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Medien Kunst Netz


'Dieter Daniels Dieter Daniels / 'Rudolf Frieling Rudolf Frieling

Die Vermittlungsparadoxie der Medienkunst liegt in der Tatsache begründet, dass die Medienkunst sich durch text- und printbasierte Darstellung nur unzureichend vermitteln lässt, da sie ohne die Erfahrung ihrer multimedialen Qualität kaum in ihrer Bedeutung zu erfassen ist. Doch der Ausstellungskatalog und das wissenschaftliche Buch sind nach wie vor die Standards setzenden Vermittlungsmedien der Kunst. Auf diese Situation reagiert die Onlineplattform Medien Kunst Netz. Ihr Gesamtziel besteht daher in der theoretisch und audiovisuell gleichermaßen schlüssigen Herstellung von gattungsübergreifenden Zusammenhängen mit einem historisch fundierten Verständnis aktueller Medienkunst-Tendenzen vor dem Hintergrund der künstlerischen und medientechnischen Entwicklung im Laufe des 20. Jahrhunderts. Dazu war es notwendig, neben einer kritischen Masse (über 1400 Werke von knapp 1000 KünstlerInnen) auch eine diskursive und themenorientierte Verknüpfung der Inhalte zu gewährleisten.

Vier Thesen zur Vermittlung von Medienkunst
Die Besonderheit der Medienkunstrezeption, die sowohl die unmittelbare Kenntnis der Kunstwerke als auch ihren technologischen und theoretischen Kontext betrifft, lässt sich pointiert in die folgenden Punkte zusammenfassen:
  • (1) Medienkunst muss multimedial vermittelt werden, um in ihren zeitbasierten, prozessualen und interaktiven Aspekten verständlich zu werden,

  • (2) Medienkunst braucht eine spezielle Theorie, die Kompetenzen aus der Kunsttheorie, der Medienwissenschaft und der Medientechnik verbindet,

  • (3) Die multimediale Darstellung und die spezielle Theorie bedingen sich wechselseitig, sie sollten miteinander in Beziehung stehen und auf einer gemeinsamen Plattform publiziert werden.
    Diesen drei Thesen lässt sich nun als Summe der Erfahrungen der letzten Jahre eine vierte hinzufügen:

  • (4) Kontexte können nur netzwerkartig hergestellt und präsentiert werden. Dies zeigen die insgesamt acht mit Partner Institutionen realisierten thematischen Module.


Themen – Module – Partner – Künstlerprojekte
Die Themenauswahl bezieht sich auf das gesamte Spektrum aktueller Diskurse bei den Verknüpfungen zwischen den Medien und Künsten. Konzipiert wurden diese Themen von einzelnen Kuratoren(teams) ganz unabhängig, um dann am ZKM in eine einheitliche Form der Onlinepublikation gebracht zu werden. Die Auswahl erfuhr eine kontinuierliche Modifikation durch das wachsende Interesse von Kuratoren, Wissenschaftlern und Institutionen, einen eigenen Beitrag für Medien Kunst Netz zu leisten, wobei wir die Möglichkeit begrüßt haben, auch jenseits der zentralen Felder der Medienkunst die Perspektive ebenfalls auf die Medien Film und Foto zu lenken. Neben dem einführenden Überblick in die historischen wie aktuellen Positionen und Kontexte der Medienkunst präsentieren wir die Themen: Bild und Ton (HGB Leipzig, Kurator Dieter Daniels), Cyborg Bodies (Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich, Kuratorin Yvonne Volkart), Ästhetik des Digitalen (MECAD Barcelona, Kuratorin Claudia Giannetti), Foto/Byte (HGB Leipzig, Kuratorin Susanne Holschbach), Generative Tools (IMG Mainz, Kuratoren Tjark Ihmels und Julia Riedel), Kunst und Kino (HfBK Dresden, Kurator Gregor Stemmrich), Mapping und Text (ZKM Karlsruhe, Kurator Rudolf Frieling), Public Sphere_s (ZKM Karlsruhe, Kurator Steve Dietz).

Neben dem kuratierten Kontext und einer datenbankbasierten Suchmaschine ist ein weiteres Kennzeichen des Projekts die Kontextualisierung von Themen durch den künstlerischen Zugang. In Ergänzung zu der Contentaufbereitung werden KünstlerInnen die Themen des Projekts durch speziell entwickelte Netzarbeiten reflektieren mit Arbeiten von Sven Bauer, Blank & Jeron, Ismael Celis, Andreja Kuluncic, Ivan Marino, Daniela Alina Plewe und Warren Sack.

Diskursive Verknüpfungen – Web/Buch
Multiperspektivität heißt für uns auch, zwei Medien miteinander zu koppeln: Die zentralen theoretischen Textbeiträge liegen sowohl online wie auch in Buchform vor (siehe Medienkunst im Überblick, Band 1, Wien / New York 2004, und Thematische Schwerpunkte, Band 2, Wien / New York 2005). Die Inhalte stellen sich im Netz anders dar als im Buch und werden z. B. online durch die verlinkten Werkdarstellungen und Quellentexte ergänzt.

Damit ist eine parallele Lektüre von Buch und Web angelegt, die zugleich eine ganz neue Art des Schreibens ermöglichte, indem hier auf ausführliche Werkbeschreibungen und Zitate verzichtet wird, da diese immer auf der zweiten Ebene im Netz zur Verfügung stehen. Das Buch zum Netz erreicht somit auch den klassischen Leser, weist ihn aber durch Softlinks auf die zweite Ebene im Netz hin. Umgekehrt ist das Rezeptionsverhalten einer jungen Generation, nennen wir sie „Generation Google“, dabei sich von der Dominanz des Buchs als Leitmedium zu verabschieden, so dass Inhalte, die nicht im Netz verfügbar sind, gar nicht mehr oder nur widerstrebend wahrgenommen werden. Wir sehen stattdessen eher die Notwendigkeit, diese Qualitätsstandards neu und Medien übergreifend zu fassen, so dass Netz- und Buchkultur ihre Potentiale verbinden, statt sich wechselseitig auszuschließen.

Medien Kunst Netz wurde realisiert im Auftrag von ZKM Karlsruhe und Goethe-Institut München, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und in Kooperation mit der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig.