GOLDENE NICA
TI-92
Karola Hummer
Beim Projekt ”TI-92” wird mit mathematischen Funktionen aus der analytischen Geometrie (ohne Cursor) auf dem Taschenrechner TI-92 gezeichnet. Karola Hummer: ”Mir ist von der Technik her die Abstraktion vorgegeben (ein Screen mit etwa 5000 Punkten), und ich strebe mit meinen bescheidenen Mitteln maximale Realität an. Wenn Kunst Idee und Technik verbindet, dann sind meine Bilder zumindest eine bescheiden künstlerische Äußerung."
Ich zeichne mit mathematischen Funktionen aus der analytischen Geometrie. Ich verwende niemals den Cursor, sondern berechne jede Linie, gebe die Funktion am y-Editor des TI-92 ein und lasse sie am Graphic- Bildschirm zeichnen.
Die Idee dazu kam mir, als ich am Ende der 6. Klasse meinen TI-92 zur Hand nahm und meinen Mathematiklehrer zeichnen wollte. Ich musste allerdings wochenlang mit dem Graphic-Programm experimentieren, bevor der „Homo mathematicus“ entstand. Ich finde, dass gerade die Grobkörnigkeit den Bildern einen ganz eigenen Reiz verleiht und die Pixel-Beschränkung auch für mich eine besondere Herausforderung darstellt. Genauso beschränkte ich mich bei meinen ersten Bildern bewusst auf einen einzigen y-Editor und einen Screen. In diesem Sinne verzichtete ich auch auf Verbesserungen, die ich an meinen Bildern gerne noch angebracht hätte. Jedenfalls musste ich Funktionen „sparen“ und die jeweils mathematisch am besten geeignete Funktion wählen, um bestimmte Kurven wiederzugeben. Ich verwendete hauptsächlich Teile von Geraden, Kreisen, Ellipsen, Parabeln und trigonometrischen Funktionen. Beim Doppelportrait meiner Eltern überlagerte ich erstmals drei Screens (ca. 260 Funktionen). In Rio trieb ich diese Arbeitsweise auf die Spitze und an die Grenze der Speicherkapazität meines TI-92: Etwa 980 Funktionen auf zehn übereinandergelagerten Screens. Bei diesen übereinandergelagerten Bildern kam es mir weniger auf mathematische Tüfteleien als vielmehr auf grafische Experimente an.
Selbstverständlich fühle ich mich nicht als Künstlerin, im Gegenteil, eher als „Anti-Künstlerin“ im heutigen Sinn: Ich provoziere nicht, ich schockiere nicht und gehe insofern einen der modernen Kunst diametral entgegengesetzten Weg, als ich keine Abstraktion suche. Mir ist von der Technik her die Abstraktion vorgegeben (ein Screen mit etwa 23000 Punkten), und ich strebe mit meinen bescheidenen Mitteln maximale Realität an. Wenn Kunst Idee und Technik verbindet, dann sind meine Bilder zumindest eine bescheidene künstlerische Äußerung.
|