Weibel beschreibt die Endophysik als Modell- und Simulations- theorie, die sich aus der Chaostheorie entwickelt hat. Die Endophysik geht davon aus, daß es in der realen Welt, nur interne Beobachter eines Systems geben kann, und daher eine externe Beobachtung nur über Modellwelten konstruierbar ist. Ein Doppelzugang zur Welt - neben dem direkten Zugang zur realen Welt durch die Schnittstelle der Sinne wird ein zweiter, aus einer imaginierten Beobachterposition eröffnet - soll aus dem Dilemma befreien. Beobachterrelativität, Repräsentationsproblematik, und die Welt als reines Schnittstellenproblem sind Themen der Endophysik. Weibel sieht außerdem Paralellen in der Entwicklung der Kunst - von der objektorientierten zur beobachterorientierten Kunst - im "elektronisch-telematischen Zeitalter".
Ars Electronica '92 versucht, zwei neue radikale Veränderungen des Weltbildes und die damit verbundenen neuen Bildweiten thematisch in den Mittelpunkt zu stellen: Endophysik und Nanotechnologie. Die elektronische Weit mit ihren Modellwelten und Computersimulatoren, mit ihren Interfaces und virtuellen Wirklichkeiten legt die Vermutung nahe, daß die Welt ein Schnittstellen-Problem ist. Endophysik und Nanotechnologie sind zwei verschiedene Vorgangsweisen, mit denen die Schnittstelle genauer als bisher studiert werden kann, einmal detaillierter als je (sehr klein - nano) und einmal sogar von innen (endo).
In seinem Buch "Engines of Creation, The Coming Era of Nanotechnology" (1986) hat K. Eric Drexler eine "Maschinentechnologie" auf molekularer Basis vorgeschlagen, welche die Materie Atom um Atom strukturiert. Molekulare Nanomaschinen (Enzyme, Hormone, Viren können ja als Maschinen beschrieben werden) verschaffen uns Zutritt zu Mikrosphären nanometrischer Dimensionen (Nanometer ist der milliardste Teil eines Meters). Durch die direkte und gezielte Manipulation, Markierung und Blockbildung einzelner Atome und Moleküle, wie sie Feynman-Maschinen à la Raster-Tunnel-Mikroskope erstmals ermöglichen, dringen wir gleichsam in die Schaltzentrale und an das Mischpult der Natur vor. Von der Medizin bis zur Erforschung neuer Materialeigenschaften bzw. Entdeckung neuer Materialien steht uns eine radikale Änderung unserer materiellen Existenz bevor. Elektronische Nano-Computer, vielleicht hunderttausendmal schneller als elektronische Mikrocomputer, werden diese Entwicklung beschleunigen.