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VSSTV—Very Slow Scan Television


'Gebhard Sengmüller Gebhard Sengmüller

Very Slow Scan Television (VSSTV) ist ein neues Fernsehformat, das wir aufbauend auf Slow Scan Television (SSTV), einem seit fast 50 Jahren von Funkamateuren benutzten Bildübertragungsverfahren, entwickelt haben.

1957 von Copthorne Macdonald konzipiert, benutzt Slow Scan Television das Kurzwellenband, um Fernsehsignale zu übertragen. Kurzwellen-Amateurfunk dient nicht nur zur allgemeinen Übertragung von Informationen („Broadcasting“, wie das bei normalem Radio der Fall ist), sondern benutzt das Frequenzband für persönliche Kommunikation, üblicherweise zwischen zwei Personen auf einer vorher vereinbarten Wellenlänge. Im Gegensatz zu Telefongesprächen kann diese Kommunikation aber von jedem Amateurfunker, der sich auf der gleichen Frequenz befindet, mitgehört werden. Um über diese schmalbandigen, nur zur Übertragung von Sprache gedachten Amateurfunkkanäle Bilder übertragen zu können, ist eine starke Datenreduktion und der Verzicht auf Bewegtbilder nötig. Außerdem muss das Bildsignal in ein Tonsignal umgesetzt werden.

Der britische Amateurfunker Guy Clark (N4BM) schreibt:

The original idea was to find a method of transmitting a television picture over a single speech channel. This meant that a typical (at that time) 3MHz wide television picture had to be reduced to around 3kHz (1000:1 reduction). It was decided at the outset that the scanning rates must be very slow, which precludes the use of moving pictures. The choice of time base for synchronizing was the readily available domestic power supply at 50 or 60 Hz (depending on the country of origin).

This gave a line speed of 16.6Hz and 120 or 128 lines per frame (against the then UK standard of 405 lines (now 625) per frame), giving a new picture frame every 7.2 or 8 seconds. … The original SSTV systems were based on ex-government radar screens and cathode ray tubes with very long persistence (“P7”) phosphors. This allowed an image to be painted on the screen over a period of a few seconds.” The modulation technique often transmits defective images, evident in trapezoid distortions in the image caused by time synchronisation problems.
Durch die verwendete Modulation kommt es bei der Übertragung oft zu Bildstörungen, die sich vor allem in einer trapezförmigen Verzerrung des Bildes äußern (zeitliche Synchronisationsprobleme). SSTV erinnert an ein paralleles TV-Universum aus einer Zeit, in der Fernsehmonopole ihren Einfluss auf die Kultur der Massenmedien festigten. Es zeigt aber auch Ähnlichkeiten zu gegenwärtigen Streaming- und Netcasting-Technologien, bei denen persönlicher Flair und Geschmack die Auswahl der übertragenen Bilder bestimmen.

VSSTV benutzt die in jedem Moment auf freien Funkkanälen abrufbaren Bildübertragungen des historischen Public-Domain-Fernsehens zusammen mit normaler Luftpolsterfolie als Grundlage einer Analogiebildung, in der dieses Verpackungsmaterial als „Bildschirm“ eingesetzt wird. Genauso wie die Fernsehbildröhre mit ihrer Lochmaske Tonwerte aus der Mischung der drei Grundfarben darstellt, konstruiert VSSTV eine Plotter-ähnliche Vorrichtung, die in einem kontinuierlichen Vorgang Luftbläschen für Luftbläschen der Luftpolsterfolie mit Farbstoff in den drei Grundfarben (Rot - Grün - Blau) füllt und diese so in einzelne Bildpunkte auf dem VSSTV-„Bildschirm“ verwandelt. Die so entstehenden Ansammlungen von Pixeln bzw. mit Farbe gefüllten Luftpolstern verschmelzen für den Betrachter nun aus großem Betrachtungsabstand wieder zu dem ursprünglichen Gesamtbild. Das Ergebnis dieses Vorganges sind extrem großformatige Fernsehbilder, die gleichzeitig die Idee von Slow Scan auf die Spitze treiben: Das SSTVFormat überträgt Bilder mit einer Geschwindigkeit von einem Bild in acht Sekunden, in unserem Prozess reduziert sich die Bildfrequenz auf nur mehr ein Bild pro Tag. Ein Beobachter kann mitverfolgen, wie sich aus der leeren Folie sehr langsam ein Bild entwickelt, das ca. zehn Stunden zu seiner Entstehung benötigt.

VSSTV – Very Slow Scan Television ist ein Projekt von Gebhard Sengmüller, in Zusammenarbeit mit Jakob Edlbacher (technischer Aufbau), Johannes Obermayr (Steuerungstechnik), Gerhard Proksch-Weilguni (zusätzliche Mechanik), Ludwig Ertl und Andreas Konecky (Programmierung)

Mit freundlicher Unterstützung von: Ulmer GmbH Profil- und Fördertechnik, Bundeskanzleramt Kunstsektion, Kulturabteilung Land Salzburg, Kulturamt Stadt Wien