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Prix2005
Prix 1987 - 2007

 
 
Veranstalter:
Ars Electronica Linz & ORF Oberösterreich
 


GOLDENE NICA
Fallen Art
Tomek Baginski


Auf einer alten vergessenen Militärbasis im Pazifik wurden Soldaten, die auf Grund der Kriegsereignisse den Verstand verloren haben, zur Erfüllung einer allerletzten Aufgabe versammelt. Fernab jeder Zivilisation pflegt dort Sergeant Al seine Liebe zu den tapferen Soldaten, Dr. Friedrich widmet sich der Fotografie, und der geistig verwirrte General a schafft seine Kunstwerke. Aber General A verwendet weder Papier noch Leinwand, sondern versucht etwas völlig anderes.

Fallen Art ist Tomek Baginskis zweiter animierter Kurzfilm für Kinos und verwendet die gleiche Technik wie sein Vorgänger, unterscheidet sich aber stilistisch grundlegend vom Klima von The Cathedral.

„Ich habe etwas frische Luft gebraucht nach dem Pathos von The Cathedral, das mich sehr viel Zeit und Energie gekostet hat. Diesmal wollte ich einen etwas leichteren Stil versuchen“, sagt Tomek. „Die Idee zu Fallen Art kam mir während der Abschlussarbeiten an The Cathedral. Es sollte eine Geschichte rund ums Militär sein, voller schwarzem Humor und versteckter Andeutungen. Beim Schreiben des Drehbuches erschien mir das Militärthema noch recht unschuldig, wie eine lockere Satire mit ein wenig Potenzial für Kontroversen … Jetzt aber wird der Film wohl eher viel ernster aufgenommen werden. Ich habe eine spezielle Technik gewählt, bei der Monate zwischen den ersten Brainstorming-Sitzungen und dem großen Finale vergehen“, fügt Tomek hinzu. Produktion und Herstellung von Kurzfilmen fürs Kino sind nur ein sekundäres Ziel bei Platige Image, wo vorwiegend für die Werbebranche gearbeitet wird. „Ich bin sehr glücklich darüber, dass Leute wie Tomek ihre Ideen bei Platige Image zum Leben erwecken wollen. Wir unterstützen sie und helfen ihnen dabei, weil die Produktion solcher Projekte eine Möglichkeit ist, unser Studio nicht nur in Polen, sondern auch international bekannt zu machen“, sagt Jarek Sawko.

Anders als The Cathedral ist Fallen Art nicht das Werk eines Einzelnen, sondern Ergebnis der gemeinsamen Anstrengungen etlicher Künstler, von denen die meisten bei Platige Image angestellt sind.

Tomek: „Von Anfang an wusste ich, dass ich vom Einzelkämpferdasein wegkommen wollte. Ich wollte herausfinden, ob ich mich nicht nur als erfahrener Grafikkünstler und Animator, sondern vor allem auch als Regisseur bewähren könnte. Eine Anzahl höchst talentierter junger Künstler hat von Anfang an an diesem Film gearbeitet.“ „Wir wollten unbedingt ein Praktikumsprogramm entwickeln, das talentierten Künstlern erlaubt, wertvolle Erfahrung dadurch zu gewinnen, dass sie in die reguläre Produktionsarbeit unseres Studios eingebunden werden”, sagt Marcin Kobylecki.

Auf diese Weise kam auch Rafal Wojtunik zu Platige Image, der die grafische Gestaltung für den Film entworfen hat. „Ich bin auf Rafal gestoßen, als ich mich in Internet-Foren umgesehen habe, die sich mich Computergrafik beschäftigen. Seine Arbeiten beweisen, dass er mit Farbe und Stift umgehen kann und ein sehr begabter und talentierter Künstler ist. Wegen seines außergewöhnlichen Talents habe ich Rafal eingeladen, an diesem Film mitzuarbeiten. Zunächst mussten wir die Figur des Doktors schaffen. Rafals Skizzen haben mir so gut gefallen, dass ich ihn gebeten habe, das grafische Konzept für den ganzen Film zu entwickeln“, sagt Tomek. Rafal Wojtunik: „Die Ideen entstanden beim Lesen des Storyboards und der Handlung. Tomek hatte anfänglich angenommen, die Gestalten würden ziemlich realistisch werden, aber als er sie dann sah, fand er sie perfekt zum Gesamtklima des Films passend. Ich wollte die Figuren etwas seltsam aussehen lassen, um zu zeigen, wie verquer sie sind; andererseits sollten sie mit keiner bestimmten Armee in Verbindung gebracht werden können.”

Schwerpunkt beim Einsatz der im Film verwendeteten Technik war die Verbindung der modernen Sprache der Computeranimation mit der der klassischen Handzeichnung, sodass der Film das Gefühl eines wirklichen Gemäldes vermittelt. Fast jeder Hintergrund, aber auch die Figuren sind handgemalt. Japanische Animes wurden ebenso nachempfunden wie die Bewegung von Amateurkameras, um den Eindruck einer händischen Kameraführung statt der vorhersehbaren Glätte computergesteuerter Kamerafahrten zu vermitteln. Auch die Animation der Figuren war eine große Herausforderung. Grzegorz Jonkajtys, einer der Chefanimatoren, verwendete eine spezielle Software, um die digitalen Gestalten in einer dreidimensionalen Umgebung zum Leben zu erwecken. Um solche „digitale Marionetten“ zu gestalten, wird innerhalb der dreidimensionalen Figur zuerst ein virtuelles Skelett geschaffen, zu dem anschließend spezielle Controller programmiert werden, die vom Animator zur Bewegung der Figur eingesetzt werden. Später erstellt der Animator bestimmte Posen in Schlüsselkadern, die die Hauptphasen der Bewegung darstellen.

„Meine größte Herausforderung bestand darin, den furiosen Tanz des Generals zu animieren. Angesichts seiner Physiologie und seiner doch beachtlichen Größe war es sehr schwierig, ihn einen so dynamischen Tanz aufführen zu lassen“, sagt Grzegorz Jonkajtys.

Von Anfang an wurde der Film in sechs Sequenzen oder „Akte“ unterteilt, die ihrerseits aus je 75 Einstellungen bestehen. Jeder Einstellung wurde ein Katalog und eine Nummer zugeordnet. Das ergab eine enorme Menge von Daten, aber eine ausgeklügelte Namenskonvention vereinfachte die Arbeit vor allem gegen Ende der Produktion, als noch kleinere Korrekturen erforderlich waren. Der Film selbst ist etwa 300 Gigabyte groß, und das Rendering dauerte rund sechs Wochen. Insgesamt sind von den ersten Drehbuchskizzen bis zum fertigen Produkt eineinhalb Jahre vergangen, die Produktion selbst hat gut acht Monate in Anspruch genommen.

„Ich habe versucht, den Computer nur dort einzusetzen, wo er den Prozess beschleunigt und die Qualität verbessert. Die meiste Zeit habe ich mich bemüht, meinen Mitarbeitern am Film auch jede künstlerische Freiheit zu lassen”, sagt Tomek abschließend.