ANERKENNUNG
PainStation
Volker Morawe, Tilman Reiff
Bei der Entwicklung von „PainStation“ stellte sich die Frage, wie der sinnliche Kontakt, der in normalen Computerspielen sehr eingeschränkt ist, und wie das Prinzip der Geselligkeit, das nur in haptischen Spielen vorhanden ist, integriert werden können. Ziel war es, ein PC-Game zu entwickeln, das, abgesehen von der optisch/akustischen Mensch-Maschine-Schnittstelle, auch Signale freiseitzt, die tatsächlich gefühlt werden können. Außerdem sollte ein menschliches Gegenüber in die PC-Interaktion eingebunden sein: Mensch und Maschine sollten nicht nur verbunden sein, und der Gegener sollte nicht ein rein virtueller Gegner sein. Unser Ziel war es, dass sich menschliche Wesen in einer gegebenen artifiziellen Landschaft zueinander in Beziehung treten. Das gut funktionierende Konzept von „PainStation“ wurde in einer Tischkonsole umgesetzt, an der sich zwei Spieler Auge in Auge gegenüber stehen. Die linke Hand liegt auf einem Sensorfeld, der sogenannten „Pain Execution Unit“ („Schmerzausführungseinheit“, PEU). Auf diese Weise wird ein elektrischer Kontakt geschlossen und das Spiel beginnt. Es endet, sobald einer der Spieler seine Hand wegzieht – dann hat er verloren. Basis des Spiels ist das PC-Spiel „Pong“, ein einfaches Konsolen-Spiel der ersten Generation, das auch als Balken-Tennis“ bekannt wurde, und der Spielverlauf kann auf dem Monitor im Tisch verfolgt werden. Erweitert um Klang und grafische Features bietet „Pong“ den Spielern unmittelbaren Zugang, weil die Spielregeln keiner Erklärung bedürfen: Es geht darum, den ins jeweils eigene Feld eindringenden Ball zu fangen und zurückzuwerfen. Dafür bedient die rechte Hand einen Drehregler, der einen Balken – den Schläger – auf und ab fahren lässt. Im folgenden Spiel versuchen beide Spieler durch möglichst präzise Bewegung des Reglers ihren Schläger-Balken so zu stellen, dass der Ball wie beim Tennis auf die gegnerische Seite zurückgespielt wird. Wenn ein Spieler den Ball verfehlt, so ist dies nicht nur ärgerlich, sondern auch schmerzhaft: Auf beiden Seiten des Felds bewegen sich wahllos sogenannte „Schmerz-Verursacher-Symbole“, die unterschiedliche Schmerzformen darstellen – Hitze, Schläge, Elektroschocks unterschiedlicher Dauer. Wenn der Ball statt des Schlägers eines dieser Symbole trifft, wird die linke Hand des betreffenden Spielers mit dem entsprechenden Schmerzreiz traktiert. Zu diesem Zweck ist die Schmerzausführungseinheit mit zusätzlichen Instrumenten ausgestattet. Im Ergebnis erleiden die Spieler Schmerz, wenn sie den Ball verfehlen, und sie erleben den Schmerz des Gegners mit, wenn dieser ihn verfehlt. Da beide Teilnehmer indirekt mit denselben Waffen ausgestattet sind, ist das Spiel absolut fair und fesselt die Spieler, bis sie – voller Stolz – Wunden davontragen. Die Präsentation der „PainStation“ in den letzten zwölf Monaten bei unterschiedlichsten Gelegenheiten (Spielkonferenzen, Festivals der Kunsthochschule Köln) zeigt, dass dieses neue Spielkonzept auf große Zustimmung stößt. Außerdem gibt es normalerweise zahlreiche Zuseher, die die Spieler anfeuern und enthusiastisch den Verlauf des Spiels verfolgen.
|