David Sasaki – ORIGIN https://ars.electronica.art/origin/de ORIGIN - ARS ELECTRONICA 2011 Mon, 27 Jun 2022 14:49:46 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=4.9.6 The Public Square, Squared – Gastpost von David Sasaki (USA) https://ars.electronica.art/origin/de/2011/08/10/english-the-public-square-squared/ Wed, 10 Aug 2011 11:29:17 +0000 https://ars.electronica.art/origin/?p=1789 Vor zwei Jahren haben Isaac Mao und ich das Ars Electronica Symposium „Cloud Intelligence“ kuratiert. Eine der Fragen, die wir zu beantworten versuchten, war: „Führt die Onlineaktivität mit server-basierten Tools zu einer Veränderung des sozialen „offline-Verhaltens“, oder gar zu verstärkter Apathie?“ Zwei Sprecher dieses Panels, Xiao Qiang aus China und Evgeny Morozov aus Weißrussland präsentieren ihre Sicht auf digitale Aktivitäten.

Xiao Qiang bezeichnet Zensur als „eine Form von Gewalt dem menschlichen Geist gegenüber“ und präsentierte Ai Weiwei als ein Beispiel für systemimmanenten, vernetzten, cloud-basierten Widerstand. Ganz egal, wie oft die chinesische Regierung versucht hat, ihn zum Schweigen zu bringen, seine Nachricht taucht immer wieder an anderer Stelle im Netz wieder auf und die Anzahl seiner Sympathisantinnen und Sympathisanten wächst ständig. Evgeny Morozov ist wiederum der Meinung, dass der Großteil des digitalen Aktivismus eigentlich „Slacktivismus“ genannt werden sollte, also Aktivismus für Leute, die ihren Hintern nicht hochbekommen. Anstatt uns an wichtigen und nachhaltigen sozialen Projekten zu beteiligen, sind wir abgelenkt von Twitter-Kampagnen, die uns bitten, unsere Avatarfarbe zu ändern oder von tausenden von Online-Kampagnen, die keine Substanz hinter einem potentiell netten Titel bieten.

In den zwei Jahren die seit diesen Statements ins Land verstrichen sind haben wir genug Beispiele gesehen, die beide Sichtweisen unterstützen. Xiao Qiang can beispielsweise auf Tunesien verweisen, wo die Anti-Zensurbewegung ganz sicher eine tragende Rolle zur erfolgreichen Absetzung von Diktator Zine El Abidine Ben Ali beigetragen hat. Übrigens sind wir sehr stolz darauf, dass wir diese Geschichte direkt von Lina Ben Mhenni hören können, einer der wichtigstens Bloggerinnen, die in die Anti-Zensurkampagne involviert war. Andererseits kann Evgeny Morozov sowohl China als auch Weißrussland als Beispiele anführen, dass die Regierungen mit ihren Zensurtools erfolgreichen waren, die Bevölkerung zu überwachen, als die Aktivisten und ihre „cloud“, die mehr Menschenrechte und mehr Verantwortung von der Regierung fordern.

Am 4. September werden Isaac Mao und ich wieder zur Ars Electronica kommen, mit dabei sind eine All-Star-Ensemble an Aktivistinnen und Aktivisten und Intellektuellen, die sich auf die Suche nach der Beantwortung von zwei schwierigen Fragen machen werden. Die erste Frage lautet: Was für eine Wirkung hatten die Aktivistinnen und Aktivisten in jenen Ländern, in denen es in diesem Jahr große soziale Umwälzungen gegeben hat (Tunesien, Ägypten, Spanien) und worauf konzentrieren sie ihre Energien jetzt? Und die zweite Frage lautet: Wie lange sollte man in Ländern, in denen diese Umwälzungen trotz größter Bemühungen noch nicht stattgefunden haben (China, Singapur, Deutschland) noch warten, und wieso?

Wir hoffen, dass Sie Zeit haben werden, uns während des Festivals auf der Suche nach den Antworten auf diese schwierigen Fragen zu unterstützen, auch wenn Sie nicht vor Ort sein sollten, wird der gesamte Tag live auf dieser Website und auf DORF TV übertragen, außerdem suchen wir aktiv Fragen, die Sie uns per Twitter stellen können und werden sie im Rahmen des Symposiums beantworten.

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public square squared – how social fabric is weaving a new era https://ars.electronica.art/origin/de/2011/08/01/public-square-squared-how-social-fabric-is-weaving-a-new-era/ https://ars.electronica.art/origin/de/2011/08/01/public-square-squared-how-social-fabric-is-weaving-a-new-era/#comments Mon, 01 Aug 2011 15:55:58 +0000 https://ars.electronica.art/origin/?p=322 Die anhaltenden Aufstände im arabischen Raum trugen und tragen weltweit zu einer stark veränderten Wahrnehmung der Rolle sozialer Medien bei. Zehn Jahre nach dem damals verfrühten Hype um eine neue, vernetzte Form demokratischer Partizipation sind wir nun tatsächlich ZeugInnen der Entstehung neuer Formen der gesellschaftlichen Emanzipation und politischen Beteiligung.

Klicken Sie auf eines der Bilder für weitere.

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Erst jetzt, nachdem der Reiz des Neuen verflogen ist, können sie sinnvoll genutzt werden. Nicht nur, dass immer mehr (junge) Menschen diese Technologien nutzen, um virtuell zu den realen Geschehnissen und Schauplätzen zu gelangen, bilden und vernetzen sich immer größere Communities durch die rasend schnelle Weitergabe von Informationen.

Versuchen wir deshalb, diesen virtuellen und realen „square“ neu zu definieren. Diesen Ort, der für alle offen ist, wo sich Beziehungen entwickeln und sich neue Kräfte entfalten können. Wer und was aber sind diese „neuen Kräfte“ eigentlich?

Kuratoren: David Sasaki (US), Isaac Mao (CN)

Schedule

After the Revolution

10:30 David Sasaki (US)
10:50 Lina Ben Mhenni (TN)
11:10 Zeynep Tufekci (TR)
11:30 Leila Nachawati (ES)
11:40 Diskussion
12:30 Pause/break

Prix Forum – Digital Communities

14:00 Felipe Heusser (CL), Alexandra Jönsson (UK), Tim Causer (UK), Cliff Hammet (USA)
Moderation: Beatrice Achaleke (AT)

Before the Revolution

14:50 Hu Yong (CN)
15:10 Tan Siok Siok (SG)
15:30 Markus Beckedahl (DE)
15:50 Diskussion
16:20 Round Table mit den Vortragenden und Prix-PreisträgerInnen
17:30 Isaac Mao (CN)
18:00 Ende

Speakers

Beatrice Achaleke (AT) ist die Initiatorin des World Diversity Leadership Summit Europe und Gründungsgeschäftsführerin von AFRA, dem International Center for Black Women’s Perspectives. 2007 organisierte sie den ersten Black European Women’s Congress in Wien und kandidierte 2008 als erste Schwarze bei den Nationalratswahlen in Österreich. 2010 gab Beatrice Achaleke den Lagebericht Schwarze Menschen in Österreich heraus.

Markus Beckedahl (DE) ist u. a. Mitgründer der re:publica, Sprecher von Creative Commons Deutschland und Mitglied der deutschen UNESCO-Kommission. Seit 2002 bloggt er auf netzpolitik.org über Politik in der digitalen Gesellschaft.

Tim Causer (UK) ist Vertreter des UCL Bentham Project, wo er als Forscher arbeitet.

Felipe Heusser (CL) ist Jurist und Absolvent der London School of Economics. Er beschäftigt sich mit Fragen der Informationsfreiheit, Transparenz und des Haftungsrechts.

Alexandra Jönsson (UK) und Clifford Hammet (USA)bezeichnen sich als „Technologiepfuscher” und setzten sich aus kritisch-medienwissenschaftlicher Perspektive mit sozial engagierter Medienkunst auseinander.

Isaac Mao (CN) ist Risikokapitalgeber, Blogger, Softwareentwickler, Autor vieler Veröffentlichungen zu Onlinejournalismus und berät verschiedene Web-2.0-Unternehmen.

Lina Ben Mhenni (TN) ist als Dozentin an der Universität Tunis und Autorin u. a. der Streitschrift Vernetzt euch! sowie des auch international viel gelesenen Blogs „A Tunisian Girl“ eine der bekanntesten ProtagonistInnen der tunesischen Revolution.

Leila Nachawati (ES) ist eine spanish-syrische Altivistin. Sie arbeitet im Feld der Social Media und schreibt für Global Voices und Periodismo Humano.

David Sasaki (US) ist unabhängiger Berater, Mitgründer von Rising Voices und war Lateinamerikaredakteur von Global Voices. Sein Arbeitsschwerpunkt ist die Stärkung lateinamerikanischer Zivilgesellschaften mithilfe digitaler Medien und Technologien.

Tan Siok Siok (SG) ist Filmemacherin und Unternehmerin. Sie begründete das auf Sport, Musik und Jugendkultur spezialisierte Onlinevideounternehmen Kinetic Media.

Zeynep Tufekci (TR) untersucht als Soziologieprofessorin an der University of Maryland (US), wie sich Informationstechnologien und Gesellschaften wechselseitig formen. Darüber hinaus beschäftigt sie sich mit Gesellschaftsentwicklung, Überwachung und dem Schutz der Privatsphäre.

Hu Yong (CN) ist Professor an der School of Journalism and Mass Communication der Peking University sowie Autor von “The Internet is King”, des ersten chinesischen Buchs über die Auswirkungen des Internet, sowie zahlreicher Beiträge für Medien wie China Daily und China Central Television.

Public Square Squared und Prix Forum – Digital Communities werden live auf DORF TV übertragen.

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https://ars.electronica.art/origin/de/2011/08/01/public-square-squared-how-social-fabric-is-weaving-a-new-era/feed/ 1
Twitter und Demokratie https://ars.electronica.art/origin/de/2011/06/01/twitter-und-demokratie/ Wed, 01 Jun 2011 09:28:43 +0000 https://ars.electronica.art/origin/?p=578 In den letzten Wochen und Monaten, nun, wenn mans genau nimmt, gar nicht mal die allerletzten, ist ein Medium immer mehr in den Vordergrund gerückt, das zunächst gar nicht als Nachrichtenmedium konzipiert war: Twitter.

Alle, die jene Zeilen lesen, wissen, wie diese Plattform funktioniert. Die Erfinder von diesem Dienst hatten tatsächlich eigentlich nur im Sinn, über banale Dinge zu berichten, typischerweise „Habe gerade einen köstlichen Mocca in Venedig getrunken, furchtbar überteuert!“ oder „Der Reissverschluss meiner Jacke klemmt!“ und dergleichen, dass aus dieser simplen Idee mal etwas werden könnte, das nicht wenige als Werkzeug zur Demokratisierung bezeichnen, nun, das stand wohl nicht mal in den Sternen.

Wieso diese Geschichte trotzdem nicht ganz neu ist? Erinnern wir uns zurück an die Studierendenproteste 2009, die, je nach Blickwinkel, die Unis wochenlang lahmgelegt oder eine breitere Öffentlichkeit auf Probleme aufmerksam gemacht haben, die nicht nur mit Universitäten, sondern viel mehr mit unserer Gesellschaft zu tun haben. Ganz zentral an den damaligen Protesten war, dass sie komplett dezentral durchgeführt wurden, es gab keine Organisationsstruktur, wie es sie üblicherweise bei dieser Art Anlässen gäbe (Studienrichtungsvertretungen, beispielsweise), sondern es wurde basisdemokratisch agiert, Arbeitsgruppen wurden gegründet, Aufgaben verteilt, allerdings ohne einer Gruppe, die einem gesagt hätte: „Mach das!“

Und wer damals dabei war, hat gesehen, dass ziemlich viele Menschen mit Mobiltelefonen unterwegs waren, und zwar nicht telefonierenderweise, sondern lesend und tippend. Nun ist 2009 nicht gerade technische Steinzeit, das Internet hatte bereits Einzug gefunden auf mobilen Geräten, auch wenn man sie damals noch nicht überall Smartphones nannte. Jedenfalls wurde getwittert, was das Zeug hielt, Tipps, wo gerade Veranstaltungen stattfinden, wo gerade Not an Mann und Frau ist, was zu tun ist, was erledigt wurde, etc, etc. Und das alles ohne Filterung, ohne Zensur, man musste nur den richtigen Hashtag kennen.

Zeitsprung, Ortswechsel, 2011, Nordafrika. Zuerst war Tunesien an der Reihe, dann Ägypten, und Lybien ist immer noch mitten drin. Vor allem in Tunesien wird Social-Media-Netzwerken wie Twitter, aber auch natürlich auch Facebook, eine ganz entscheidende Rolle daran beigemessen, dass es überhaupt zu Protesten dieser Größenordnung kommen konnte.

Für Machthabende stellt Twitter in der Tat ein Problem dar. Hat man Zugriff auf die Seite, gibt es keine Möglichkeiten, den Inhalt zu zensieren. Man kann ihn filtern (und ohne Filterung ist Twitter sehr schwer nutzbar), allerdings passiert das immer auf der Seite des oder der Lesenden, man kann niemandem vorgeben, was er oder sie zu sehen hat. Das heißt, wenn man verhindern möchte, dass unangenehme Fotos, Videos, Nachrichten ans Licht kommen, bleibt der jeweiligen Regierung nichts anderes übrig, als den Zugriff zur Gänze zu sperren, was keine leichte Übung ist. Stichwort Fotos und Videos: Der technische Fortschritt hat beinahe jedem Telefon beigebracht, diese aufzuzeichnen und sofort ins Internet zu bringen, ein weiteres Problem für die, die kontrollieren wollen, die zeitliche Distanz zwischen Aufnahme und Veröffentlichung ist eine sehr, sehr kleine. Und ist ein Video, das beispielsweise Staatsgewalt dokumentiert, erst mal im Netz, schlägt es Wellen, sehr große.

Twitter, Facebook und Konsorten als Allheilmittel für Demokratisierungsprozesse zu sehen, ist sicherlich ein wenig naiv. Aber ein Mittel, das helfen kann, ist es allemal. Im Rahmen der Pixelspacesvorträge wird es einige spannende Beiträge zu diesem Themenfeld geben, unter anderem von David Sasaki von Globalvoices, einer Plattform, die weltweit auf BloggerInnen und Nachrichtenkanäle hinweist, die sonst womöglich keine Aufmersamkeit bekommen würden.

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