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Ars Electronica 1980
Festival-Programm 1980
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Festival 1979-2007
 

 

Mach-mit-Konzert
Musica Creativa auf dem Linzer Hauptplatz

'Walter Haupt Walter Haupt

Donnerstag, 11. September 1980, 19.30 Uhr
Linzer Hauptplatz

MACH-MIT-KONZERT
Musica Creativa auf dem Linzer Hauptplatz
Kommunikatives Musizieren der Bevölkerung mit selbstgebastelten Klangerzeugern

IDEE: Walter Haupt (München)

Das Mach-Mit-Konzert fand besondere Unterstützung durch:
Landesschulrat für Oberösterreich, Österreichische Schiffswerft AG, Bank für Oberösterreich und Salzburg, Magistrat Linz, Polizeidirektion Linz, ESG, Pädagogische Akademie der Diözese Linz.


Das Mach-Mit-Konzert auf dem Linzer Hauptplatz, am 11. September 1980 um 19.30 Uhr, ist nach der Linzer Stahlsinfonie, der Linzer Klangwolke mit der 4. Sinfonie von Anton Bruckner das 3. Großprojekt der Ars Electronica 80, dem ein besonderer experimenteller Animationscharakter zukommt – ein Experiment, bei dem das Gelingen ausschließlich von der aktiven Beteiligung der Bevölkerung abhängt.

MUSICA CREATIVA ist ein Experiment kultureller Ermunterung, ein Experiment für alle, die selbst kreativ und musisch tätig sein wollen – in einem großen Mach-Mit-Konzert auf dem Linzer Hauptplatz.

Mach-Mit bedeutet:

  • Denkanstoß zu kreativem Tun und Musizieren

  • Jeder baut sein eigenes Musikinstrument aus Materialien seiner unmittelbaren Umwelt

  • – Gemeinsames Musizieren beim großen Mach-Mit-Konzert auf dem Linzer Hauptplatz am 11. September 1980
Walter Haupt, Initiator des Linzer Mach-Mit-Konzertes: "Alles, was akustisch klingt, ist an dieser musikalischen Großveranstaltung zugelassen. Die Phantasie der Mitwirkenden soll dahingehend motiviert werden, möglichst interessante Klanginstrumente zu kreieren; es sollte vermieden werden, herkömmliche und bekannte Musikinstrumente zu imitieren.

Auch soll in diesem neuartigen, großdimensionierten Orchester (Bevölkerung) der Klang von tradierten Instrumenten generell ausgeklammert sein.

Den kreativen Ambitionen der Mitwirkenden sollten – außer den angegebenen Bestimmungen (keine traditionellen Instrumente zu verwenden) – keine Grenzen gesetzt werden. Der Aufruf soll die Bevölkerung dazu motivieren, unsere tägliche Umwelt, den Alltag nicht nur mit den Augen, sondern mit den Ohren auditiv neu zu entdecken.

Die entsprechenden Industrien der einzelnen Klang-Kategorien sind zur Mitarbeit und Beteiligung, sowohl was die Materialbeschaffung als auch das Potential ihrer Angestellten angeht, eingeladen. Sowohl die Menschen im ländlichen Bereich wie die Industriearbeiter, die täglich mit den Materialien in einem völlig anderen Zusammenhang arbeiten, sollten durch akustische Entdeckung eine neue Beziehung und ein neues Bewußtsein zu ihren Arbeitsprodukten und ihrer Umwelt bekommen."

Für alle, die sich an der MUSICA CREATIVA, dem ersten großen Mach-Mit-Konzert beteiligen, vollzieht sich diese Aktion in 2 Teilen:
1. IM BAUEN, BASTELN UND HERSTELLEN EINES EIGENEN MUSIKINSTRUMENTES
Diese Phase wurde mit Anfang Mai 1980 eingeleitet. Die Ermunterung zum Bau eigener Musikinstrumente erfolgte auf mehreren Ebenen: Prospektmaterial der Veranstalter, Unterstützung durch die regionalen Zeitungen, eine ständige Hörfunk-Sendereihe ab 6. Mai 1980 jeden Dienstag, von 13.30 bis 14.00 Uhr, TV-Berichte, Bastel- und Bauanregungen in Zeitungen und Zeitschriften.

Der Landesschulrat von Oberösterreich hat in allen Schulen Schüler und Lehrer in besonderer Weise zur Teilnahme am Mach-Mit-Konzert ermuntert. Für das Basteln und Bauen einfacher Musikinstrumente wurden Anregungen zur Verfügung gestellt. Für die Instrumentenanfertigung wurden 7 Materialvorschläge zur Auswahl gestellt:
  1. Metall-Klangerzeuger

  2. Holz-Klangerzeuger

  3. Fell-Klangerzeuger

  4. Glas-, Porzellan- und Stein-Klangerzeuger

  5. Saiten-Klangerzeuger

  6. Plastik-Klangerzeuger

  7. Sonstiger Klangerzeuger
Sowohl für den Bau der Instrumente als auch für das Musizieren am Hauptplatz sind die Instrumente in 6 Klanggruppen nach musikalischen Aktionen eingeteilt:
  1. Blasinstrumente

  2. Schlaginstrumente

  3. Zupfinstrumente

  4. Streichinstrumente

  5. Rasselinstrumente

  6. Schab- und Schüttelinstrumente
Für die musikalisch-pädagogische Fachberatung und insbesondere die fachliche Beratung in den Radiosendungen war Alfred Peschek verantwortlich.
2. TEILNAHME AM MACH-MIT-KONZERT AUF DEM LINZER HAUPTPLATZ: 11. SEPTEMBER 1980, 19.30 UHR.
Der riesigen kommunikativen Orchesterveranstaltung MUSICA CREATIVA am 11. September liegt ein in sich variables Kommunikationsschema zugrunde, welches als tragendes Basiselement vorgefertigte Klangflächen vorsieht, die zu einem Live-Spiel der Instrumentengruppen als Animation eingespielt werden. Die Basiskomposition stammt von Walter Haupt. Die Spielanweisungen für die Teilnehmer am Mach-Mit-Konzert werden sehr einfach und allgemein verständlich sein.

Die Anweisungen erfolgen für die Musiker über 3 Ebenen:
  1. Der Dirigent ist auf einem Kran postiert – er soll für jedermann sichtbar sein und ist die zentrale Leitfigur für das gemeinsame Musizieren. Seine Kommandos werden auf 2 weiteren Ebenen deutlich gemacht.


  2. Verkehrs-Winkemänner: den Einsatz für den Spielbeginn und für das Spielende der jeweiligen lnstrumentengruppe geben Verkehrs-Winkemänner, die auf dem Linzer Hauptplatz aufgestellt sind. Insgesamt sind 12 Winke-Männer als automatische Sub-Dirigenten im Einsatz. Farblich sind die Winke-Männer auf die jeweiligen Instrumentengruppen abgestimmt. Wenn sich die Winke-Männer bewegen, bedeutet dies den Einsatz für die jeweilige Instrumentengruppe, z. B. wenn die roten Winke-Männer die Arme bewegen, bedeutet dies den Einsatz für die Blasinstrumente.

    Farbverteilung:
    rot: Blasinstrumente
    gelb: Schlaginstrumente
    orange: Zupfinstrumente
    grün: Streichinstrumente
    weiß: Rasselinstrumente
    blau: Schab- und Schüttelinstrumente


  3. Verkehrsampeln: die dritte Ebene der Spielanweisungen kommt über 24 Verkehrsampeln, die auf dem Linzer Hauptplatz für das Mach-Mit-Konzert eine weitere Form der Steuerung übernehmen. Tempi und Lautstärke werden durch die Farben der Verkehrsampeln vorgegeben.

    Die Farben der Verkehrsampeln haben folgende Bedeutung:
    grün: schnell
    rot: langsam
    gelb: laut
    kein Licht: leise

    Der Linzer Hauptplatz ist für die Dauer des Mach-Mit-Konzertes zur Gänze Fußgängerzone. Die Straßenbahn allerdings wird in die Partitur eingebaut: die Straßenbahn wird als beweglicher akustischer Klangkörper umfunktioniert, mit Lautsprechern bestückt durchkreuzt sie fahrend das Klangzentrum.
Das Mach-Mit-Konzert ist eine Initiative zu kultureller Eigenaktivierung: das Gruppenmusizieren, bisher meist nur einem kleinen Kreis durch die aufwendige Ausbildung und Erlernung eines Instrumentes ermöglicht, ist hier mit geringsten Anweisungen und Regeln durchführbar. In unserer Zeit, in der der Beruf eines Musiktherapeuten neuerdings existent ist, um psychologische Probleme über ein gemeinsames Musizieren hinweg abzubauen, ist diesem kommunikativen Dialog dieser musikalischen Großveranstaltung eine zusätzliche Bedeutung beizumessen. Eine Sozialisierung der Kunst findet statt.
PROMINENTENORCHESTER BEI MACH-MIT-KONZERT
SPITZENPOLITIKER, WIRTSCHAFTSMANAGER UND KÜNSTLER
Das kulturpolitische Postulat "Kultur für alle" erfährt bei dem Mach-Mit-Konzert der Ars Electronica eine besondere Akzentuierung: Der kulturpolitische Ansatz des Projektes wird in besonderer Weise dadurch unterstrichen, daß Spitzenpolitiker, die im Regelfall die kulturpolitischen Überlegungen ausschließlich in den formellen Eröffnungsreden der Festwochen darlegen, beim Mach-Mit-Konzert erstmals selbst aktiv als Beteiligte auftreten: Spitzenpolitiker von Bund, Land, Stadt aber auch Wirtschaftsmanager und Künstler haben den Urlaub 1980 dazu benützt, selbst einfache Klangerzeuger herzustellen und mit diesen am Mach-Mit-Konzert mitzuwirken. Aber auch Gastgruppen aus München und Wien haben sich angemeldet, wie etwa eine Wiener Gruppe im Rahmen des Österreichischen Kultur-Service. Sie machen mit beim Mach-Mit-Konzert MUSICA CREATIVA: Der Bundesminister für Unterricht und Kunst, Dr. Fred Sinowatz, der Landeshauptmann von Oberösterreich, Dr. Josef Ratzenböck, und der Bürgermeister der Stadt Linz, Franz Hillinger.