Hertzblut—Pixelspaces 2005
'Pascal Maresch
Pascal Maresch
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'Daniela Kuka
Daniela Kuka
Bloßes Rechnen bringt weder Lust noch Schmerz hervor, weder Poesie, Schönheit, Zauber von Klängen, Hoffen, Lieben, Verzweifeln. Roger Penrose, Computerdenken – Des Kaisers neue Kleider, 1991
Hertzblut setzt im Rahmen der Pixelspaces-Konferenzreihe die Tradition fort, Motive aufzugreifen, die momentan von unterschiedlichsten Disziplinen thematisiert werden. Auf diese Weise werden aktuelle Fragestellungen aus verschiedenen Blickwinkeln eingekreist und in einen vielstimmigen Diskurs gebracht. Unter dem Titel Hertzblut verfolgt das Symposium Pixelspaces 2005 die Frage nach der Vereinbarkeit von Emotionen und (Computer-) Technik und dem emotionalen Rauschen während der Mensch-Maschine-Interaktion.
Die Annäherung an das Thema erfolgt dabei über zwei Schwerpunkte. Auf der einen Seite: Inwieweit sind Maschinen in der Lage, Emotionen zu verstehen, abzubilden oder Formen menschlicher Emotion zu verarbeiten? Auf der anderen: Inwieweit können Maschinen selbst Formen emotionaler Intelligenz ausbilden und den Nutzer in einen digital erzeugten emotionalen Prozess involvieren? Hierbei werden Fragen an der Schnittstelle von computertechnologischen Möglichkeiten und der Verarbeitung kultureller und psychologischer Muster aufgenommen. Die Grundlage bilden Präsentationen aktueller Forschungsansätze und medienkünstlerischer Projekte von Vertretern internationaler Forschungseinrichtungen und Medienlabore.
In den vergangenen Symposien wurden unter anderen bereits die Kunst, die Architektur und der menschliche Körper mit Computertechnik ins Verhältnis gebracht. Mit Hertzblut wird das Spektrum der Auseinandersetzung erneut auf Bereiche ausgeweitet, die sich im transdisziplinären Austausch als Impulsgeber für die praktische Arbeit mit digitalen Medien aktivieren lassen.
Aktuelle Erkenntnisse aus Neurobiologie und Emotionsforschung treffen mit Erfahrungen aus projektbasierten Anwendungen zusammen. In dieser Verschränkung von Expertenwissen, Kompetenzen und experimentellen Erfahrungen versucht Pixelspaces 2005 sich dem Ziel der digitalen Projektion von Emotionen zu nähern. Neben etablierten dramaturgischen Systemen zur Vermittlung von Emotionen in medialen Zusammenhängen werden also auch neue wissenschaftliche Ansätze zur Indizierung von emotionalem Empfinden und Verhalten angesprochen.
Vor allem neue dramaturgische Strukturen interaktiver Systeme und nichtlinearer Visualisierungen verlangen nach innovativen Methoden der Emotionsübertragung. Wie lassen sich emotionale Prozesse bewusst einsetzen und transportieren? Mit welchen künstlerischen und medientechnischen Werkzeugen und Verfahren können emotionale Rezeptoren stimuliert werden? Diese Aufgaben stellen sich vor allem hinsichtlich der intendierten Aktivierung von Identifikationsprozessen zwischen computertechnisch Erzeugtem und dem Individuum. Kann es hierfür überhaupt universelle Methoden oder Rezepte geben? Wenn ja, ließen sich darauf möglicherweise völlig neue Formate der medienkünstlerischen Erlebnisinszenierung aufbauen? Dabei können medientechnische und künstlerische Ansätze eine weitere Ausrichtung erfahren: emotionale Wirkung als Qualitätskriterium?
Aspekte techno-biologischer Interface-Gestaltungen werden einer neuen Betrachtung unterzogen. Nach Qualitäten von Human Computer Interfaces und Interaktionskonzepten zwischen technischen Objekten und organischen Körpern zu fragen, heißt dabei auch, sich mit multi-modalen Austauschprozessen zwischen Medium, Körper und Umwelt zu beschäftigen. Wenn sich die Wahrnehmungen von Körper und Umwelt zunehmend an medialen Oberflächen und Schnittstellen herausbilden, sind mediale Apparaturen kaum noch in einem rein technoiden Zusammenhang und damit als Objekte zu denken. Wenn medientheoretische Ansätze sich dahingehend entwickeln, Medien nicht mehr als Objekte und Entfremdungsmaschinerien zu betrachten, die künstliche Intelligenz in Konkurrenz zum Menschen stellen, ist es eine mögliche Alternative, sie – im Gegenteil – als produktive Verfahren der Welterzeugung zu akzeptieren.
Hertzblut sucht den Angelpunkt hier im Verhältnis zwischen rationalen Prozessen und dem hartnäckigen Mysterium der Emotion. Sind es nicht gerade die Emotionen, die eine tragende Funktion bei der Erzeugung von Weltwahrnehmung erfüllen? Spätestens dann müssen Gefühle beim optimalen Fitting von Struktur, Design und Inhalt der Medien mitgedacht werden, sodass an Denk- und Handlungsmuster aus der realen Welt erfolgreich angeknüpft werden kann.
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