pressrelease



Ars Electronica Festival 98
INFOWAR - information. macht. krieg.
7. - 12.9.1998
Linz, Austria

Presse-Information
7. - 12.9.98

Die seit 1979 stattfindende Ars Electronica ist weltweit eines der renommiertesten Festivals am Schnittpunkt von Kunst, Technologie und Gesellschaft.

Kontinuierlich stellt die Ars Electronica seit einigen Jahren nicht einzelne technische Innovationen und neueste Computertechnologien in den Mittelpunkt der Auseinander-setzung, sondern beschäftigt sich vielmehr mit den sozio-kulturellen Auswirkungen der Informationsgesellschaft; die realen Resultate einer globalisierten, informierten Welt stehen im Mittelpunkt. Entwicklungen werden nicht nur in technischer, sondern vor allem auch in gesellschafts-politischer Hinsicht kommentiert.

INFOWAR - information.macht.krieg
INFOWAR, der Titel des diesjährigen Festivals, rückt die Strategien datengestützter Kriege zwischen Golfkonflikt und Cyberguerilla in das künstlerische wie theoretisch-wissenschaft-liche Interesse und beleuchtet die innere Logik der Informationsgesellschaft im Zusammen-hang mit dem Krieg.

Zahlreiche Events, Installationen, Netzwerkprojekte, Performances und das Symposium dienen der inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Thema.

Symposium INFOWAR
8.-9.9.1998 Im Mittelpunkt der Diskussion stehen nicht nur neue Waffensysteme und Militärstrategien. Es geht um die "strategische Waffe Information", um Medienmacht als politische Macht und die neuen Konfliktpotentiale und Feindbilder der Informationsgesellschaft, geprägt von globalen Wirtschafts- und Finanzmärkten. Es geht aber auch um Hackermythen, Kryptografie und Lauschangriff, die Angst um nationale Sicherheit, gegen die Angst vor dem gläsernen Bürger.

Es geht um den Einsatz künstlerischer Arbeit und Verantwortung als Methode der Auseinandersetzung und Sensibilisierung.

Wissen ist Macht
Der Spruch vom Krieg "als Vater aller Dinge" gilt wohl für kaum etwas so sehr, wie für unsere moderne Informations- und Kommunikationstechnologie. Die Entwicklung des Computers wie auch des Internet ist Resultat militärischer Forschung. Welche Folgen und Auswirkungen hat die militärische Herkunft dieser Technologien auf deren zivile Nutzung, welche Formen des Krieges bringt die Informationsgesellschaft mit sich, welche Konflikte und welche Fronten? Information als entscheidende wirtschaftliche wie auch kulturelle Ressource unserer modernen Gesellschaft rückt ins Visier militärstrategischer Überlegungen. Wird die globale Informations-Infrastruktur das "Schlachtfeld der Zukunft"? Fragen, die nicht nur den militärischen Bereich betreffen, sondern auch massiv die zivile Wirtschaft und Gesellschaft beeinflussen.

Computeraided Warfare - die computergestützte Kriegsführung Die grundlegende Zielsetzung des "Information Warfare", der informationstechnisch gestützten Kriegsführung, wie sie gewissermaßen in einer Beta-Version vor allem im Golfkrieg 1991 erprobt wurde, ist die "Kampfwertsteigerung" herkömmlicher Kriegsführung durch moderne Informations- und Computertechnik. Präzise ferngesteuerte Lenkwaffen treffen exakt die gewünschten Ziele, hochspezialisierte Radarsysteme verraten genau und im voraus die zu erwartenden Verluste und Gewinne, Körpersensoren in den Cyberanzügen der Soldaten übermitteln via Satellit dem in sicherer Entfernung stationierten Offizier die Überlebenschancen eines Verwundeten, Livebilder der Spionagesatelliten werden direkt in die Datenbrillen der Panzerbesatzung eingespielt, ja, und vielleicht sogar Kampfroboter, die sich gegenseitig das Blech einschlagen, ganz automatisch und ohne Menschen...?

Krieg um das Netz Im nächsten Schritt des Cyberkriegs wird die Informationsinfrastruktur selbst zum strategischen Ziel der kriegerischen Aggression. Zerstörte Informationszentren und Kommunikationssysteme des Gegners könnten seinen ganzen Militärapparat kollabieren lassen. Wie früher Saboteure, sollen nun Viren in die Kommunikationsinfrastruktur des Gegners eingeschleust werden, um sie lahm zu legen. Genauso kann aber auch die wirtschaftliche Basis eines Landes durch die gezielte Zerstörung von Datenbanken und Rechenzentren (der Regierung, aber auch der Banken, Versicherungen, Telekommunikationseinrichtungen usw.) empfindlich getroffen werden.

Der Krieg im Netz
Die neuen weltweiten Datennetze eröffnen auch einen neuen Kriegsschauplatz: die Informationsinfrastruktur selbst wird zum Schlachtfeld. Diese Vision löst allerorts eine ungeahnte Hysterie aus und gibt den Bestrebungen nach staatlicher Kontrolle über die Medien eine zusätzliche Dimension. Die Angst vor anonymen Hackern, Cyberterroristen und Netzguerilleros, die zu Partisanen des Internet werden und Weltkonzerne oder Regierungen in Furcht und Schrecken versetzen können, ist groß. Erweist sich die offene und dezentrale Struktur des Internet, (entwickelt von den US-Militärs und gedacht als Absicherung der eigenen Kommunikationswege gegen feindliche Schläge), nun als verletzlichste Angriffsfläche hochtechnisierter vernetzter Staaten oder wird der Mythos von Undurchschaubarkeit und angeblicher Unkontrollierbarkeit möglicherweise auch bewußt geschürt, einerseits um die Kontrolle und Reglementierung zu rechtfertigen, andererseits um Mittel für diese neue Rüstungsindustrie locker zu machen?

Der Krieg im nächsten Jahrtausend
Die Ars Electronica 98 wirft auch einen Blick in die Zukunft der Waffentechnologien und Militärstrategien, spricht mögliche neue Konfliktpotentiale an und stellt die Frage nach Tätern und Opfern, nach Gewinnern und Verlieren solcher Cyberkriege.

  • Welche Rolle kommt dabei den immer stärker werdenden Monopolen der Medien- und Computerindustrie zu?
  • Darf der Staat die Kontrolle über die private Kommunikation ausüben oder gibt es ein legitimes Recht des Individuums auf unknackbare Verschlüsselung? (Cryptographie vs Privacy)
  • Ist ein mit Supercomputern simulierter Atomwaffentest eine Verletzung der internationalen Vereinbarungen?

    Experten setzen sich mit realen und fiktiven Szenarien auseinander und diskutieren konkrete Auswirkungen. Die Illusion, die Zukunft werde uns unblutige, weil virtuelle Kriege bringen, läßt man erst gar nicht aufkommen. Die Verlagerung der Konfliktpotentiale von den nationalstaatlichen Außengrenzen in das Innere der Gesellschaften, hin zu sozialen, ethnischen und religiösen Fronten kann als eine zentrale Herausforderung der Informationsgesellschaft gesehen werden.

    Aufgrund der Komplexität des Themenfeldes weit über künstlerische und informations-technische Aspekte hinaus, wurden Wissenschaftler und Experten aus verschiedenen Sparten eingeladen, das Symposium der Ars Electronica 98 als wissenschaftliche Berater zu begleiten. Der deutsche Medientheoretiker Prof. Friedrich A. Kittler, der niederländische Netzwerkspezialist Geert Lovink sowie der österreichische Rüstungsforscher Dr. Georg Schöfbänker, Senior Researcher am PEACE Center, Burg Schlaining bringen ihr Wissen und ihre Expertise ein und stellen ihre Positionen zur Diskussion.

    Netsymposium
    Anders als bisher wird das Symposium im World Wide Web heuer vielschichtiger ablaufen. Erstmals wird die Netzdiskussion nicht nur englisch geführt. Die Moderation erfolgt durch mehrere Personen. Ein "Info Weapons" - Wettbewerb soll ein breite Palette an Beiträgen bringen, die sich nicht in der theoretischen, diskursiven Ebene abspielen und so die Bandbreite der Auseinandersetzung erweitern. Ab Anfang April können Interessierte aus aller Welt ihre Beiträge abgeben und der Diskussion folgen. Beiträge an: infowar@aec.at

    Brucknerhaus
    Neben den Schauplätzen der letzten Jahre, Ars Electronica Center, ORF, OK und Posthof, wird das Festival heuer schwerpunktmäßig im Brucknerhaus stattfinden, ein Schritt des Zusammenrückens der Kulturinstitutionen entlang des Donauufers. Durch die traditionelle Zusammenarbeit mit der LIVA und die Einbindung als zentraler Programmpunkt in den ãEuropäischen Kulturmonat" setzt die diesjährige Ars Electronica einen zusätzlichen Schwerpunkt in Richtung Verankerung in der Stadt und Identifikation mit Linz.

    Jugendservice
    Als Neuerung und besonderen Service für jugendliche Besucher der Ars Electronica gibt es heuer, wie bereits angekündigt, die Möglichkeit über das Festivalbüro günstige Unterbringungen zu buchen. Vor allem für ein jugendliches Publikum (z.B. die zahlreichen Studenten aus Osteuropa) soll es damit einfacher werden, die gesamte Ars Electronica Woche in Linz zu verbringen.

    Presseinformation:
    Ars Electronica Festival
    Hauptstraße 2
    4040 Linz
    Austria
    Maria Falkinger
    T: ++43.732.7272Ð16
    F: ++43.732.7272Ð2
    maria@aec.at
    Gabriele Hofer
    T: ++43.732.7272Ð780
    F: ++43.732.7272Ð77
    gabriele@aec.at