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Prix1994
Prix 1987 - 2007

 
 
Veranstalter:
ORF Oberösterreich
 


GOLDENE NICA
Jellylife / Jellycycle / Jelly Locomotion
Michael Joaquin Grey


"Jellylife" von Michael Joaquin Grey ist ein Szenenbild aus einer 3D-Animation, die die Entwicklung genetischer Algorithmen zeigt.

Ich habe drei eng verwandte Arbeiten eingereicht: "Jellylife", "Jellycycle" und "Jelly Locomotion": Das sind 3D-Animationen von der Entwicklung neuraler Netzwerke und genetischer Algorithmen. Gerechnet wurden sie auf einem Stardent Supercomputer. Designt wurden sowohl die genetischen Algorithmen als auch die neuralen Netze von uns selber; die Visualisierung beruhte auf einer wissenschaftlichen Visualisierungssoftware, die von Stardent entworfen worden war. Die Standbilder wurden auf einem Tectronic-Drucker ausgedruckt.

Das Verhalten der Information wird hier als Animationstandbilder, Kohlenstoff-Täfelchen und lithographische Modelle in 3D dargestellt. Die 3D-Modelle haben durch ein von Quadrax entwickeltes Verfahren Gestalt angenommen, bei dem man Dateien mittels eines UV-Lasers in flüssiges, lichtempfindliches Harz druckt.

"Jellycycle" z. B. hat mehr als eine Viertelmillion Entwicklungsstufen hinter sich, genug, um "à la cinema verité" in voller Länge gezeigt zu werden. Wir aber haben uns dazu entschlossen, 56 Standbilder von Entwicklungsstadien zu zeigen (so daß man mit einem Blick die Gesamtentwicklung des Zyklus überschauen kann). DieseStücke sind also sowohl Computergraphik als auch Computeranimation.

Die Bilder zeigen 3D-Formen, selbstorganisierende Systeme, die entscheidende morphologische Veränderungen im Wachstum der Netzwerke repräsentieren. Das Netzwerk wird als einfache Ausgangsform aufgezeichnet, und sein Wachstum hängt ab von der Veränderung seiner Umgebung (Zufallszahlengenerator). Der Supercomputer unterstützt unseren Zufallszahlengenerator, der das neurale Netzwerk speist (unser Zahlengenerator stützt sich zum Teil auf die Computeruhr, könnte jedoch genauso gut irgendein Datengenerator sein. Die Zufälligkeit ist nur deswegen nötig, weil versucht wird, ein Kontrollmodell zur Beobachtung von Veränderungen in Form und Verhalten herzustellen). Die jeweils unverwechselbare Entwicklung der Netzwerke wird durch Veränderungen im Zufallszahlengenerator, im Design des Netzwerks und der Algorithmen erreicht. Die neuralen Netzwerke und genetischen Algorithmen sind einzigartigerweise fähig etwas zu bewältigen, zu lernen und in dieser kernigen Umgebung zu leben.

Wir haben bestenfalls versucht, frühe Beobachter und Beschreiber des Verhaltens von Information in einer Größenordnung zu sein, die erst beginnt, erforscht zu werden. Als frühe Beschreiber und Beobachter neuen Verhaltens und neuer Formen haben wir (im Gegensatz zu den unvermeidlichen Interpreten und Ausbeutern) die historischen Modelle eines Leeuwenhoek, eines Audubon oder Kepler herangezogen und, in unserer Befangenheit, auch unsere eigenen Neigungen und Geschichten bei der Entdeckung "künstlichen Lebens" berücksichtigt.

Die drei ausgewählten Stücke stellendrei spezifische Verhaltensweisen dar. "Jellycycle" ist ein dreidimensionales neurales Netzwerk, entstanden aus knapp 254.000 Iterationen. Es entwickelt sich aus einer einfachen Kugel zu einer hochdifferenzierten, selbstorganisierenden Form. Die Ontogenese der Information ahmt in vielerlei Beziehung frühe Entwicklungsstufen wirbelloser Meeresbewohner nach.

"Jellylife" ist ein 3D-Modell mit hoch komplexer innerer Anatomie; es unterteilt sich in vier Entwicklungsstufen und benötigt mehr als ein Gigabit Speicher für ein einziges 3D-Bild oder plastisches Modell. 3 x 16 Syntax (als Palindrom angelegt) und Carbone Codex 16 x 16 sind jeweils genetische Algorithmen und neurale Netzwerke. 3 x 16 Syntax (Palindrom) ist ein Auszug aus Carbon Codex, nämlich drei der 16 Zellen, die am 6. Juni 1992 (zwischen 12.06 und 12.32) erstellt wurden. jede Iteration entspricht dabei einem Buchstaben einer 16 Zeichen langen Befehlszeile, die 16 Mal wiederholt wird. Mit jedem Durchlauf entwickelt sich das Zeichen und wird wesentlich "gotischer" in seiner Struktur, variiert immer mehr, und der Hauptstrang des Zeichens verzweigt sich zunehmend. Die 16 Zeichen scheinen ständig als das Palindrom gegenwärtig zu sein, mit acht Vorwärts- und achtRückwärtsschritten, als dreidimensionale Isomere oder 3D-Spiegelbilder. Ein Palindrom stellt eine formale, syntaktische Strategie dar, die von tatsächlichem genetischem Material verwendet wird, um bei der Decodierung seine Tertiärstruktur zu erhalten und Übersetzungsfehler zu verringern.

"Jelly Locomotion" ("Cancerhead") ist ein vollständig entwickeltes neurales Netzwerk, das aufgrund einer leichten Neigung zur nicht ganz so starken Zufälligkeit im Zufallsgenerator herumwandert. Das selbstorganisierende dreidimensionale Modell, das einer Qualle sehr stark ähnelt, wird von dreivorteilhaften Standpunkten aus abgebildet: von oben, als Vorderansicht und von unten. Die Darstellung seiner Fortbewegung wurde visualisiert, um die klassische Muybridge'sche Verhaltens- und Bewegungsdarstellung nachzuahmen.

Technischer Hintergrund
HW: Stardent Supercomputer
SW: Artist's Proprietary (Genetic Algorithms)