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Digital Cubes
Ein Legespiel aus elektronischen Würfeln

2002

Simon Schießl (DE)

"Digital Cubes" ist ein ästhetisches Legespiel aus einem Set von elektronischen Würfeln. Werden die Würfel nebeneinander gelegt, tauschen sie Informationen aus, die als Lichtmuster sichtbar werden. Bei zwei Würfeln sind die Daten noch ungeordnet, erst bei mehreren Würfeln klärt sich das Datenmuster auf, und Worte werden lesbar.

Jeder Würfel hat vier Wörter gespeichert, die er abhängig von seiner Drehrichtung zum Gesamttext beisteuert. Diese autonomen Miniaturcomputer verfügen über je einen 16-Bit-Mikroprozessor, ein Display und Infrarot-Schnittstellen an den vier vertikalen Seiten. So können benachbarte Würfel ein einfaches Datennetzwerk bilden.

Jeder Kubus hat eine Seitenlänge von 3 x 8 Zentimetern (ca. 3,15") und enthält einen leistungsfähigen 16-Bit-Mikroprozessor. Auf der Oberseite befindet sich ein Display aus 8 x 8 Leuchtdioden. Ein von außen unsichtbares Infrarot-Interface an jeder der vier vertikalen Seiten ermöglicht die berührungslose Kommunikation zwischen benachbart stehenden Würfeln.

Stellt man zwei Würfel Seite an Seite nebeneinander, tauschen sie kontinuierlich Daten miteinander aus, und ihre zunächst dunklen Displays auf der Oberseite werden aktiviert. Das gezeigte Lichtmuster symbolisiert den Informationsfluss in den Würfeln. Seine Quelle sind die verbundenen Seiten.

Eine Quelle allein führt zu nicht interpretierten Informationen und damit zu Zufallsmustern auf der Anzeigenfläche. Erst wenn sich die Ströme zweier Datenquellen in einem Würfel überlagern, klärt sich das Bildrauschen zu einem entschlüsseltem Muster auf, und Worte werden lesbar.

Jeder Würfel trägt vier Begriffe; einen pro Kontaktseite. Abhängig davon, welche vertikalen Seiten sich berühren, von ihrer Orientierung und der Anzahl der verbundenen Würfel werden Kombinationen folgender Wortgruppen als Laufschrift dargestellt: "evil, good, smart, dumb; happy, sad, bored, excited; big, small, plenty, nothing; now, never, yesterday, tomorrow."

Die ästhetische Qualität resultiert aus der dynamischen Reaktion der Lichtmuster in Echtzeit auf die unterschiedliche Aufstellung der Würfel und aus dem Thema des Diskreten, das sich in Form der makroskopischen Pixel und in der ruckhaften Darstellung der Lichtmuster findet. Die Würfel selbst sind Bausteine, also Pixel eines modularen Bildes, sie tragen aber wiederum 8 x 8 Bildpunkte, 64 klobige Leuchtdioden mit 10 Millimeter Kantenlänge.

Das Konzept

"Digital Cubes" sind Würfel mit einem Mikroprozessor im Inneren, einem Leuchtfeld auf der Oberseite und nicht sichtbaren Datenschnittstellen an den vier vertikalen Seiten. Man kann sie bequem in die Hand nehmen und in verschiedenen Kombinationen auf einer Tischfläche zusammenstellen. Der Computer wird zum Legespiel.

Jeder der 8 x 8 Zentimeter großen digitalen Bausteine ist ein autonomes Computersystem mit einer CPU, einem Display und Infrarotschnittstellen. Benachbarte Würfel bilden ein einfaches Datennetzwerk, und je nach Aufstellung erscheinen veränderliche Bildmuster auf den Würfeloberseiten. Bildrauschen, lesbare Texte und Bildstörungen symbolisieren dabei verschiedene Konfiguration sich überlagernder Datenströme.

Die Erscheinungsform dieser Handheld-Devices ist monolithisch auf das Kubische reduziert – es gibt keine Kabel, Schalter oder sonstige Bedienelemente – und liegt somit weit ab vom gewohnten Anblick des PCs mit dessen zerklüfteten Oberflächen, die ein Maximum an Informationsfluss gewähren, etwa der Tastatur oder detailreicher Grafikdarstellung.

Die aktive Oberseite, die 8 x 8-Matrix aus leuchtenden Quadraten, lässt einen Blick in die inneren Vorgänge der weißen Black-Box zu. Berühren sich zwei vertikale Seiten benachbarter Würfel, tauschen sie kontinuierlich Informationen aus; es öffnet sich ein wechselseitiger Datenkanal. Diese Berührpunkte fungieren abwechselnd als Datenquellen, Datentransceiver oder Datensenken, je nach Position in der Gesamtaufstellung aller Würfel. Die resultierenden Datenflüsse durch das Gesamtnetzwerk der beteiligten Würfel pflanzen sich jeweils Leuchtzeile für Leuchtzeile schrittweise von der Empfangsseite zur gegenüberliegenden Würfelseite fort. Dabei überlagern sich alle vier möglichen Richtungen störungsfrei. Wandert nur ein Datenstrom durch den Würfel erscheint auf der Oberseite ein Zufallsmuster, ein Bildrauschen. Überlagern sich zwei Ströme rechtwinkelig oder gleichsinnig aus gegenüberliegenden Richtungen, wandelt sich das Bildmuster zu einem lesbaren Text. Kommt ein dritter Datenfluss aus einer anderen Richtung hinzu interferiert er mit dem vorhandenen Muster und macht es wieder unkenntlich. Dieses Wechselspiel aus Random-Noise, visuell klarer Information und gestörten Daten symbolisiert die dynamischen Vorgänge in den miteinander kommunizierenden Würfeln.

Der lesbare Text auf der Leuchtmatrix, der durch das Zusammenspiel mehrerer Würfel entsteht, wandert in Form einer Laufschrift über die Anzeigefläche. Er besteht aus einer Kombination von Wörtern, deren Anzahl gleich der am Datenfluss beteiligten Würfel ist und die von der relativen Orientierung der Würfel zur Laufrichtung abhängt. Jeder Würfel steuert also ein Wort abhängig von seiner Drehrichtung zum Gesamttext bei. Die insgesamt vier Cubes tragen folgende Begriffmenge: Würfel 1: "evil, good, smart, dumb;" Würfel 2: "happy, sad, bored, excited;" Würfel 3: "big, small, plenty, nothing"; Würfel 4: "now, never, yesterday, tomorrow."

Diese Ausdrücke haben ihre Hauptbedeutung in Bezug auf den Menschen. Als reines Datenmaterial automatisiert zwischen Würfeln wandernd kontrastieren sie zu ihrem kantigen und rasterförmigen technischen Substrat. Ihre Sinnträgerschaft verlieren die Begriffe dabei nicht ganz. Eine Reminiszenz aus ihrem alltäglichen Gebrauch bleibt erhalten und verweist auf das spannungsreiche Verhältnis von Mensch und Maschine.

Die "Digital Cubes" verhalten sich sehr dynamisch. Ein Würfel für sich alleine ist dunkel und erscheint passiv. Sie liegen gut in der Hand. Nimmt man zwei von ihnen und bringt sie zusammen, breiten sich nach links und rechts von der Kontaktstelle Bildmuster über die Würfeloberflächen aus. Wie aus dem Zusammenschlagen zweier Feuersteine, das den Funken erzeugt, tritt aus dem Verbindungsspalt der beiden Würfel leuchtende Information. Das verleitet zum weiteren Ausprobieren: Durch verschiedenartiges Arrangieren der Würfel schafft man zunächst Licht auf das Dunkel der Leuchtfelder und in einem zweiten Schritt klärt man die Zufallsmuster auf zu erkennbaren Texten.

"Digital Cubes" sind reizvolle Objekte zum Entdecken, wie sie sich im Wechselspiel verhalten. Sie machen darüber hinaus auch wesentliche Eigenarten greifbar, die Wesensbestandteil der uns alltäglich umgebenden Digitaltechnologie sind.

Die vorliegende Form der "Digital Cubes" ist auf wenige Funktionselemente reduziert. Diese Sprödigkeit kann unter Verschiebung der Zielsetzung aufgeweicht werden. Die Würfel als modularer Bildschirm gesehen, den man beliebig zusammensetzen kann, eröffnen als Medium neue Wege. Flüssigere Animationen, grafische Elemente von witzig bis lehrreich sind vorstellbar. Mit Erhöhung der Auflösung von 8 x 8 Pixeln zu detailreicherer und bunter Darstellung erhält man schließlich eigenständiges Benutzerkonzept zur Bildwiedergabe. Die Wirkung eines solchen Systems wird jedoch glatt und makellos sein und somit grundverschieden von der Brüchigkeit der "Digital Cubes" in der jetzigen Form.