Tatsachen wie die reale Bedrohung
allen biologischen Lebens auf diesem Planeten.
Ein klangliches Plasma aus einer sich ständig verschiebenden
Polyphonie
kombiniert die Musik von hunderttausenden menschlichen
Stimmen a capella (die in Hebräisch, Yiddisch und anderen Sprachen
singen) mit den Schreien und der Sprache des Tierreiches,
besonders von jenen Rassen, die vom Aussterben bedroht
sind wie Elefanten, Wale, Wölfe usw., den Klang antiker ritueller
Instrumente Trommeln, Widderhörner, Muschelhörner und
Maultrommeln, unheilvolle industrielle, elektronische Klänge
und die Geräusche von Naturkatastrophen.
Dies alles entströmt rund 75 Lautsprechern, die entlang der
Lichtzeichnung in die Erde versenkt sind.
Historische Anmerkung
Floor Plan verwendet einen Architekturgrundriß als Basis.
Die Synagoge der Reformkongregation, Johannisstraße 16, Berlin
Mitte,
dient als Modell. Von Gustav Stier (1807-1880) im Jahre 1853 entworfen,
1853-54 gebaut und 1854 eröffnet, wurde sie in der
"Kristallnacht" beschädigt und während des Zweiten Weltkrieges
zerstört.