Stadtwerkstatt-TV in Sendung
"NIEMAND IST SICH SEINER SICHER"
LIVE-TV-KUNST via Satellit direkt in den Haushalt und retour.
Fernsehen in Künstlerhänden auf den Kanälen 3sat und FS
2.
NAILED GUTS
Live-Sendungen sind das Blut des Fernsehens. Leidet ein Sender an
Blutverlust, ist er ein Pantoffelkino oder eine audiovisuelle Heimdisco.
Nirgends ist Fernsehen spannender, nervenzerreibender und spezifischer,
als bei Live-Sendungen. Man zerbeißt sich die Fingernägel,
will die
Wände hochkriechen, besauft sich sinnlos, greift wütend zum
Telefon,
fiebert mit, hofft, endlich mit seinem Anruf durchzukommen, schaltet
immer
wieder um, weil man es nicht aushält, um am Ende beim Finale doch
wieder dabei zu sein.
Umso verdammenswerter sind deshalb auch jene vorher aufgezeichneten
und zurechtgestutzten GameShows mit ihrem anonymen Studiopublikum.
Hier rinnt kein Fernsehlebenssaft Über den Bildschirm. Hier regiert
Sicherheit, Ordnung und Langeweile. Niemand überzieht, niemand
schweinigelt in der Hitze der Studiobeleuchtung, niemand muß auf
Pannen reagieren, niemandem gehen die Chips und das Bier aus.
STWST-TV hat dieses Blut in den Adern und STWST-TV ist blutrünstig.
KATASTROPHEN-TV
Katastrophenschauplatz Nummer eins ist die Mattscheibe.
Wie alles im Leben läßt sich erst durch menschliche
Beurteilung eine Katastrophe feststellen. Mittels TV sollen durch
Irritation Wertvorstellungen relativiert werden. Die Lust an der
Katastrophe und die katastrophale Lust sollen unbenommen bleiben. Mit
dem Menschen in die Wiege gelegten Zerstörungs- und
Vernichtungstrieb wird spekuliert.
NIEMAND IST SICH SEINER SICHER
Ist ein Live-Fernsehstück in mehreren gleichzeitig
stattfindenden Handlungsebenen. Es durchleuchtet psychisch und materiell
das
Phänomen kontrollierten Lebens.
Unsere Überlegungen haben sich auf die Bedeutung des Themas in
Bezug auf die menschliche Existenz und den damit verbundenen Alltag
konzentriert. Ein hohes Maß an Lebensqualität bedingt ein
hohes Maß
an Kontrolle über mögliche Störfaktoren. Heute sind wir
konfrontiert
mit einer hochentwickelten Kultur der Sicherheitssysteme, die
inzwischen
eine starke Eigendynamik entwickelt haben. Dem Unbedarften flen
sie schon wieder Angst und Unsicherheit ein. Wir wollen wissen,
wie Menschen ihr Leben tagtäglich unter Kontrolle haben und wie
sie mit ihrer Existenz umgehen. Das damit verknüpfte
Aufrechterhalten
von Wertvorstellungen (was schützt man und wovor) ergibt nur
scheinbar
ein Geflecht zur Stabilisierung der Existenz. Letztendlich zeigen sich
darin
aber paranoide Bruchstellen, daß sich keiner mehr seiner sicher
sein kann.
Der Hang zur Kontrolle, der für viele einen primären
Überlebensfaktor
darstellt, erweist sich als Falle. Die Vernunft lehrt uns, daß
wir nicht
wissen können, was in der n”chsten Sekunde geschieht.