Neue Möglichkeiten der Kommunikation machen digitale
    Medien für die Gesellschaft interessant und attraktiv.
    Rheingold sieht die Gründe für die Macht der virtuellen
    Gemeinschaften und Computernetzwerke zum einen im Umstand,
    daß jeder Teilnehmer potentiell mit jedem anderen
    verbunden ist, es kein Kommunikationsgefälle gibt;
    außerdem kann auf der Basis neuer Medien ein Beziehungs-
    geflecht jenseits traditioneller Barrieren entstehen;
    weiters tendieren alle Medien zu digitalen Formen,
    und zuletzt sind seiner Meinung nach die innovativen
    Chancen der neuen Technologien enorm groß.

        Howard Rheingold

        DIE ZUKUNFT DER DEMOKRATIE UND DIE VIER GRUNDPRINZIPIEN DER COMPUTERKOMMUNIKATION

        Es vollzieht sich in jüngster Zeit ein kolossaler Machtwechsel, bei dem es - ungeachtet der obskuren Terminologie, mit der darüber gesprochen wird - in erster Linie um Menschen und ihre Fähigkeit geht, miteinander auf neuartige Weise zu kommunizieren, und nicht um Glasfaserkabel und Multimedia-Geräte. Bei der Revolution, die durch die Erfindung der Druckerpresse ausgelöst wurde, ging es um die Fähigkeit der Menschen, lesen und schreiben zu können, und darum, wozu gebildetere Bevölkerungsteile in der Lage waren (z.B. sich selbst zu regieren), und nicht um die Technik der beweglichen Lettern an sich. Die neue Technik ermöglichte zwar den Machtwechsel, vollzogen wurde er jedoch von den Menschen, die sich des neuen Werkzeuges bedienten, um sich zu bilden.

        Man spricht heute sehr viel über "Informations-Superhighways". Ich verstehe, weshalb man diese Metapher verwendet, doch interessiert mich das nicht. Highways langweilen mich. Menschliche Gemeinschaften sind etwas viel Aufregenderes. Und ich bin davon überzeugt, daß eben dieser Aspekt der Gemeinschaft - die zwischenmenschliche Kommunikation, nicht der Zugang zu Unterhaltung und Information - die neuen Computer-Kommunikationsmedien für die Menschen so attraktiv macht.

        Auf meinen Reisen in Nordamerika, Europa und Japan ist mir immer wieder aufgefallen, wie dieselbe Grassroots-Bewegung, die man heute als virtuelle Gemeinschaft bezeichnet, überall dort aus dem Boden schießt, wo Menschen Zugang zu einem öffentlichen Telekommunikationsnetz und erschwinglichen Desktop-Computern haben. Ich sehe "computer conferencing" als eine potentielle Kraft, damit sich in unserer fragmentierten Gesellschaft wieder so etwas wie ein Gemeinschaftsgefühl entwickeln kann. Die Fähigkeit und die Freiheit der Menschen, ohne jede Beschränkung miteinander kommunizieren zu können, ist meiner Ansicht nach für die Demokratie von genauso grundlegender Bedeutung wie für die Gemeinschaft. Wir müssen die Welt auf eine neue Art und Weise verstehen, und das muß schnell geschehen, wenn wir angesichts immer mächtiger werdender Staaten unsere Freiheit nicht gefährden wollen. Die Kunst kann uns helfen, die Welt mit neuen Augen zu sehen, und eine neue Wahrnehmung der Welt ist ein notwendiger Schritt hin zu einem neuen Verständnis der Welt.