ANERKENNUNG
Portrait One
Luc Courchesne
Mich interessiert die Verbindung zwischen Technologie und populärer Kultur. Bei der Arbeit an ,Portrait One' wollte ich eine Brücke zwischen der Technologie und der Tradition schlagen. Ich habe deshalb mit dem Computer und der Bildplatte rund um die Tradition des Porträts gearbeitet. Die Porträtkunst hat sich aus einer Vielzahl von Durchbrüchen in der Kunstgeschichte entwickelt. So haben beispielsweise das Chiaroscuro und die Photographic den Realismus des porträtierten Objekts stark verbessert und wesentlich zum Erfolg des Genres als populäre Kunstform beigetragen. Heute haben die Medientechnologien das Potential, die Tradition des Porträts ein weiteres Mal tiefgreifend zu verändern. Im Prozeß des Hypermedia-Porträts wird das Objekt des Porträtierens aufgezeichnet und seine Präsenz künstlich hergestellt.
In ,Portrait One' (,Porträt Eins') scheint Marie, eine 34jährige Franko-Kanadienn aus Montreal, gespielt von Paule Ducharme, in Träume versunken zu sein. Ein Besucher kann nun versuchen, ihre Aufmerksamkeit zu wecken: Wenn er mit der Maus auf dem Display ,Excuse me!' anklickt, starrt Marie ihn plötzlich an. Wenn dann aus einer neuen Auswahl Fragen wie ,Haben Sie Zeit?', ,Schauen Sie mich an?' oder einfach ,Darf ich Sie etwas fragen?' angeklickt werden, so beginnt eine Konversation, die von der Neugier des Besuchers und von der Stimmung Maries abhängt. Die Begegnung kann kurz sein, weil es an Taktgefühl mangelt, aber sie kann sich auch - neben anderen Themen - in eine intime Diskussion über Liebe im Rahmen einer virtuellen Beziehung entwickeln. Der Verlauf dieser Unterhaltung wird von der Auswahl des Besuchers aus einem Set von rund 300 Fragen oder Kommentaren an Marie bestimmt. Die ursprüngliche Wahl bestimmt die Sprache des Gesprächs: Französisch, Englisch oder Deutsch. In der englischen und deutschen Version erhalten Maries Antworten Untertitel. In der derzeitigen Version der Installation wird das geisterhafte Gesicht Maries durch die Reflexion des horizontalen Bildschirms auf einer dem Besucher zugewandten Glasplatte erzeugt. (Luc Courchesne)
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