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Prix1997
Prix 1987 - 2007

 
 
Veranstalter:
ORF Oberösterreich
 


GOLDENE NICA
Dragonheart
Industrial Light & Magic (ILM), Scott Squires


Die prämierten Szenen von Scott Sqires (ILM) stammen aus dem abendfüllenden Film "Dragonheart", in dem ein computergenerierter Drache mit einem menschlichen Hauptdarsteller interagiert. Der Drache bewegt sich realistisch und seine Schuppen, Oberflächenstrukturen, Farben etc. sind überzeugend herausgearbeitet.

Als ich im Mai 1994 als Supervisor der Special Effects für "Dragonheart" zur Truppe stieß, waren Regisseur Rob Cohen und das Produktionsteam von ILM schon fleißig dabei, Storyboards zu entwickeln, und auch ein Drachenmodell von Phil Tippet war bereits fertig. Unsere Aufgabe bestand darin, den Hauptdarsteller in der Form des mythischen Drachen "Draco" zu erzeugen. Dies bedeutete nichts anderes, als einen der komplexesten computergenerierten Charaktere ins Leben zu rufen, der je in einem Film zu sehen war. Uns war bewußt, daß das Publikum dieses Vieh nicht so einfach akzeptieren würde ­ die bewußte Überwindung seines Unglaubens, seiner Skepsis würde ein entscheidender Faktor sein.

Wir standen vor der Aufgabe, lange szenische Dialoge zwischen dem Drachen und echten Schauspielern zu erzeugen, und zwar im vollen Tageslicht, so daß die Zuseher die Möglichkeit hatten, die Computeranimation mit der Wirklichkeit zu vergleichen. Draco sollte bei Sonnenschein zu sehen sein, bei Nacht, im Feuerschein, er sollte durchs Gras gehen, fliegen, ins aufspritzende Wasser stürzen, tauchen, im Regen gehen können, einen Schauspieler im Maul tragen und natürlich auch Feuer spucken. Und was am wichtigsten war: Er mußte auch schauspielen können, um dem Publikum die Möglichkeit zu geben, eine emotionale Beziehung zu ihm zu entwickeln.

Die über 70köpfige "Dragonheart"-Crew produzierte insgesamt 182 Drachen-Einstellungen ­ 23 Minuten Filmzeit ­ und 30 Einstellungen ohne Drachen. Als Post-Production-Zeitraum war ein Jahr vorgesehen. James Straus leitete unser Animationsteam. Die Menge und Komplexität der erforderlichen Gesichtsanimation zwang uns dazu, eine eigene Software zu schreiben, die hausintern "Caricature" genannt wird und von Cary Philips stammt. Mit ihrer Hilfe konnten die Animatoren interaktiv arbeiten, wenn sie die subtile Mimik und die Probleme der Lippensynchronität behandelten. Dazu hatte sich auch noch die Zunge korrekt zu bewegen, denn nur so konnte eine glaubwürdige Aussprache erreicht werden. Die Animatoren studierten Videobänder von Sean Connery (der Draco seine Stimme leiht) und arbeiteten gemeinsam mit Rob Cohen daran, den Drachen "schauspielen" zu lassen.

Eine enorme Menge an Detailarbeit mußte auch deswegen in das Computermodell Dracos gesteckt werden, weil er auch in Nahaufnahme zu sehen sein sollte, leinwandfüllend, im vollen Tageslicht. Er brauchte nicht nur detaillierte Körper-, sondern auch Gesichtsmuskeln, was zu einem vielfach komplexeren Modell im Vergleich zu jenen der Saurier in "Jurassic Park" führte. Zusätzlich zur Hautstruktur benötigte er Hornhautstellen, Hörner und Spitzen, Zähne, einfache und Goldschuppen. Und jede einzelne dieser Flächen mußte unterschiedlich bemalt, mit Haut versehen und von der Rendering-Software verarbeitet werden.Die Augen des Drachen haben eine Iris (die auf Lichtveränderungen reagiert), Adern und sind feucht. Seine Klauen mußten ebenso exakt gearbeitet werden wie für einen echten Schauspieler. Seine Schwingen sollten nicht nur transparent sein (mit einer Texture-Map, die auch Adern und andere Details zeigt), sondern in bestimmten Lichtverhältnissen irisieren, sie mußten ein- und ausgefaltet werden können und Draco erlauben, zu fliegen. Und all diese subtilen Details der Animation mußten durch alle Einstellungen hinweg fortgeführt werden, um ihn lebendig zu erhalten. Dies bedeutete, nicht nur z. B. die Nüstern zu schaffen und zu animieren, sondern auch die Atembewegung seines Brustkorbs. Wir haben letztlich auch zusätzliche Details eingearbeitet, wie etwa Speichel, wenn er sein Maul weit aufreißt. Und in seinen Augen spiegelt sich die Szenerie um ihn, das Lagerfeuer ebenso wie Dennis Quaid als "Bowen".

Die Dreharbeiten für "Dragonheart" fanden in der Slowakei statt und dauerten fünf Monate. Bis auf zwei Wochen wurde im Freien gedreht, bei unterschiedlichen Wetter- und Geländebedingungen. Obwohl die meisten Einstellungen Kamerafahrten und Schwenks enthalten, wurde auf Motion Control verzichtet. Um Regisseur wie Kameramann maximale Bewegungsfreiheit zu lassen (und um Zeit zu sparen), wurden alle Einstellungen später auf dem Computer angeglichen.

Für dieses Projekt haben wir ein elektronisches Transit-System eingesetzt, das exakte 3D-Messungen erlaubt. Dies war insofern kritisch, als wir einen sich langsam bewegenden oder sitzenden Drachen mit einer langsamen Kamerabewegung koordinieren mußten. Der geringste Fehler in der Ausrichtung würde da sofort ins Auge stechen, viel mehr als Fehler beim Ersetzen eines Himmels oder bei schnellen Kamerafahrten, die wir auch gemacht haben. Die Information vor Ort wurde auf einem PowerBook aufgezeichnet und später für das Matchmoving in das Animationssystem eingespielt. Dies hat die für das Post-Matchmoving erforderliche Zeit enorm reduziert. Jede Aufnahme war anders, weshalb wir eine 18-Zoll-Drachen-Figurine vor die Kamera montiert haben, um Regisseur und Schauspielern als Ergänzung zu den Storyboards ein Faksimile der fertigen Einstellung zu bieten. Mehrere Zielmarker wurden aufgestellt, damit Dennis und die anderen Schauspieler eine korrekte Augenhöhe einhalten konnten, je nachdem, ob Draco sitzt, steht oder sich bewegt. Markierungspunkte wurden über die Szene verteilt, um das spätere Matchmoving zu ermöglichen. Alle Szenen, in den sich Schauspieler vor dem Drachen befanden, wurden rotoskopiert, Bluescreen-Verfahren wurden nicht eingesetzt.