Gängige musikalische Methoden verschließen ein breites Spektrum an Klängen, halten diese außerhalb künstlerischer Erfahrung. Douglas Kahn gibt einen kurzen Abriß über die Entwicklung der "Klangkunst" in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und fordert eine verstärkte Auseinandersetzung mit "künstlerischem Klangmachen" - eine Neuentdeckung des Klangs für die Kunst.
In letzter Zeit ist eine intensivierte künstlerische Auseinandersetzung mit Klang festzustellen. Man kann dies auf eine Reihe von Faktoren zurückführen, unter anderem darauf, daß jene Künstler, die Neues entdecken wollen, erkannten, daß bei den hergebrachten Kunstformen die Zeiten wesentlicher Neuentdeckungen erschöpft sind, während auf dem Gebiet der Kunst des Klanges eine solche Periode vor uns liegt. Während die anderen wieder einmal von einem Finale sprechen, geht hier die Saison erst los.
Dieses Phänomen, daß man innerhalb der Tradition der Avantgarde ein Gebiet künstlerischer Möglichkeiten wahrgenommen hat, scheint dem so oft durchgespielten historischen Szenario zu widersprechen, welches behauptet, daß die Avantgarde des ersten Drittels unseres Jahrhunderts die künstlerischen Schlüsselideen und Strategien für alles später Folgende prägte; alle Aktivitäten nach dem zweiten Weltkrieg werden als Varianten historischer Wiederholung eingestuft. In sehr vielen Fällen wirkt dieses Szenario überzeugend und das gilt nicht nur für die Kunst. Der Postmodernismus selbst ist unter anderem als ein Eindringen der Avantgarde in die Massenkultur beschrieben worden; ja, die frühe Avantgarde kann sogar Derridas Definition von Collage für sich beanspruchen. Im Fall von Klang jedoch kann dieses Szenario nicht überzeugen, einfach deshalb, weil die Klangkunst in der frühen Avantgarde im Grundsätzlichen keine Entwicklung aufweist - eine verkümmerte Vergangenheit verursacht durch eine Reihe von Behinderungen, sowohl institutioneller wie diskursiver Natur, die teils von außen, teils selbst auferlegt waren. Wenn wir uns nun für Versuche einen neuen Weg einzuschlagen oder zumindest überzeugende Einwände vorzubringen interessieren, so müssen wir uns dem Problem stellen, daß die Ursachen der Behinderung noch immer wirksam sind, und daß sich ihnen sogar noch weitere hinzugesellt haben. Annahmen, die tief in das Allgemeinbewußtsein eingraviert sind, müssen hinterfragt werden, und Schritte für ein fruchtbares Projekt auf neuem Boden müssen gesetzt werden.