Während Pixelspaces bei Ars Electronica 2001 allgemein dem Know-how
der Computer-
interaktiven Kunst im Kontext der Gestaltung VR-gestützter Erfahrungsräume
gewidmet war, beleuchtet Pixelspaces 2002 diesen Bereich spezifischer.
Thematisch
fokussiert das Pixelspaces-Symposium 2002 das für die Bereiche Architektur,
Game-
Development und Augmented Reality (AR) methodisch verbindliche Segment
im Spektrum
des Entwurfs/Designs von Environments, wobei dieser Methodik im weitesten
Sinne
Interaktion als Zielvorstellung zu Grunde liegt. Ausgangspunkt der Erörterung
und Extrapolationen
im Hinblick auf eine gemeinsame Praxis sind Möglichkeiten und insbesondere
durch Ausstellungsarchitekturen vertretene Beispiele einer Verschränkung
der drei
Bereiche.
Haben Architektur und Game-Development bislang parallel Verfahren zur
Lösung ihrer
jeweils spezifischen Aufgaben entwickelt, so hat zuletzt das Erkennen
von Parallelen
in den Aufgaben selbst primär des Crowd-Managements, der narrativen
Struktur des
Nutzungs- und Funktionszusammenhanges verstärkt zu interdisziplinären
Ansätzen
geführt.
Vor allem so genannte Erlebnisarchitekturen nehmen Anleihen am narrativen
Aufbau der
Games und teilen mit diesen psychologische Aspekte wie Motivation, Rollendefinition
oder Attraktion. Spiele-Designer nutzen wiederum das Wissen von Architekten,
wenn
es z. B. um die Umsetzung ebenso kreativer wie realistischer Raumkonzepte
geht, die
in der Regel eine gezielte Ausbildung voraussetzen.
Ebenso beschränkt sich das Prinzip der Interaktion bekanntlich nicht
auf den Umgang
mit den neuen Medien. Es kommt, grob gesagt, sowohl in einem
durch Konventionen
und Erfahrungen bestimmten Verhalten gegenüber einer Tür (und
deren technischem
Verhalten als Schwing- oder automatische Schiebetür) oder angesichts
eher
als intim bzw. öffentlich konnotierter Raumdimensionen zum Tragen
als auch im Kontext
eines semantisch überhöhten, in die Virtualität hinein
erweiterten Environments. Ob
im Falle eines Games oder im Falle einer gebauten Realarchitektur, Interaktion
ist daher
stets wenn auch graduell unterschiedlich mit dem Environment
so verstrickt, dass
es seine Ausformung großteils darin begründet. (Eine große
Menge von Nutzern eines
öffentlichen Gebäudes erfordert breite Türen; ein Quest-basierendes
Game erfordert
stark strukturierte, körperhafte Environments etc.)
Der primäre Unterschied ist in der Ergonomie (Erkennbarkeit / Handhabbarkeit)
und
Berechenbarkeit (semantischen Zuverlässigkeit) der gemeinsamen Funktionseinheiten
auszumachen. Eine Tür im Realraum gehorcht in der Regel ihrer begriffseigenen
Funktion
(nämlich zwei Räume miteinander zu verbinden) im Spiel
ist diese Konvention
jedoch nicht verbindlich, lediglich statistisch wahrscheinlich. Beispielsweise
kann in
diesem Fall hinter einer Tür eine irreale Überraschung, etwa
ein Wasserfall, lauern,
während dies im anderen Fall unwahrscheinlich ist.
Über die interdisziplinären Ansätze hinaus, konstituiert
die Verfügbarkeit von interdisziplinären
Technologien wie AR nun ein Naheverhältnis zwischen Architektur und
Game-Design, das in Folge der methodischen Überschneidungen zwar
wechselwirkend,
doch vor allem für die (konservativere) Architektur formale und inhaltliche
Konsequenzen
erwarten lässt. Und wenn es nur die wäre, Architektur in Hinkunft
mehr topologisch
und relativistisch zu denken.
Denn die Implementierung von AR-Applikationen in den realen Raum vermag
nicht
nur dessen Funktions- (und Interaktions-)zusammenhang zu erweitern (ihn
einsichtiger /
transparenter werden zu lassen), sondern auch den Unterschied zwischen
VRArchitektur
und gebauter Architektur, wenn schon (beim heutigen Stand der Technik)
nicht aufzulösen, so doch fließender zu gestalten. Während
etwa in einem öffentlichen
Gebäude eine reale unverschlossene Tür lediglich auf einen öffentlich-relevanten
Raum
schließen lässt, könnte seine Funktion, etwa die eines
Warteraumes, vermittels AR
auch im Hinblick auf seinen Aktualitätsgrad durch die Information
über die Anzahl
der Wartenden erfahren werden.
Während Level- oder Map-Designer wie Architekten (virtuelle) interaktive
Räume generieren,
implementiert Mixed Reality (neue) Spielregeln in die reale Umgebung.
Das
Verkehrsnetz einer Stadt kann so zum Pacman-Level werden.
Unter diesem Gesichtspunkt könnte sich Architektur auch ohne Gebautes,
nämlich
situativ definieren; wenn z. B. der Warteraum als Situation von Menschen,
die nach
einander an die Reihe kommen, disloziert erlebt und die Zeit durch virtuelles
Inventar
interaktiv angeregt verbracht werden kann.
Das Symposion untersucht also jene Schnittstelle dieser Bereiche, in der
sich offenbar
unabhängig voneinander dieselben Methodiken der Umsetzung entwickelt
haben. Bei
der Kreation der Interaktion vom Storybook zum Environment, vom
architektonischen Konzept zum umbauten Raum, von der Implementation zur
Transplantation dürfte einmal
mehr das künstlerische Know-how der interaktiven Kunst eine große
Rolle spielen.
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