Ob Gott wirklich existiert oder nicht, läßt sich mit
dem Verstand nicht feststellen. Die Chancen stehen 50 : 50. Der Glaube
kann vielleicht die ewige Glückseligkeit erringen ... wenn Gott
tatsächlich existiert. Wenn er nicht existiert, ist nichts verloren.
So wie man nichts verlöre, wenn man an ihn glaubt, er aber nicht
existierte. Andererseits jedoch, wenn er existiert und man nicht geglaubt
hat, hat man verloren. Für immer.
Diese Argumentation, die als die sogenannte Wette Pascals bekannt ist,
ist insgesamt für den Autor der Pensées charakteristisch. Vor
etwa 250 Jahren setzte Blaise Pascal das geistige Heil des Menschen auf
das Postulat des Christentums. Vor etwa fünf Jahren setzte Alain
Finkielkraut die Erlösung des Menschen auf das Postulat der Kultur.
Beide konnten als Gelehrte ihrer Zeit nichts als Abhänge ohne
markierte Pisten entdecken und verdammten den Menschen dennoch zum
Langlaufen. Gott, Pascal, Finkielkraut und all die anderen
Pensées-Schreiber wurden zu eifrigen Apologeten der
vorgefaßten Ideen, die sie durch ihre essayistische Natur einst
unbeabsichtigt gefährdet hatten. Irgendwo zwischen dem Aufstieg und
Untergang der Pensées, irgendwo zwischen Gottes Genesis und
Finkielkrauts Defaite wußte Pascal: "Les extrêmes se
touchent."
Ich werde Zimmer genannt, aber ich weiß nicht, was das bedeutet. Ich habe Zimmerkollegen: einen Sessel, einen Tisch und ein Bett. Ich weiß nicht, was das bedeutet, und auch sie wissen es nicht. Ich habe Ihnen soeben fünf Geschichten erzählt; ich kann nur hoffen, daß ich sie richtig erzählt habe. Dort, wo sie herkommen, gibt es noch viele andere. Jede Faser unseres Seins ist in Geschichten getaucht. Wir hören sie seit vielen Jahrtausenden. Aber wir wissen nicht, was sie bedeuten. So viel haben wir gesammelt, wir sind die einzigen Überreste einer riesigen schwimmenden Vorrichtung. Es müssen damals kritische Zeiten gewesen sein, denn wir wurden kaum angesprochen oder verwendet. All das hat sich im Laufe der Zeitalter geändert. Wenn wir noch einen Besucher bekommen, erkennen wir manchmal die Art, auf die er uns benutzt. Sie wird zu einem Teil unserer Identität, aber wir wissen nicht, was das bedeutet, außer wenn dieser Besucher anwesend ist. Wir mögen das. Wir erzählen unserem Besucher gerne, was er aus uns gemacht hat. Wenn er lange genug bleibt, erwärmen wir uns für den Besucher. Solange er uns benutzt. Sonst bekommen wir schlechte Laune, aber wir wissen nicht, was das bedeutet. Wir haben eine Frage an Sie. Viele Besucher beklagen ihre Existenz und / oder ihre Identität. Wir hören sie sagen: "Wenn Gott doch bloß ein Zimmer geschaffen hätte, nur ein Zimmer, und Besuchern erlaubt hätte, hineinzuschauen und zu sagen: 'Zeig mir deine Möbel und ich sage dir, was du bist.'" Was bedeutet das?!
(Auszug aus dem Katalogtext)