HAVIDOL™
'Justine Cooper
Justine Cooper
Jeder sollte sein Leben in vollen Zügen genießen können. Ich war immer der Meinung, dass ich das tat. Ich hatte Vertrauen in mich und meine Beziehungen. Ich trieb regelmäßig Sport. Ich hatte einen gesunden Schlaf und wachte jeden Morgen frisch auf, bereit für einen neuen Tag. Jetzt weiß ich, dass ich an einer behandelbaren Krankheit litt …
1997 wurde das Bewerben von verschreibungspflichtigen Medikamenten gesetzlich erlaubt. Seither werden immer mehr rezeptpflichtige Pillen entwickelt und verkauft, die eher Lifestyleverbessernd als lebensrettend sind. Als Reaktion auf die Marketing- und Werbetricks der Pharmakonzerne hat Cooper eine fiktive Marketingkampagne für die Einführung ihres Lifestyle-Wundermittels HAVIDOL™ entwickelt, das zur Behandlung von sozio-dysphorischer Aufmerksamkeit- Konsum-Defizit-Angststörung eingesetzt wird.
HAVIDOL™ wirkt beängstigend real. Die Parodie zeigt reale Möglichkeiten auf, indem Cooper den gesamten Marketingprozess für Pillen nachstellt – von der Erfindung einer neuen Krankheit (wobei zuerst ein Bedarf erkannt und dann die Angststörung beschrieben wird) über den Branding- Prozess, der die Namensgebung für das Medikament, Gestaltung von Logo und Tablette, Promotionware umfasst, bis hin zur Gestaltung der Website, der TV- und Printwerbung.
HAVIDOL™ spielt mit unserem kollektiven Wunsch und der Erwartung, dass es immer noch ein bisschen besser geht, während wir uns über uns selbst lustig machen und gleichzeitig überlegen, wie wir an ein Rezept herankommen. Die Marketingbotschaft redet uns ein, dass wir nie gut genug sind, nie genug besitzen. Sind wir eine Gesellschaft von Hypochondern oder treiben uns Biologie und Gene dazu, unseresgleichen und unser früheres Selbst stets übertrumpfen zu müssen? Das Projekt kommentiert unsere heikle Beziehung zur westlichen Medizin, die auf der Vorstellung eines gestörten Körpers oder Verstands fußt, und unsere Sehnsucht nach Rettung vor den Bedrohungen des Alltags.
HAVIDOL™ ist eine gelungene Parodie auf eine neue Form des Goldrauschs, die von einer neuen Ära kündet, in der Pharmafirmen nach Psychopharmaka für eine Öffentlichkeit schürfen, die bereit ist, für den neuen amerikanischen Traum fast alles zu schlucken: für ein Leben ohne Schmerz im Kommerz.
Aus dem Englischen von Michael Kaufmann
Kindly supported by: New York State Council for the Arts, Greenwall Foundation, and Lower Manhattan Cultural Council; Australian Government through the Australia Council, its arts funding and advisory body; by the Visual Arts and Craft Strategy, an initiative of the Australian State and Territory Governments;Novamedia,Australia and Daneyal Mahmood Gallery, New York.
TV ads—Animator: Kuni Chang; Editor: Faisal Azam; Sound: John Plenge; Just What I Needed vocals and re-record: Tammy Brennan; Camera: Nicoykatiushka; Actors: Claire Byrne, Romain Fruge; Models: Zuzana Reidlova, Luca Faletti; Voiceover: Gary Kahn, Candice Holdorf; Hair + Makeup: Martina Schula, Mariana Garayo.
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