Ars Electronica hat erstmals in New York "Goldene Nicas"
verliehen –
Auszeichnungen für "Digital Communities", die Welt
"zu einem besseren Ort" machen.
Wenn
eine bunte Silhouette von Kunststaatssekretär Franz Morak von
einem kleinen Virus mit großen Zähnen angeknabbert wird,
dann wundert das derzeit im ohnehin so einiges gewohnten New York
noch weniger Menschen als sonst. Denn in zwei Ausstellungsräumen
des großen Apfels und im UN-Hauptquartier feiert das Linzer
Computerkunstfestival Ars Electronica noch bis zum 18. Juli seinen
25. Geburtstag mit interaktiven, bunten Retrospektiven zur Geschichte
der Computerkunst.
"Digital Communities"
Bei einer großen Gala wurden am Mittwoch (Ortszeit) zum Auftakt
des Global Compact-Gipfels der UNO die "Goldenen Nicas"
in der neu geschaffenen Kategorie "Digital Communities"
vergeben und damit "hoffentlich eine neue Tradition geschaffen",
so Autor Howard Rheingold bei der Verleihung der Auszeichnungen.
Die Welt "zu einem besseren Ort" machen
Bei der vom ehemaligen Geschaftsführer der International Herald
Tribune, Peter Goldmark, geleiteten und von Dennis Russell Davies
musikalisch unterstützten Gala im Metropolitan Pavillon wurden
Initiativen gewürdigt, die mit Hilfe von vorhandenen Technologien
die Welt "zu einem besseren Ort" machen, so Rheingold,
der mit seinen Bahn brechenden Büchern (u. a. "Virtual
Communities") schon Mitte der 80er Jahre die nunmehr durch
die neuen Auszeichnungen gewürdigten virtuellen Gemeinschaften
vorwegnahm.
"Österreich ganz vorne"
Die Unterstützung von UN-Generalsekretär Kofi Annan für
die neue, gesellschaftspolitisch orientierte Kategorie des Prix
Ars Electronica richtete die Koordinatorin des Global Compact-Meetings,
Denise O'Brien, den Ars-Electronica-Machern aus. "Auf dem Sektor
Neue Medien ist Österreich ganz vorne", betonte Morak
- ebenso wie, dass das Event komplett durch Sponsoren finanziert
wurde. "Die Ars Electronica ruht sich nicht auf Förderungen
aus", so Morak, der an der Verleihung teil nahm. "Politisch
kann man nur Rahmenbedingungen schaffen. In Linz laufen viele kreative
Köpfe herum".
Die Nebeneffekte
Die private Finanzierung, die die lange angestrebte Präsentation
der Ars Electronica in New York ermöglichte, hat jedoch auch
ihre Nebeneffekte: Kaum New Yorker Medien oder Publikum, dafür
der Einladung des Hauptsponsors folgende Manager, die beim "Global
Compact" über gesellschaftliche Verantwortung multinationaler
Unternehmen diskutieren werden, beehrten mit schwindendem Interesse
die Veranstaltung, bei der soziale Internet-Aktivitäten gewürdigt
werden. Fast ebenso schütter besucht wie eine Gegendemo vor
dem Eingang (die sich gegen die "Privatisierung" der UNO
und George W. Bush's Konzern-freundliche Politik wandte) war gen
Ende der Preisverleihung der sich zusehends lichtende Veranstaltungssaal.
Die Gewinner
Die Goldenen Nicas gingen an "The World Starts With Me",
ein Internet-Projekt, das Sexual- Aufklärung und Aids-Prävention
mit Computer-Unterstützung in Uganda zu den Menschen bringt,
und die gemeinschaftlich erarbeitete Internet- Enzylopädie
"Wikipedia". Letztere verwirklicht einen der eigentlich
schon verworfenen Gründungsgedanken des Internets, nämlich
dass eine nicht hierarchisch organisierte Gruppe von Menschen durch
gegenseitiges Feedback hochwertiges Wissen schaffen und sammeln
kann.
Würdigungspreise
Würdigungs-Preise erhielten die beiden deutschen Projekte democracy
online today und Krebs-Kompass, die offene Designer-Plattform "Open-Clothes"
aus Japan und das österreichische Projekt "smart X tension".
Neben der Publicity brachte die Auszeichnung auch einen Geldpreis
- "und mit 5.000 Euro kommt man weit in Simbabwe", freute
sich etwa "smart X tension"-Verantwortlicher Peter Kuthan.
(APA) Georg Leyrer |