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Ars Electronica 1995
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Festival 1979-2007
 

 

EXODUS


'Michael Bielicky Michael Bielicky

Exodus ist eine virtuelle Teleperformance, deren Ausgangsort in der israelischen Wüste Negev liegt. Ich werde während Ars Electronica 1995 (20.–23. Juni) vier Tage lang in der Wüste verbringen und jeden Tag auf den biblischen Spuren des Propheten Moses wandern. Zu meiner Ausrüstung wird ein tragbares GPS(Global Positioning System)-Gerät gehören, das wiederum mit einem Modem und einem Funktelefon verbunden sein wird. Die von mehreren Navigationssatelliten empfangenen GPS-Daten werden dann via Funktelefon zum nächsten Server des Internets übertragen. Dort werden mehrere digitale Wüstenlandschaften gespeichert sein. Diese werden weltweit durch das World Wide Web des Internets betrachtet werden können und meine Bewegung wird in praktisch realer Zeit wahrgenommen werden können.

Der Betrachter wird die Wahl haben, sich verschiedene Sichten der Situation anzusehen. Gleichzeitig werden die GPS-Daten ebenso via Internet nach Linz übertragen und dort in einer speziell entwickelten 3D-Grafik auf einer Projektionsfläche sichtbar gemacht. Dreimal am Tag werde ich zu bestimmten Zeiten für ca. 10 Minuten durch eine Life (Voice)-Telefonverbindung mit dem Publikum in Linz in Kontakt treten.

Als Moses sein Volk aus der Versklavung herausbrachte, ahnte niemand, was für eine radikale Wirkung dieses Ereignis auf die Entwicklung der Menschheitsgeschichte haben würde. Der Mensch mit seinem neuem Bewußtsein wurde sowohl durch die Erfahrung der Freiheit als auch durch die Anerkennung der Zehn Gebote zu einer neuen Spezies. Ich möchte dieses wichtige Ereignis in der Geschichte der Menschen als Metapher für den neu werdenden Menschen am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts benutzen. Die Auswanderung des Menschen in die virtuellen Netze und die damit verbundene Befreiung von Zeit und Raum ändern genauso unser Bewußtsein wie die Erfahrung der Anwesenheit in Abwesenheit. Die neue Allgegenwart – sowohl passiv als auch aktiv – kreiert den "Informationsmenschen”. Der Philosph Vilem Fusser sagte in diesem Zusammenhang, daß die verdinglichenden Begriffe wie etwa "Seele”, "Geist”, "Identität”, "Ich” oder "Selbst” neu zu betrachten sind.

Auch meine Wüstenerfahrung wird mich sowohl durch die Isolierung vom Informationsfluß, als auch durch das Bewußtsein, daß die Welt dort draußen durch die Netze allgegenwärtig ist und so meine Isolierung registrieren kann, in eine neue Betrachtung der Realität versetzen. Vielleicht ist die immer wieder beschworene Allgegenwart Gottes nichts anderes, als die Erfahrung des Individuums mit höher entwickeltem Bewußtsein einer Menschenmenge. Der Schriftsteller Stanislav Lem bezeichnete in seinem Theofiction-Roman "Solaris” dies als "Ozeanisches Bewußtsein”. So scheint es, daß die Technologie der Netze dazu beiträgt, daß dem Menschen die Entwicklung zu einem neuen Weltbewußtsein ermöglicht wird. Das wird sowohl soziologische als auch politische Folgen haben.

"Global Artworks offer an endless timespace in which we are always able to experience ubiquity in a new way. This experience enables us to percieve not only one reality, but it offers us a selection of realities".

"Information technology doesn't produce material objects anymore, only immaterial ones."

"The network artists may be in Siberia, New York, Tokyo, Berlin or elsewhereand they all are part of an organism which is constantly developing its own unique dynamics and which has won effects on their creative efforts."

"The museum of the future will be able to be everywhere: at home, at the North Pole, in the desert, in a dance club, in prison, or at one's deathbed. All we'll need to visit the museum of the future will be a portable computer and connection via telephone, perhaps through radio or satellite."


http://exodus.avu.cz

Internet Programmers: Ariel Sindermann, John Trnka
Internet Design: Amy Doli, Ariel Sindermann
Project Coordinator: Amy Dolin

Sponsors: Ars Electronica Linz; Silicon Graphics, Israel; Motorola Communications, Israel; Landrover, Israel; Ben Gurion University, Israel; Expert Service, Prague; C & I Software, France; Lapidot – outdoor equipment, Israel

Special Thanks: Alon Adler, Dana Barnea, Oliver Billard, Michael Cilek, Shimon Horev, Gadi Moskowich, Avi Oren, Dudu Rashty, Victoria Ranzer, Mali Ranzer-Dorner, Francis Wittenberger