GOLDENE NICA
RD Texture Buttons
Michael Kass, Andrew Witkin
Die Computergraphik "RD Texture Button" von Andrew Witkin und Michael Kass kann als Meilenstein einer Technik-Ästhetik gewertet werden. Eine wissenschaftliche Fragestellung wurde mit technischen Mitteln visualisiert; dabei entstanden so schöne Strukturen, daß sie collage-artig zu einem Bild zusammengefügt wurden.
"RD Texture Buttons" ist eine Collage aus Mustern, die entstanden, indem Computer zur Simulation eines Reaktion- Diffusion-Prozesses eingesetzt wurden. Bei diesem Prozeß kämpfen verschiedene chemische oder biologische Substanzen nach einfachen lokalen Regeln um die Vorherrschaft. Diese Regeln steuern die Bildung und die Zersetzung einer jeden Chemikalie sowie die Art ihrer Verbreitung. Dieser streng lokale Prozeß kann ein überraschend reichhaltiges Set von globalen Mustern nach sich ziehen.
1952 behauptete Allan Turing, die Reaktion-Diffusion sei jener Mechanismus, der für die Ausformung biologischer Strukturen in der Entwicklung von Embryos verantwortlich sei.
Seit damals wurden spezifische Reaktion-Diffusion-Modelle als Erklärung für die Ausformung der Streifenmuster bei Zebras, die Färbung von Muscheln, die Zeichnung von Schmetterlingsflügeln und sogar für die Gehirnorganisation aufgestellt.Unsere eigene Untersuchung an Reaktion-Diffusion-Mustern entwickelte sich aus der Untersuchung von Fingerabdrücken. Als Testfall für unser Modell nahmen wir das Bild eines echten Fingerabdrucks, schnitten ein Rechteck heraus und ließen das fehlende Stück durch Reaktion-Diffusion "nachwachsen". Zwar unterscheidet sich das nachgewachsene Stück in den feinen Details vom Original, aber der Gesamteindruck ist ziemlich genau derselbe. Außer der Imitation von Mustern, die in der Natur vorkommen, kann das Reaktion-Diffusion-Programm auch Muster generieren, die völlig neu und ungewohnt sind, aber dennoch so beeindruckend organisch aussehen, als wären sie eine Kopie der Natur. "RD Texture Buttons" beschäftigt sich mit diesen Möglichkeiten. Wir haben die Muster erzeugt, indem wir zwar denselben Grundmechanismus eingesetzt, aber die Anzahl der simulierten Chemikalien, die lokalen Interaktionsregeln und die Darstellungsweise der chemischen Konzentrationen variiert haben.
Eine der wichtigsten lokalen Interaktionsregeln steuert die Geschwindigkeit, mit der sich die Chemikalien ausbreiten. Durch Variation von Geschwindigkeit, Richtung und Angriffspunkt haben wir Streifen ebenso wie konzentrische und radiale Strukturen erzeugt. Ausgefeiltere verwobene Muster entstanden durch die Erhöhung der Anzahl interagierender Chemikalien. Für die Darstellung des endgültigen Bildes verwendeten wir unsere eigene Software auf SGI 4D Workstations zur Simulation des Reaktion-Diffusion-Systems. Das unmittelbare Ergebnis dieser Simulation war ein Set von numerischen Zahlenfolgen, die die endgültige chemische Konzentration darstellen.
Technischer Hintergrund
HW: SG 4D / 210
SW: In-House, Renderman
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