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voice: Auszeichnung / Digital Musics
Ausschließlich mit ihrer Stimme operiert die norwegische Experimentalkünstlerin Maja Ratkje. voice heißt dementsprechend auch ihr erstes Soloalbum. Improvisierte und komponierte Teile verschmelzen hierin zu einer für den Zuhörer verwirrenden Einheit.

Die experimentelle Sängerin Maja Ratkje hat ihr erstes Soloalbum nur wenige Monate nach der zweiten CD ihrer Hauptgruppe Spunk herausgebracht. Das Album ist eine Koproduktion von Ratkje mit John Gegre und Lasse Marhaug von Jazzkammer, auch wenn der Begriff "Koproduktion" etwas vage ist und die Zusammenarbeit durchaus etwas tiefer gehen könnte. Die elf Stücke verwenden ausschließlich Ratkjes Stimme als Klangquelle, aber sie decken ein breites Spektrum von Texturen und Dynamik ab, von einem in Echos ertrinkenden A-Capella-Gesang (am Anfang von Vacuum) bis hin zu quälenden Klangattacken (Insomnia) und etlichen auf Sampling und Dateibearbeitung basierenden Konstruktionen dazwischen. Raktje treibt Schabernack mit dem Geist der Zuhörer, wenn sie mit scharfen Kontrasten zwischen Leise/ Laut, Weich / Brüchig und Verführerisch / Peinigend spielt. Sie weiß, dass sie eine schöne, flexible Stimme hat, die bezaubernd und rätselhaft sein kann, und sie täuscht damit den Hörer ganz bewusst.

Trio beginnt sanft mit überlagerten, brummenden Texturen und einem aus der Stimme hergeleiteten Beat, um dann in ein wildes verzerrtes Kreischen auszubrechen. Vacuum ist das Opus Magnum der Scheibe, eine fesselnde zwölfminütige Komposition, die den Hörer in ihren Bann zieht und mit ihrer Stimme vertraut macht. Dictaphone Jam macht das Beste aus der beschränkten Klangqualität des Aufnahmegeräts. Das abschließende Insomnia ist wohl das seltsamste Stück: Nach einem Ausbruch von Multi-Track-Schreien, unterbrochen von Gelächter, hängt das Stück noch drei Nachspiele an, jedes ruhiger als das vorhergehende, fast wie kurze Träume.

Scharfkantiger als die meisten Leute es erwartet hätten und Jazzkammer näher als Spunk, versteckt Voice Ratkjes beeindruckende vokale Meisterschaft unter einer Mauer aus Elektronik. Sobald der anfängliche Schock verflogen ist, muss man allerdings zugeben, dass es eine gute Idee war. Empfehlenswert, aber nichts für furchtsame Gemüter.

(François Couture), All Music Guide


16.8.2003
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