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'Pascal Maresch
Pascal Maresch
Das Experiment Ars Electronica Futurelab, das 1996 als Teil des Ars Electronica Center gestartet wurde, hat sich als Atelier, Forschungs- und Entwicklungslabor etabliert. Der für die Arbeit im Futurelab signifikante Ansatz, der die künstlerische Herangehensweise an die Entwicklung von Infrastrukturen und kreativen Inhalten einlöst, und damit gerade auch die Ansprüche der Industrie (z. B. Forschung-, Austellungs- und Unterhaltungsindustrie etc...) erfüllt, steht im Vordergrund des folgenden Spotlights auf die Produktionsprozesse des Labors. Anlässlich des Ars Electronica Festivals 2001 wurden die ersten Open-Lab-Präsentationen in eine neue Location (1) ausgelagert. Nach den Adaptionsarbeiten ist eine offen ausgelegte Architektur geschaffen worden, die den räumlichen Ansprüchen an Softwaredevelopment, Media-Studios und Prototypenbau (Werkstatt) entspricht. Mit der neuen Arbeitsumgebung wird flexibel auf die projektspezifischen Anforderungen eingegangen, ohne dabei von der unorthodoxen, aber bewährten Arbeitsmethode des Ars Electronica Futurelab abzugehen. Der Verlauf der geschehenen Forschungsund Entwicklungsarbeit an einer PCCAVE(TM) Lösung steht hier symptomatisch für Forschungsvorhaben, die, initiiert im Futurelab, zu einer breiten Verbesserung der Ausgangssituation für spezifische Bedarfe aus unterschiedlichsten Bereichen geführt haben. Aus der Motivation heraus, Künstlern den Zugang zu elaborierten VR-Systemen zu erleichtern, wurde im Futurelab schon früh nach Lösungen gesucht, extrem kostenintensive Hardwarekomponenten (SGI) durch PC-Technologie zu ersetzen.
Der Industriepartner voestalpine Industrieanlagenbau GmbH (VAI) wiederum hatte Interesse an einem System zur Realisation interner Forschungsprojekte, die bisher nur unter großem Aufwand innerhalb der Infrastruktur des Ars Electronica Center verwirklicht werden konnten.
Auf der Basis eines Linux Clusters ist es schließlich gelungen, eine Plattform zu schaffen, die gleichermaßen im kulturellen wie auch im industriellen Umfeld zuvor schwerlich finanzierbare Projekte ermöglicht. Parallel zu dem in Kooperation mit dem Institut für Wirtschaftsinformatik (Lehrstuhl für Software Engineering, Prof. Gustav Pomberger) der Johannes Kepler Universität Linz, der VAI, VRCO Inc. und dem Laboratoire d’Informatique d’Orléans realisierten Onyx-Replacement wurde im Futurelab die Struktur zur ARS BOX (2) entwickelt, deren Funktionalität über die der ursprünglichen Vorlage CAVE™ hinausgeht. Projektionsflächen mit bis zu 64 Screens lassen sich in der klassischen CAVE(TM)-Konfiguration unabhängig voneinander oder auch als Panorama (VR-Dome, Curved Surfaces) stereoskopisch bespielen.
Mit der ARS BOX werden VR-Anwendungen in völlig neuem Kontext thematisiert. So z. B. im Bereich telematischer Arbeitsumgebungen, die das Ars Electronica Futurelab im Rahmen des Future Office Project mit der Entwicklung und Erprobung von Prototypen für den Arbeitsplatz der Zukunft entwirft. Nach dem „Future Office Table“ wird in diesem Jahr eine weitere Komponente, das VR-Flip Chart (3) vorgestellt, das, neben einer Reihe technischer Features zur Unterstützung von Besprechungen oder Seminaren auch ein vollwertiges stereoskopisches VR-System mit integrierter Projektionsfläche beinhaltet. Entwickelt wurde das VR-Flip Chart, das kaum größer ist als ein analoges Flipchart, in Zusammenarbeit mit Scott Ritter, einem langjährigen Partner des Ars Electronica Futurelab, der immer wieder zur Lösung diffiziler Architektur und Designfragen herangezogen wird.
Die Vielseitigkeit der ARS BOX war die Vorraussetzung für den Einsatz des Systems in einem weiteren Arbeitsbereiche des Ars Electronica Futurelab. Die Gruppe „Interactive Physical Space“ befasst sich mit der Konzeption und Gestaltung von interaktiven Ausstellungsumgebungen. Konkret findet sich jetzt z. B. eine ARS BOX auf der Ausstellungsebene des Zukunftszentrum Innsbruck (ZZI), (4) das im März 2002 eröffnet wurde. Mit der geschaffenen Infrastruktur – der ARS BOX – bietet das Zukunftszentrum Innsbruck seinen Besuchern Präsentationen von CAVE(TM)-Applikationen und zählt damit zur exklusiven Riege von Institutionen (ICC Tokio, (5) AEC ...), die öffentlich zugängliche CAVEs(TM) betreiben. Sämtliche Steuerungsaufgaben wie auch die Belegung der einzelnen Projektionswände mit den jeweiligen Inhalten verlaufen über einen kabellos verbundenen Handheld-PC, einer Entwicklung des Ars Electronica Futurelab im Rahmen des „Palmist-Project“. (7) Das Interface wurde so ausgelegt, dass auch unerfahrene Besucher mit den einzelnen Applikationen interagieren oder sogar eigene Workshop-Ergebnisse präsentieren können.
Die Zusammenarbeit mit dem Zukunftszentrum Innsbruck ging aber über die Realisierung dieser Infrastrukturen hinaus: Das Ars Electronica Futurelab wurde mit der Entwicklung eines Ausstellungskonzeptes betraut, das einem breiten Publikum ein Bild von der Zukunft der Arbeit vermitteln sollte. Die Erfahrungen und Kontakte, die im Zusammenhang mit dem Festival und als Entwicklungslabor für das Museum der Zukunft gesammelt werden konnten, machen das Ars Electronica Futurelab zu einem Ansprechpartner für internationale Kulturbetriebe in Fragen interaktiver Ausstellungskonzeptionen und Installationen.
In Zusammenarbeit mit internationalen Künstlern wurde also ein Konzept erarbeitet, das neben dem Einfluss technischer Innovationen auf die Arbeitswelt auch die peripheren Veränderungen im Hinblick auf die fortschreitende Verwässerung der Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit thematisiert.
Die in der Ausstellungsumgebung kontextualisierten Projekte sind, neben den explizit für das Ausstellungskonzept entwickelten, auch eigenständige Arbeiten internationaler Künstler, wie z. B. Brainball der Gruppe Smart Studio oder Smallfish von Masaki Fujihata. Eine weitere Form der Kooperation mit Kunstschaffenden ist die gemeinsame Entwicklung von Werken, die in einer Kombination aus Arbeitsweisen einzelner Künstlerpersönlichkeiten mit dem Futurelab eigenen Ansätzen verwirklicht werden. Im Rahmen eines Artist-in-Residence-Programms versucht das Ars Electronica Center die Voraussetzungen für die Realisation ausgesuchter Kunstprojekte zu schaffen. In diesem Jahr unterstützte das Futurelab den Künstler Johannes Deutsch dabei, den „Gesichtsraum“, (8) ein CAVE(TM)-Environment auf der Basis seiner „begehbaren Bilder“, zu entwickeln, deren (visuelle) Komposition die Gefühlswelt eines Individuums repräsentiert.
Deutschs Ausgangsmaterial wurde direkt im CAVE(TM) des Ars Electronica Center in Testapplikationen gesichtet, vom Künstler modifiziert und von 3DSpezialisten hinsichtlich der räumlichen Wirkung optimiert.
In Gesprächen des Künstlers mit den Entwicklern des Futurelab wurde ein Konzept erarbeitet, das den zu Grunde liegenden Intentionen unter Berücksichtigung der technischen Realisierbarkeit bestmöglich entspricht. Die technische Umsetzung der expressiven Reaktionen des „Gesichtsraumes“ erforderte auf der Visualisierungsebene Entwicklungen im Bereich der CAVE(TM)-Programmierung und die Erstellung eines visuellen Vokabulars zur Interaktion.
Das Projekt steht am Anfang einer Forschungsreihe, für die Johannes Deutsch gemeinsam mit der Wissenschaftstheoretikerin und Psychoanalytikerin Patrizia Giampieri-Deutsch ein prototypisches Projekt zur Synergie von Kunst, Wissenschaft und Technologie entwirft.
Neben künstlerisch intendierten Entwicklungen stützt sich die Forschungsarbeit des Ars Electronica Futurelab auf Kooperationen mit Wirtschaftsunternehmen und akademischen Einrichtungen. Ein aktuelles Beispiel ist das Forschungsprojekt INSTAR (9) (Information and Navigation Systems Through Augmented Reality). Nach einer langjährigen erfolgreichen Zusammenarbeit im Rahmen verschiedener VR-Projekte (u. a. die 3D-Erweiterung des Hybrex-Simulators für Feinwalzwerke und eine Adaption desselben für den CAVE(TM), präsentiert auf der internationalen Messe „Metals and Metallurgy“ in Peking (10)) trat Siemens CT an das Institut für Wirtschafts-informatik (Lehrstuhl für Software Engineering, Prof. Gustav Pomberger) der Johannes Kepler Universität Linz und an das Ars Electronica Futurelab mit dem Ziel heran, eine VR-Anwendung zu schaffen, die für ein breites Publikum interessant wäre. In gemeinsamen Brainstorming-Sessions wurde daraufhin die Idee von INSTAR geboren. Die Entwicklungsarbeit wird innerhalb eines Netzwerkes von Kooperationspartnern geleistet. INSTAR ist ein neuer und einzigartiger Ansatz für Navigationssysteme (z. B. in Autos), bei dem über die gewohnten zweidimensionalen Visualisierungen hinaus auf den Einsatz von Augmented Reality gesetzt wird. Hierzu wird auf einem Monitor im Fahrercockpit ein Videobild der Fahrersicht in Echtzeit mit grafischen Routenempfehlungen überlagert, die den Lenker auf intuitive Weise bei der Navigation unterstützen. Der entscheidende Vorteil liegt darin, dass der Fahrer beim Blick auf den Navigationsschirm nicht vom Verkehrsgeschehen abgelenkt wird und in einem Abbild der Realität (Live Video) den Weg zu seinem Ziel farblich markiert sieht. Durch die spezielle Technologie lassen sich nicht nur Routenempfehlungen darstellen, sondern eine Vielzahl weiterer Informationen in das Videobild integrieren. Das mit den Kooperationspartnern erarbeitete Software-Framework liefert die Voraussetzungen für den Einsatz von Augmented-Reality-Technologien in zahlreichen weiteren Anwendungsgebieten. Im Zentrum der aktuellen Arbeit steht die Entwicklung der neuen Themenausstellung im Ars Electronica Center, Hidden Worlds. Diese wird gemeinsam mit den Gastkünstlern Golan Levin und Zachary Lieberman realisiert.
(1) new location: futurelab.aec.at/new_lab zurück
(2) ARS BOX: futurelab.aec.at/arsbox zurück
(3) VR-Flip Chart: futurelab.aec.at/vrflipchart zurück
(4) FCI Exhibition: www.zukunftszentrum.at/mediathek/mediathek1.php zurück
(5) ICC Tokyo: www.ntticc.or.jp/ zurück
(6) “Cave” by Peter Kogler: futurelab.aec.at/kogler
(7) Palmist Project: futurelab.aec.at/palmist zurück
(8) “Gesichtsraum”: futurelab.aec.at/gesichtsraum zurück
(9) INSTAR: futurelab.aec.at/instar zurück
(10) Siemens—Hybrex: futurelab.aec.at/hybrex zurück
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