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Prix1998
Prix 1987 - 2007

 
 
Veranstalter:
ORF Oberösterreich
 


GOLDENE NICA
The Sitter
Liang-Yuan Wang


"The Sitter" von Liang-Yuan Wang ist eine 3D-animierte Geschichte, die auf ironische Weise von der Beziehung des Menschen zur Technologie handelt.

"The Sitter" ist eine 3D-animierte Geschichte, die auf ironische Weise von der Beziehung des Menschen zur Technologie handelt. Der Babysitter - ein Monitor-ähnliches Gerät - soll sich um das Baby kümmern, wenn niemand zuhause ist.

Der Schluß der Geschichte enthüllt ein faszinierendes Rätsel: Wenn die Technologie gleichzeitig unser Sklave und unser Herr ist, wie wird dann unsere Welt aussehen? Sind wir überhaupt berechtigt, sie zu manipulieren, oder wird sie uns manipulieren?

"The Sitter" spricht zwei Themen an: Die Beziehung zwischen Mensch und Technologie sowie die lebhafte Bildwelt, die diese Beziehung reflektiert und erforscht. Ich war schon immer von der Neugier und dem Wunsch der Menschen fasziniert, unser Bewußtsein zu erweitern. Die Unersättlichkeit des Menschen gibt niemals nach, und der Wunsch nach Transzendenz bleibt immer lebendig. Die uns von der Natur auferlegten Beschränkungen treiben uns dazu, eine Technologie zu entwickeln und zu erforschen, die einst nur wissenschaftliche Phantasie war, inzwischen aber Realität geworden ist.

Auf solchen Überlegungen baut "The Sitter" auf - unser Zeitalter wird als von der Technologie beherrscht dargestellt, der Sitter wird zu einem Symbol unserer Lebensweise. Die Eltern übergeben ihre Sorgepflichten einem Instrument, wie es in der Zukunft existieren könnte: Der Babysitter, ein monitorartiges Betreuungssystem, steht im Mittelpunkt der Geschichte.

Dieser Sitter ist eine Karikatur unser selbst, eine Parodie seines eigenen Seins, ein "Monitor" eben. Er ist ein Abbild für uns, und bildet gleichzeitig uns ab. Ich habe im Verhalten des Sitters eher den vermenschlichten und weniger den unheimlichen Aspekt dargestellt.

Der sich nähernde Schnuller - Instrument zur Beruhigung - signalisiert die Annäherung einer vergänglichen Befriedigung. Und er ist auch eine Art Nabelschnur zwischen uns und unserer Erfindung. Das Baby - die Menschheit also - würde ohne den Sitter verloren sein. Und umgekehrt wäre auch der Sitter irrelevant, wenn er nicht das Baby hätte, um das er sich kümmern muß.

Technologie ist etwas, mit dem wir entweder leben können oder dessen Opfer wir werden. Ein zweischneidiges Schwert, eine Haßliebe.

"The Sitter" ist ein Experiment meiner eigenen Wahrnehmung und umfaßt auch viele Widersprüche. Die futuristische Geschichte entwickelt sich in einem gewöhnlichen Gebäude, der leere Raum wird von komplex aufgebauten Konstruktionen eingenommen.

Die visuelle Konfiguration des Sitters basiert auf der Verwandlung eines flachen Bildschirms in eine kompliziertere, dynamischere Form. Die Komplexität des Babysitters wird aber andererseits durch seine einfache Würfelform verschleiert.

Nachdem er sich als solcher zu erkennen gegeben hat, werden seine erstaunlichen Geräte erkennbar. Ein Spielzeugclown ist die einzige organische Form innerhalb des Gerätes, aber seine Zufallsgesten mit dem Schnuller, seine beiden unterhaltsamen Bilder lassen diese synthetische Kombination noch eher menschlich erscheinen als das "virtuelle Baby" unter seiner Eisenblech-Bettdecke.

Um den Kontrast zwischen Mensch und Maschine zu unterstreichen gibt es zwei Beleuchtungsgruppen. Die eine wirft weiches, gelb-oranges Licht auf den kleinen Bereich nahe dem Fenster neben dem Bett. Die Schatten und andere Bereiche hingegen werden mit Komplementärfarben dargestellt.

"The Sitter" ist eine Phantasie, die die Befreiung meiner Vorstellung über die Zukunft ausdrückt. Die Technologie scheint uns mehr Macht zur Veränderung zu geben oder zumindest die Illusion der Veränderung zu bieten. Sie schafft ein neues Set von Lösungen ebenso wie von Problemen.

Ironischerweise ist das Ende von "The Sitter" nicht positiv. Und wenn ich auch hochentwickelte Technologie für die Realisierung dieses Films eingesetzt habe, so wollte ich doch zeigen, daß die Technologie auch einen Verfall des Menschlichen mit sich bringen kann.

Über die Datenautobahn des Internet habe ich Zugang zu zahlreichen Datenbanken und Benutzergruppen auf der ganzen Welt gefunden, die mir geholfen haben - ohne sie wäre es unmöglich gewesen, diese meine Mission in so kurzer Zeit zu realisieren.

Die von uns entwickelte CG-Technologie verzweigt sich in andere Bereiche der Kunst. Ich versuche die Technologie einzusetzen, um meine künstlerischen Fähigkeiten zu verbessern, und nicht, um mich von ihr einschränken zu lassen oder ihr Sklave zu werden.

Ich möchte auch zukünftig meinen Horizont erweitern, meine synthetische Schönheit in der binären Welt verfolgen und Erfüllung als digitaler Künstler finden.