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Ars Electronica 2004
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Fore – Interaktives Golf


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Fore! Mit diesem Warnruf aus der Golfwelt lädt die Stadtwerkstatt zum interaktiven Golfspiel im Geviert zwischen Ars Electronica Center und Stadtwerkstatt. Fore! Ein Warnruf zur Lage des Planeten, der in der Hand der Global Players zum egoshooter mutiert. Fore! Ein Warnruf vor der Selbstzerstörung und die spielerische Aufforderung zur Selbstreflexion. Fore!

In der Tradition des Stadtwerkstatt-Labels „Kunst+Krawall“ wird in der künstlerischen Arbeit gerne mit vorhandenen Systemen gespielt. Ein oft verwendetes Rahmenwerk ist das Spiel an sich. Dieses wird durch verschiedene Eingriffe in den Spielablauf oder in die Zielsetzung verändert und umgedeutet und dadurch mit neuen Inhalten aufgeladen. Dabei geht es nicht darum, das Spiel zu hinterfragen, sondern es durch Neubewertung als künstlerisches Vehikel zu verwenden.

Auf der einen Seite stehen die Geselligkeit und der Wettbewerb des Spiels als mögliche Motivationen für menschliches Verhalten, auf der anderen Seite steht eine durch die Manipulation des Spielmodus inhaltlich neu zu bewertende Aussage, die im Spiel transportiert wird. Durch die Aktivität der Spieler wird die Installation zum Bild- und Tongestalter des Ereignisses. Das Werk entsteht im Zuge seiner Aufführung.

Beispiele aus der Vergangenheit sind das AutomatenTV, bei dem Spielautomaten als interaktive Kunstmaschinen und Bildgeneratoren eingesetzt wurden (Ars Electronica 1989), Glasfieber, ein Kegelturnier in den Glasscherbenvierteln von Linz, bei dem mit Stahlkugeln auf Glasflaschen um ein monatliches Grundeinkommen geschossen wurde (Festival der Regionen 1999) oder Meatspace – virtual reality job agency, wo Avatare im Netz nach realen Jobs unterwegs waren (Ars Electronica 2001).

Bei Fore wird nun das Golfspiel als Grundform für eine Installation im öffentlichen Raum genutzt. Eine Leinwand ist Schnittstelle zwischen realer und virtueller Welt. Die SpielerInnen golfen auf die Leinwand, und ähnlich wie bei Golfsimulatoren werden Abschlaggeschwindigkeit und Richtung des Balles abgenommen, um die Basisdaten für den Weiterflug im virtuellen Raum zu liefern. Die Jahrtausende lange Geschichte des Golf ist untrennbar mit künstlich angelegten Arealen verbunden, somit ist der Schritt in die virtuelle Welt ein konsequenter. Gespielt wird in einfachen 3D-Räumen mit unterschiedlichsten Oberflächen, die sich formal an der Ästhetik von Comics orientieren.

Zur Radikalisierung der sozialen Kompetenz der neuzeitlichen Ich-AGs ist die entscheidende Neuerung bei unserem Spiel, dass wir den Spieler /die Spielerin zu seinem eigenen Ziel machen: Über ein Blueboxsystem wird der jeweilige Spieler / die jeweilige Spielerin in Echtzeit in die virtuelle Welt gekeyt. Er steht seinem Spiegelbild gegenüber, das er durch einfache Handzeichen in der virtuellen Landschaft platziert. Durch diese Verdoppelung ist er nicht nur Abschläger und quasi Joystick, sondern auch Zielpunkt: Er schießt mit dem realen Ball auf sein virtuelles Alter Ego – ein Egoshooter im wahrsten Sinne des Wortes. Um Punkte zu sammeln, nimmt sich der Spieler selbst aufs Korn. Mit der Aussicht auf Gewinn schießt sich die Menschheit von diesem Planeten.

Bill Gates tut es. George Bush tut es. Wir tun es auch.
Unser Egoshooter als Modell der Ich-AG reflektiert die kapitalistischen Selbstzerstörungsmechanismen der modernen Welt. Wie geht´s dem Spieler / der Spielerin, wenn er sich bewusst und schonungslos attackiert? Die Künstlichkeit der Welt trifft auf die Realität der Akteure. Die Psychiatrie kann die Diskrepanz nicht auflösen. Im Streben nach Illusionswerten scheint der Hang der Menschheit zur Selbstverletzung einhellig und grenzenlos. Tagsüber dient der Abschlagplatz als Übungsstand. Professionelle Golfspieler stehen den FestivalbesucherInnern als Trainer zur Verfügung, um sie für die abendlichen Turniere zu coachen. Ein Schusstraining an sich selbst. Get trained for the future.


Fore: Begriff aus dem Golfspiel. Weltweit gültiger Warnruf, der immer dann zu rufen ist, wenn ein geschlagener Ball einen Spieler gefährden könnte.
Egoshooter: Bezeichnung für Videospiele, bei denen die Darstellung der virtuellen Spielewelt aus den Augen der Spielerfigur erfolgt. Dadurch wird beim Spieler die Illusion erzeugt, selbst am Spielgeschehen teilzunehmen. Der Spiele-Inhalt ist größtenteils das reaktionsschnelle Abschießen von virtuellen Gegnern.