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Ars Electronica 2007
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Festival 1979-2007
 

 

more than memories
Opening Event Ars Electronica 2007



Stellen Sie sich doch folgende Situation vor: Sie wandeln durch einen wunderschönen Garten, umgeben von mehr oder weniger exotischen Pflanzen, die Ihnen einen Weg durch ein grünes Meer aus pflanzlichen Lebewesen freigeben. Die Formenvielfalt der Pflanzen ist mindestens so groß wie die der Gerüche, die Ihnen beim Wandeln durch den Garten begegnen. Und zusätzlich wird die visuelle Pracht des Gartens unterstützt durch das Gezwitscher unterschiedlichster Vogelarten. Etwas jedoch ist anders. Es sind nicht nur die Laute der Tiere, die Ihre Aufmerksamkeit erregen. Sie vernehmen auch menschliche Stimmen. Stimmen, die Geschichten erzählen. Geschichten, die nicht erzählt werden durften ...

Vor etwas mehr als 70 Jahren – im Mai und Juni 1933 – wurden im nationalsozialistischen Deutschland von der deutschen Studentenschaft Bücherverbrennungen im großen Stil als „Aktion wider den undeutschen Geist“ ritualisiert und demonstrativ öffentlich durchgeführt. Bis heute ist die Zerstörung von Büchern ein mehr als nur symbolischer Akt der Ablehnung von ideologisch nicht konformen Inhalten.

Die Freiheit der Kunst wird nach wie vor bedroht, es wird zensuriert und kontrolliert, nur dass es sich heute weniger um Bücher und Schriften handelt, sondern vermehrt um digitale Aufzeichnungen. Auch passieren diese Mechanismen der Vereinnahmung und Kontrolle von künstlerischen Äußerungen heutzutage mehr oder weniger im Stillen. Kaum jemand weiß, wer genau die Drahtzieher hinter diesen Aktionen sind. Regierungen verneinen gar die Existenz der Zensur, der Einschränkung der Meinungsfreiheit oder der Kontrolle über künstlerische Äußerungen.

Wie steht es also mit dem Grundrecht der Freiheit der Kunst im digitalen Zeitalter?

Die Eröffnungsveranstaltung, die im Botanischen Garten Linz und dem sogenannten Aktienkeller1 stattfindet – zwei Orte, die zur Zeit des NS-Regimes als Nebenlager Linz II zum nahe liegenden Konzentrationslager Mauthausen geführt wurden – wirft mit künstlerischen Mitteln diese Fragestellung auf, mit ganz individuellen Gedanken-, Bild- und Klangwelten von internationalen Kunstschaffenden zum Thema Erinnerungen.

Die Freiheit der Kunst ist ein Grundrecht. Nur dort, wo ein kreativer Diskurs sich frei entfalten kann, kann auch eine humanere Gesellschaft entstehen, nur dort, wo uneingeschränkt und ungehindert Geschichten erzählt und gehört werden können.

Text: Manuela Pfaffenberger

Supported by Stadtgärten Linz/Abt. Botanischer Garten und Naturkundliche Station, ELAG Immoblien AG and ELAG Liegenschaftsentwicklungs GmbH and AREV Immoblien GmbH, Linz AG

“Pick up a stone and carry it to the room with the numbered parquet floor.” In January 2000, many visitors to the “...more than half a century ago”exhibition in Linz’s Landesmuseum – Museum of the Province of Upper Austria complied with this request. They each picked up one of the granite stones lying in the museum’s garden in commemoration of the victims of the Mauthausen concentration camp and carried it to a numbered spot on the parquet floor in one of the rooms. The result over the course of the exhibition was a stone-strewn field of remembrance inside the museum. After the exhibition closed, these stones were moved to the Botanical Garden, where they now lie directly above the air-raid shelter. The ventilation shafts lead up to this place that recalls what happened ... more than half a century ago ...