aqua_forensic

Robertina Šebjanič (SI), Gjino Šutić (HR)

aqua_forensic beleuchtet die unsichtbaren anthropogenen Schadstoffe im Lebensraum Wasser. Das Projekt weist einen starken Bezug zur praktischen Forschung auf, die Kunst, Wissenschaft und einen Citizen-Science-Ansatz kombiniert, um Informationen über Schadstoffe – „unsichtbare Monster“ – zu sammeln und zu verarbeiten. Diese unsichtbaren chemischen Schadstoffe (wie z. B. legale und illegale Drogen u. a. zur Stimmungskontrolle, Antibiotika, Antimykotika, Schmerzmittel, Hormonpillen usw.) sind durch menschlichen Konsum produzierte Rückstände in Unterwasserlebensräumen, die während einer Residency im Sommer 2018 an zwei Orten entdeckt wurden: in der Donau (Linz, AT) und in der Adria (Dubrovnik, HR).

aqua_forensic /Robertina Šebjanič, Gjino Šutić (SI , HR), Credit: Micha Gerersdorfer

Ziel des Projektes ist es, diese unsichtbaren anthropogenen Schadstoffe und deren Wirkungsmuster in den Gewässern sichtbar zu machen. Mit aus Wasser und Meeresboden entnommenen Proben jagen wir ein im Kontext neuer Mythologien auftauchendes „Phantom“. Es ist eine Reise in die mikrobiellen Meere, die den Körper des Wassers rund um die Welt bilden. Menschen haben je nach Kultur unterschiedliche Beziehungen zum Wasser. Mit dessen Verschmutzung verändern wir die Ozeane von innen nach außen – und beeinflussen damit Leben und Verhalten der gesamten kybernetischen Schleife des vernetzten Ökosystems.

Die enorme Komplexität des Ökosystems, das mehr als 70 Prozent des Planeten bedeckt und über 80 Prozent des Luftsauerstoffs produziert, stellt immer noch ein ungelöstes Rätsel dar. Wir eröffnen Diskussionen über *Aquaforming*, gehen der Frage nach dem „menschlichen Fußabdruck im Wasser“ nach und hoffen, Bewusstsein dafür zu schaffen, dass sie genauso dringlich ist wie die Problematik des *Terraforming* im Zeitalter des tiefen Anthropozäns.

aqua_forensic /Robertina Šebjanič, Gjino Šutić (SI , HR), Credit: Robertina Šebjanič, Gjino Šutić

Die anthropogene Präsenz ist heute in jedem Bereich des Lebensraums Wasser zu beobachten. Sie ist das Ergebnis unseres globalen sozio-technologischen Systems und dem damit verbundenen (geo-)politischen, sozialen und wirtschaftlichen Interesses am Wasser – von den flachen Gewässern an den Küstenlinien bis zu den tiefsten Punkten der Ozeane.

aqua_forensic möchte eine Diskussion über die Rolle von Solidarität und Empathie anstoßen, wenn es ums Verstehen von Ozeanen, Meeren und Flüssen geht, und zwar jenseits unserer menschlichen Wahrnehmung. Wir nutzen den Rahmen von Art-Sci-Installationen, Workshops und öffentlichen Diskussionen, um neue Narrative in diesem Dialog zwischen Kunst und Wissenschaft zu entwickeln.

Wir führen Untersuchungen nach den Prinzipien der forensischen Ozeanografie und mit Mitteln der Citizen Science durch und entdecken dabei verborgene Geheimnisse. Diese Kombination von Wissenschaft, Kunst und Feldforschung öffnet neue Türen bei der Entwicklung nachhaltiger Lösungen, bringt diese Probleme den Bürgern näher und zeigt Entwicklungsmöglichkeiten auf. Die Arbeit mit diesem Thema und die Herstellung von Prototypen von Tools für die Wassererforschung bergen zahlreiche Herausforderungen, aber auch ein beträchtliches Potenzial.

aqua_forensic / Robertina Šebjanič (SI), Gjino Šutić (HR), Credit: vog.photo

Die wichtigsten allgegenwärtigen, aber unsichtbaren anthropogenen Schadstoffe sind halbverbrauchte Arzneimittel, die nicht nur uns, sondern auch das Leben in Süß- und Meerwasserlebensräumen rund um den Globus verändern. Der menschliche Körper kann im Durchschnitt nur 20 Prozent der eingenommenen Medikamente verdauen, während die anderen 80 Prozent als Abfall entsorgt werden und so in die Gewässer der Welt gelangen. Dies hat negative Auswirkungen auf das gesamte vernetzte Ökosystem, die sich in einem eskalierenden Loop gegenseitig aufschaukeln. Der Loop ähnelt der Nahrungsmittelkette, die einen unendlichen Kreislauf von Mehrfachwirkungen bildet und zum Beispiel auch die Entwicklungsmuster lebendiger Organismen beeinflusst, von der Mikroebene (Viren, Bakterien und andere Mikroorganismen) bis hin zu den größten Organismen in den Ozeanen.

In diesem Zusammenhang wollen wir vor allem eine Frage stellen: Wie spüren die Ozeane diesen menschlichen Einfluss? Könnten wir durch eine bessere Kommunikation mit den Ozeanen Lösungen finden, wie zum Beispiel die Entwicklung neuer und besserer Medikamente, die keine negativen Nebenwirkungen haben?

Teil dieses Projekts ist die Arbeit:

Aquatocene / subaquatic quest for serenity

by Robertina Šebjanič

Credit:

Unterstützt von:
Ars Electronica im Rahmen des EMAP/EMARE-Projekts, Projekt Atol Institute (SI), UR Institute (HR), Čistoća Dubrovnik, das Kulturministerium der Republik Slowenien und das Kulturministerium der Republik Kroatien.

Kofinanziert durch das Creative Europe Programm der Europäischen Union.
Besonderer Dank geht an: Miha Godec, Martina Brković, Antonia Merčep, Lovro Martinović, Veronika Liebl, Jessica Galirow, Uroš Veber, Annick Bureaud, Team des Naturschutzgebiets Lokrum, Team Eleonore, UR Institute Team.