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Bio Kunst – Taxonomie eines Wortmonsters


'Jens Hauser Jens Hauser

Biokunst ist nicht nur ein hybrider, sondern auch ein proliferierend-mutanter Terminus. Mit dem Aufstieg der Biologie zur Leitwissenschaft ist einerseits in den Kulturwissenschaften eine Inflation biologischer Metaphern festzustellen, zum anderen bieten die diversen biotechnologischen Verfahren Künstlern gleichzeitig Themen und Gestaltungsmittel.

Dabei ist die Evolution des Begriffes „Biokunst“ der Karriere des von techno-industriellen Interessengruppen in den 1990er Jahren entfachten und nach dem Zenit des hochmediatisierten Human Genome Project langsam wieder abflachenden Gen-Hypes der letzten Jahre nicht unähnlich: Biokunst entfaltet sich nicht durch vorgegebene Master-Codes eines determinierenden post-avantgardistischen Manifestes, sondern unterliegt gesellschaftlicher Drift und vielfältigen ästhetischen Umwelteinflüssen. Schwang bei Biokunst lange Zeit dominant das vermeintliche Synonym Gen-Kunst mit, so erweitert sich mit der demystifizierenden Abkehr vom Primat des genetischen Paradigmas als ultimativer Jakobsleiter der Horizont auf andere Felder und Methoden: von Zell- und Gewebekultur, Neurophysiologie, Biorobotik und Bioinformatik über Transgenese, Synthese künstlich erzeugter DNA-Sequenzen und Mendel'scher Kreuzung von Tieren und Pflanzen bis hin zu Xeno- und Homotransplantationen, biotechnologischen und medizinischen Selbstexperimenten und Zweckentfremdung von Visualisierungs-Technologien der Molekularbiologie.

Das typologische Dilemma erinnert an die Schwierigkeit, Medienkunst als Kunst zu definieren: Zeichnet sie sich dadurch aus, dass sie Kunst mit Hilfe von Medien produziert – oder dass sie via künstlerischer Auseinandersetzung Mediengebrauch thematisiert und verändert?(1) Im Gegensatz zu in der digitalen Medienkunst eingesetzten Technologien sind Bio-Technologien als künstlerisches Werkzeug noch nicht demokratisiert (2) – auch wenn uns möglicherweise biotechnologische Homestudios als neue Pop-Kultur ins Haus stehen.

(3) Insofern wird der ohnehin bedeutungsschwangere Begriff „Biokunst“ zusätzlich durch Kunst kontaminiert, die Biotechnologie aus dem sicheren Hort vorgeblich kritischer Distanz lediglich als Thema begreift.

Käme wohl heute niemand auf die Idee, die konzeptuell in Öl gemalten Joysticks, Mäuse und Kabelsalate von Miltos Manetas als Computer- oder Medienkunst einzustufen, so geistert groteskerweise selbst in einschlägigen Publikation noch die Vorstellung umher, Biokunst sei an den repräsentierten Inhalten festzumachen: Biofiktionen in Erscheinung von Chimären-Skulpturen, DNA-Portraits, Chromosomen-Malerei oder Mutanten darstellende digitale Phototricks sind ebenso wenig Biokunst wie Claude Monets Impressionismus „Seerosen- oder Kathedralen-Kunst“ wäre.

Diese konventionellen Formen mit ausschließlich metaphorischem und ikonografischem Referenzsystem dienen vor allem dazu, den traditionellen Museumsbetrieb zu füttern, wo etablierte Kuratoren unter dem Druck der Herausforderung biotechnologischer Perspektiven einerseits gesellschaftlich Flagge zeigen müssen, andererseits aus konzeptueller Überforderung, Ignoranz, intellektueller Faulheit (4) oder aus Unsicherheit angesichts der mangelnden Objekthaftigkeit jener Arbeiten das unbequeme Terrain formal innovativer Biokunst meiden, welche Biotechnologie real mit dem Paradox der eigenen Anwendung als künstlerischer Praxis konfrontiert. Unter den zahllosen Ausstellungen zum Thema Biotechnologie der letzen Jahre kann man so dann auch jene, bei denen Biotechnologien Werkzeug sind, schnell an beiden Händen abzählen.


Verstrickter wird es bei Medienkunst-Installationen, die auf sogenannten genetischen Algorithmen basieren. Sind Computersimulationen von biologischen Prozessen Biokunst? Sicherlich kaum, wenn es a priori darum geht, mit jenen Programmen ästhetisierende, pseudo-wissenschaftlich sinngebende Illustration zu betreiben (5) und via Informatik die Mär vom Kunstwerk als lebendigem Organismus wieder aufkeimen zu lassen.

Trotz der immer wichtigeren Forschungsbereiche von Biokybernetik und, auf der anderen Seite, synthetischer Biologie, die neue Funktionen für lebende Organismen designen will, bleibt Kunst, die sich an der Schnittstelle zwischen Organischem und Maschinellem bewegt und welche die Faszination von Bioinformatik und Bio-Computing reflektiert, meist vornehmlich einem kybernetischen Ideal (6) verhaftet – doch dieses wird heute nun wieder mit konkreter kohlenstoffbasierter Materie konfrontiert.(7)

Um es im modischen Sprachduktus der Genetik zu sagen: Jene ästhetischen Hybride lassen sich nicht durch die visuelle Analogie der Phänotypen dieser Werke erklären, sondern durch deren konzeptuelle Genotypen. Die „Mutation“ der Biokunst lässt sich derzeit durch vier Hypothesen beschreiben:




1. Biokunst re-materialisiert sich zunehmend, die Faszination für den „Code des Lebens“ weicht einer phänomenologischen Auseinandersetzung mit Wetwork.
2. Statt darstellender Objekte, Abbilder oder Simulationen rücken transformatorische Prozesse mit Performance-Charakter in den Mittelpunkt
3. Biokunst zieht zunehmend das Interesse von Performance-Künstlern der Bodyart auf sich, zwischen beiden Feldern gibt es Strukturverwandtschaften.
4. Als Medium der Biokunst lässt sich keine stoffliche oder verfahrenstechnische Definition festschreiben – die „Manipulation von Lebensmechanismen“ nimmt diskursiv und technisch stark unterschiedliche Formen an.


1. Als sich die Ars Electronica 1993 dem Thema „Genetische Kunst – Künstliches Leben“ widmete, standen in erster Linie „autopoietische Systeme, virtuelle Kreaturen, AL-Software, genetische Bilder, synthetisches Leben, Evolution und Ökologie digitaler Organismen, interaktive Evolution und algorithmische Schönheit der Natur“ auf dem Programm.

Denn, wie Peter Weibel schrieb, „die künstliche Erzeugung von Leben kann von der Hardware-Seite wie von der Software-Seite in Angriff genommen werden.“(8) Künstliches Leben sollte zwar nicht nur als Simulation verstanden werden, eher als Vorstufe zu Hardware Visionen, aber Computerkultur verstärkte „den Paradigmenwechsel in der Konzeption des Lebens, wie Stoff, Substanz und Mechanismen aus materialen Komponenten zu Code, Sprache, Programm, System, Organisation“ werden.

Mit dem Vollzug des Schritts zur Hardware, und damit verbundenen Kunststrategien wie „Transgenic Art“(9) ist der aus Software-Zeiten stammende Begriff „Genetische Kunst“ angesichts der klaren Tendenz zu Wetwork heute weitgehend sinnentleert. An die Stelle von auf suggerierter Programmierbarkeit von „Lebensmechanismen“ aufbauender Arbeiten, tritt bei Künstlern wie Eduardo Kac oder Natalie Jeremijenko die Überprüfung der Software-Thesen am organisch konkreten Material, verbunden mit deutlicher Kritik am Genfetischismus.(10)


2. Diese Re-Materialisierung hat jedoch keinen Rückfall in eine objektzentrierte Kunst zur Folge. Es geht meist um die Inszenierung zeitlich begrenzter transformatorischer Prozesse, nicht um Endprodukte von lebenden, terato-generierten, aus der historischen Faszination für die Automaten hergeleiteten animierten Objekt-Kreaturen. Dabei ist es kein Zufall, dass viele Künstler performative Präsentationsformen wählen, welche Biotechnologien in Beziehung setzen zu ihren philosophischen, politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen.

Das dialektische Verhältnis zwischen realer Präsenz und metaphorischer Repräsentation ist mit dem von Performance Art vergleichbar. Während der Theaterschauspieler noch metaphorisch eine Rolle verkörpert, bringt der Performer seinen eigenen Körper und seine eigene reale Biografie ein – für den Betrachter entsteht ein emotionaler Spannungsraum zwischen den beiden möglichen Wahrnehmungsmodi der Aktion.

Ebenso muss der Betrachter von Biokunst umschalten zwischen dem symbolischen Raum der Kunst und dem durch organische Präsenz suggerierten „richtigen Leben“ der dargebotenen Prozesse.

Die Besonderheit einer solchen Wahrnehmungssituation wiederum bietet eine Bresche für Hoax-Kunst, die aus der Unüberprüfbarkeit der biologischen Prozesse Profit schlägt: Mit dem starken Interesse an Biokunst ist auch mit deren baldiger Subversion und einer Ästhetik des Simulacrums zu rechnen.

3. Nach einer Periode der De-Materialisierung, digitaler Simulation und sinneserweiternder Immersion in der zeitgenössischen (Medien-)Kunst, trägt re-materialisierte Biokunst dazu bei, dass Künstler auch den eigenen Körper wieder verstärkt als Schlachtfeld für die Auseinandersetzung mit durch die Life Science zutage geförderten Themenfeldern zu nutzen suchen.

Während das Künstlerduo Art Orienté Objet eine Transfusion von gefiltertem Panda-Blut (11) plant und Neal White in seinem Konzept einer „Invasiven Ästhetik“ den Substanzen absorbierenden Körper des Betrachters zum Ort der Kunst macht, sind mit Stelarc und Orlan gleich zwei gestandene Pioniere der Körperkunst an das im Labor SymbioticA für Zusammenarbeit von Kunst und Wissenschaft in Perth wirkende Tissue Culture & Art Project herangetreten, um mittels Gewebekultur ein „Extra Ear“ beziehungsweise einen patchwork-artigen Mantel aus hybriden Hautkulturen diverser Spender unterschiedlicher ethnischer Herkunft wachsen zu lassen.

Sozusagen als „Satelliten-Körper“, um Orlans in den Self-hybridations africaines auf der Ebene der Virtualität erfolgte Modifikationen wiederum in den Bereich der real körperlichen Ausgestaltung zu verlegen.(12) Doch auch bei der Konservierung und Präsentation a posteriori der oft ephemeren Projekte ergeben sich Gemeinsamkeiten zwischen Body- und Bioart: Entweder überleben sie als Film-, Foto- oder Video-Dokumente, als Spuren wie Poster oder Flyer oder in Form materieller Überbleibsel oder Relikte, die dann synekdotisch auf den Prozess rückverweisen.


4. In einer Zeit, in der die Technowissenschaften selbst zu potenten Produzenten ästhetisierter Bilder geworden sind, ist klar, dass die Nutzung biotechnologischer Verfahren als Ausdrucks-Medium primär keine (Ab-)Bildfunktion haben kann – auch wenn jene Kunst hin und wieder öffentlichkeitswirksame Ikonen hervorbringt. Es ist vor allem eine Kunst der Transformation in vivo, die „Biomaterial auf Kleinstebene (Zellen, Proteine, Gene, Nukleotide)“(13) manipuliert und Dispositive zur emotionalen und kognitiven Teilhabe schafft.

Auch nachrichtentechnische Auffassungen von Medien, wie sie kybernetischen Vorstellungen entsprechen, werden den vielfältigen Möglichkeiten, biotechnologische Verfahren in der Kunst einzusetzen, nicht gerecht. Hier führen technische Medien-Definitionen, die Bioinformatik und Biocomputing als digitalen Informationsträgern ähnliche Systeme von Datentransformation erklären,(14) nicht weiter.

Ist das Kodieren von visuellen Ikonen oder Textfragmenten in DNA für Künstler wie Joe Davis (15) oder Eduardo Kac innerhalb des genetischen Paradigmas noch relevant, so verlangt schon die künstlerische Praxis beispielsweise von Tissue Culture nach einem Medienbegriff, der nicht auf Informationstheorien basiert.



Folgendes Beispiel verdeutlicht die diskursive Vielschichtigkeit, die Biokunst haben kann:
In der performativen Installation Disembodied Cuisine (16) zum Zwecke „opferloser Fleischproduktion“ schafft das australische Tissue Culture & Art Project mittels Gewebezucht eine pseudo-positivistische Junkfood -Alternative zur Massentierhaltung: Essbare „halb-lebendige Skulpturen“ werden aus isolierten Muskelzellen vom Frosch auf biodegradablen Polymer-Gerüsten in Bioreaktoren gezüchtet.

Sie werden täglich von den Bio-Künstlern mit Nährlösung „gefüttert“, um nach acht Wochen Live-Zellkultur im eine sterile Haube und CO2-Inkubatoren umfassenden Galerie-Labor an einem Nouvelle-Cuisine- Grillabend im Beisein der glücklichen – weil von der Schlachtung verschonten – Tiere in Calvados flambiert verspeist zu werden. Für das Barbecue werden auf dem hiesigen Wochenmarkt Menu-Werbe-Zettel verteilt, sodass sich das typische Kunstpublikum um an der Perspektive alternativer Fleischproduktion interessierte Metzger bereichert sieht.

Der Iglu-förmige Labortrakt ist unter schwarzer Folie verborgen – eine Anspielung auf das erste Tissue-Culture-Labor des Nobelpreisträgers, aber auch späteren Eugenik-Theoretikers zu Zeiten des französischen Vichy-Regimes, Alexis Carrel – nur runde, gerahmte Bullaugen geben den Blick frei auf Tableaux Vivants des Laborbetriebs. Ein Durchgang verbindet das Labor mit einem rechteckigen, unter transparentem Plastik abgeschotteten Essensraum mitsamt gedecktem Tisch. In die durchsichtigen Wände sind zwei Aquarien eingelassen, in denen die Frösche sich an Miniatur-Venus-Skulpturen erfreuen, und schließlich dem Dîner beiwohnen, bevor sie abschließend unversehrt im botanischen Garten freigesetzt werden.

Dagegen ist die Teilnahme für die freiwilligen Esser der „opferlosen Steak-Skulpturen“ mit realem, physischem Risiko verbunden. Nur schwer lassen sich die zähen Stückchen mit einem Skalpell schneiden, der Geschmack ist fragwürdig, und einer der Gäste muss den Genuss wochenlang büßen mit einer Allergie – ironischerweise nicht gegen den Fleischersatz, sondern gegen das Polymergerüst: also den technologischen Avatar, der hier im Kontext der Kunst symbolisch Tierleben retten soll.

Nach der Performance dokumentiert ein Video-Triptychon alle Etappen des Projektes, welches in dieser aufwändigen Form nur schwer in anderen Ausstellungssituationen wiederholt werden kann. Unter dem Titel „The Remains of Disembodied Cuisine“ werden dem Video dann auf einem Tisch auf Tellern jene Bröckchen gegenübergestellt, welche die Dinner-Gäste ausgespuckt hatten.

Die ästhetischen Objekte sind hier kaum eindeutig zu bestimmen und überlappen sich: Tissue Culture wird hier in nicht-utilitaristischer Weise für eine technologische Utopie eingesetzt, die gleichzeitig ad absurdum geführt wird und somit die versöhnlich-kompensatorische Funktion von Technoideologie unterläuft. Absichtlich nehmen die Künstler hier Abstand vom Phantasma beherrschbarer Genetik – schon der Titel Disembodied Cuisine evoziert die Idee vom Labor als Küche, in der nichts programmiert ist, zwar nach Rezept probiert wird und wo auch mal etwas anbrennen kann. Genau genommen werden hier Skulpturen in Form von „Steaks“ produziert, konsumierbar und ephemer, und somit nicht als finale Kunst-Werke, sondern als Bestandteile eines performativen und narrativen Prozesses, der reale Akteure außerhalb des Museums- und Kunstbetriebs einbindet und sogar von den Teilnehmern die Bereitschaft zum Selbstexperiment mit ungewissem Ausgang verlangt.

Das Projekt wirkt aber auch konkret auf den wissenschaftlichen Kontext selbst zurück: Nachdem TC&A das Konzept von tissue-engineertem Fleischersatz früh publiziert hat, mag es für kommerzielle Firmen nun schwierig sein, aus später angemeldeten Patenten für „Tissue Engineered Meat“ Profit zu schlagen– die Künstler tragen damit zu einer offenen Nutzung des bestehenden Wissens bei. Inhaltlich ist Disembodied Cuisine Inkarnation der Speziesismus-Idee des australischen Philosophen Peter Singer, der die Diskriminierung aufgrund von Arten anprangert und damit die Artenschranken und den Humanismus als philosophisches Leitbild infrage stellt. Inspiriert ist dies von der bio-phänomenologischen Praxis des Co-Culturing von Zelleinheiten, bei denen Artengrenzen auf molekularbiologischer Ebene keine Rolle spielen.

Auch die Kerngedanken von Jacques Derridas dekonstruktivistischer Kritik am tradierten Humanismus sind hier reflektiert.(17) Die Venusfiguren im Aquarium stellen die Frage nach der Möglichkeit nicht-anthropozentrischer Kunst, so wie es viele Biokunst-Projekte thematisieren. Die runden Bildausschnitte auf den nur sporadisch stattfindenden Laborbetrieb im Iglu verhöhnen das gerahmte Bild stellvertretend für repräsentative Kunst, die Biotechnologie lediglich thematisch abbildet. Und: Die biotechnologischen Skulpturen verschwinden mit dem Barbecue, zurück bleiben – wie in der Bodyart – dokumentarische Spuren (das Video) und materielle Reste (die ausgespuckten „Steaks“), welche nun a posteriori das utopische und das dystopische Potenzial gegeneinander ausspielen.

Es leuchtet ein, dass hier ein an technischen Indizien ausgerichteter Medienbegriff nicht greift. Natürlich bedarf es einer größeren Trennschärfe, wenn es um das Verhältnis zwischen den gewählten Methoden und den Inhalten geht – nicht zuletzt deshalb, weil Künstler, welche Biotechnologie lediglich thematisch aus der Distanz beurteilen, mangels technischen Wissens möglicherweise irrelevante Fragen stellen. Irrelevant ist aber nicht nur, ob „Netzkunst, Computerkunst, Videokunst, Pigmentkunst, Ölkunst, Malereikunst, Bildhauereikunst Kunst ist oder nicht, sondern auch, wie die Herstellungstechnologien die physikalisch-chemischen, bio-technologischen, medial-prozeduralen Erzeugungs- und Fertigungsweisen das ermöglichen, verhindern, modifizieren und prägen, was im Blick einer Gesellschaft auf bestimmte Weisen und Gegenstände des Erzeugens ,Kunst‘ genannt wird. (…) Kunst im Brennpunkt der Mediatisierungen interessiert als spezifisch inspiriertes Vermögen der Verbindung von Vision, Wissen und alltäglicher Lebenswelt.“(18) Man könnte annehmen, Künstler gingen nun mit dem Argument ihres technologischen Vorsprungs hausieren.

Zentral taucht hier die immer wiederkehrende Frage auf, ob sie gemäß dem kognitivistischen Ansatz aktiv an der Wissensproduduktion mitzuwirken haben – oder ob ihre Rolle in der subversiven Hinterfragung aufkommender Konzepte und Dogmen liegt. Da überrascht die Bemerkung eines Bio-Künstlers der ersten Stunde, Joe Davis: „Eines Tages wird man es nicht mehr ,Biokunst‘ nennen – sondern einfach nur Kunst.“(19) Nicht zuletzt sind es avancierte Vertreter des Genre selbst, die das Stigma einer rein technologischen Definition ihrer hybriden Kunst gern ablegen würden.


(1) Cf. Reck, Hans Ulrich: Mythos Medien Kunst, Cologne, 2002
(2) Interest in acquiring lab skills to handle real “wet biology” is increasing exponentially-for example, 92 artists from all over the world applied for the 10 openings for participants in the most recent “Art & Biotechnology” workshop organized by SymbioticA and Artscatalyst last March in London.
(3) Cf. Thacker, Eugene & Natalie Jeremijenko: Creative Biotechnology. A User’s Manual. Newcastle, 2005.
(4) The case for media art is made in Blais, Joline & Jon Ippolito: “Looking for art in all the wrong places”. In: Takeover. Ars Electronica 2001. pp. 28 – 33.
(5) Cf. Hoppe-Sailer, Richard: “Bioplay. Medien – Simulationen – Natur?” In: Ingensiep, Hans Werner & Anne Eusterschulte (Eds.): Philosophie der natürlichen Mitwelt. Würzburg, 2002. pp. 257 – 272.
(6) For an elaboration of the explanatory model of cybernetic worldviews as general paradigm and ersatz for classical humanistic ideals, see Lafontaine, Céline: L’Empire Cybernétique. Des machines à penser à la pensée machine. Paris, 2004.
(7) The most prominent example of this confrontation of immaterial code and real, trans-genetic bacteria is certainly Genesis by Eduardo Kac. See Life Sciences, Ars Electronica 1999, pp. 310 – 311.
(8) Weibel, Peter: “Life—The unfinished Project”. In: Genetic Art – Artificial Life, Ars Electronica 1993, pp. 9 – 10.
(9) Kac, Eduardo. In: Leonardo Electronic Almanac, Vol. 6, No. 11, 1998.
(10) Cf. Hauser, Jens: “Gènes, génies, gênes”. In: Hauser (Ed.): L’art biotech’. Nantes/Trézélan, 2003. pp. 9 – 15. Published in German and English in: Larger than Life, EMAF, European Media Art Festival, Osnabrück, 2003. pp. 228 – 241.
(11) In A-positive (1997), Eduardo Kac had already created a situation in which the human body provides a robot with life-sustaining nutrients by actually donating blood to it; the biobot accepts the human blood and extracts enough oxygen from it to support a small and unstable flame, an archetypal symbol of life. In exchange, the biobot donates dextrose to the human bod, which accepts it intravenously.
(12) See Orlan in conversation with Hans Ulrich Obrist, in: Orlan. Paris, 2004. pp. 200 – 201.
(13) Kac, Eduardo. Introduction to the book Biotechnology, Art and Culture, M.I.T. Press (forthcoming in 2006).
(14) E.g. Thacker, Eugene: Biomedia. Minneapolis, 2004.
(15) Cf. Davis, Joe: “Romance, Supercodes and the Milky Way DNA”. In: Next Sex. Ars Electronica, 2000. pp. 217 – 235.
(16) “Disembodied Cuisine” was produced in conjunction with the L’Art Biotech’ exhibition in Nantes that presented the work of 11 bio-artists. See Catts, Oron, Ionat Zurr & Guy Ben-Ary: “Que/qui sont les êtres semi-vivants créés
par TC&A?” In: Hauser, op.cit., pp. 20 – 32. Published in German and English in: EMAF 2003, op.cit., pp. 242 – 248.
(17) Cf. Hauser: “Derrière L’Animal l’Homme? Altérité et parenté dans l’art biotech'”. In: Lafargue, Bernard: Figures
de l’Art, No. 8—Animaux d’Artistes. Pau, 2005. pp. 397 – 428.
(18) Reck, op.cit., pp. 20 & 93.
(19) “Larger than Li