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Ars Electronica 2008
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Festival 1979-2007
 

 

Die Landstraße, wo jeder geht




„Eigentum ist Diebstahl“, „la propriété c’est le vol“, behauptete Pierre-Joseph Proudhon in seiner Schrift zur Frage „Qu’est ce que la propriété? Ou recherches sur le principe du droit et du gouvernement“ von 1840.(1) Der Satz ist berühmt geworden, vielleicht auch, weil er auf denersten Blick wie eine Tautologie wirkt. Er scheint zu besagen: Der Begriff des Diebstahls istabhängig vom Begriff des Eigentums; denn nur wo es Besitz gibt, kann gestohlen werden. Vordergründig ist die These trivial; ihre scheinbare Trivialität lässt sich aber leicht erschüttern,sobald die Reihenfolge umgekehrt wird. Der Begriff des Eigentums ist auch abhängig vomBegriff des Diebstahls. Anders gesagt: Die Evidenz von Diebstählen vermag rechtlich relevante Formen des Eigentums zu erzeugen. Ein Beispiel aus der Gattungsgeschichte: Jäger und Sammlerinnen kannten faktisch kein Eigentum. Als einige Menschengruppen – vor mehr als zehntausend Jahren – begannen, die ersten Städte zu gründen, Boden zu bewässern und Getreide anzubauen, stießen sie häufig auf Widerstand. Wieso sollte jemand Landfrüchte besitzen? Nach prähistorischer Logik gehören der Boden und seine Erträge allen Lebewesen, nicht nur den Menschen, sondern auch den Tieren. Dennoch muss den ersten Bauern die gewaltsame Aneignungihrer Ernten wie Diebstahl vorgekommen sein: ein Diebstahl, den sie mit allen Mitteln verhindern wollten. Sie nahmen folglich den Boden in Besitz, erklärten ihn zu ihrem Eigentum. Der Konflikt hat sich später fortgesetzt, etwa in Gestalt der Forderung, dass der Boden den Menschen gehören muss, die ihn bearbeiten, oder in Kants Unterscheidung zwischen Besitz und Sitz:„Alle Menschen sind ursprünglich (d. i. vor allem rechtlichem Akt der Willkür) im rechtmäßigenBesitz des Bodens, d. i. sie haben ein Recht, da zu sein, wohin sie die Natur, oder der Zufall (ohneihren Willen) gesetzt hat. Dieser Besitz (possessio), der vom Sitz (sedes), als einem willkürlichen,mithin erworbenen, dauernden Besitz unterschieden ist, ist ein gemeinsamer Besitz, wegen der Einheit aller Plätze auf der Erdfläche, als Kugelfläche.“(1) Was Kant hier (mit gebotener Vorsicht)zur Darstellung bringt, könnte als ein erstes Kapitel der langen Erfolgsgeschichte des Stehlensgewürdigt werden: Exklusiver und dauerhafter Bodenbesitz verdankt sich ursprünglich stets einem willkürlichen, oft auch gewaltsamen Akt der Besetzung; in verschiedenen Kriegen wurden diese Akte mehrfach wiederholt. Recht entspringt buchstäblich einer Setzung, einer „Niederlassung“ als „Gesetz“; mit solchen und ähnlichen Argumenten konnten auch – seit Herbst 1970 – „Hausbesetzungen“ oder „Instandbesetzungen“ begründet werden. Nicht wenige „Hausbesetzungen“ wurden inzwischen vertraglich legalisiert; in manchen Ländern Europas – etwa in den Niederlanden – war die Besetzung leerstehender Gebäude ohnehin nicht verboten, sobald ein Bett, ein Tisch und ein Stuhl die Bewohnung des Raums bezeugten. Pointiert gesagt: Zuerst kam der Diebstahl, danach das Eigentum. Diese Reihenfolge kennzeichnete auch die Geschichte des Urheberrechts. Noch vor dem Autor entstand das Plagiat. Die Anerkennung von Urheberrechten verdankte sich der allmählichen Verschränkung von zwei gegenläufigen Prozessen: einerseits der Erzeugung von Autorenpersönlichkeiten, andererseits der Herausbildung eines lese- und schreibfähigen, kauf- und rezeptionswilligen Publikums. Der Philosoph Ernest Gellner hat häufig hervorgehoben, dass die Entwicklung der modernen Gesellschaften und ihrer Integrationspotenziale – von der Gründung der Nationalstaaten im 19. Jahrhundert bis zur aktuellen Globalisierungsdynamik – nicht nur von ökonomischen Voraussetzungen, sondern auch vom Erfolg der Pädagogik und der Alphabetisierung abhing. Zwischen dem Ende des 18. und dem Beginn des 19. Jahrhunderts wurde die Notwendigkeit eines Urheberrechts mit verschiedenen Argumenten vertreten. Kant leitete beispielsweise die Illegitimität des Büchernachdrucks aus dem Persönlichkeitsrecht der freien Rede ab: „Ein Buch ist eine Schrift (ob mit der Feder oder durch Typen, auf wenig oder viel Blättern verzeichnet, ist hier gleichgültig), welche eine Rede vorstellt, die jemand durch sichtbare Sprachzeichen an das Publikum hält. – Der, welcher zu diesem in seinem eigenen Namen spricht, heißt der Schriftsteller (autor). Der, welcher durch eine Schrift im Namen eines anderen (des Autors) öffentlich redet, ist der Verleger.“(3) Das Argument war glasklar: Hat der Verleger die Erlaubnis, ein Mandat des Autors, so handelt er rechtmäßig; hat er jedoch keine Erlaubnis, so operiert er als „Nachdrucker“. Dennoch blieb die Ableitung von der Rede prekär; sie konnte nämlich auch zur Verteidigung der Nachdruckfreiheit verwendet werden. 1792betonte Adolph Freiherr von Knigge:„Drucken ist nichts mehr als öffentlich nacherzählen. Öffentlich nacherzählen darf ich alles, was öffentlich ist gesagt worden.“(4) Schriftstellerei sei einfach „öffentliche Mitteilung der Gedanken; gedruckte Unterhaltung; laute Rede, an Jeden im Publico gerichtet, der sie hören will; Gespräch mit der Lesewelt.“(5) Schon aufgrund dieser Ambiguität wurde die persönlichkeitsrechtliche Argumentation (die noch Hegel vertrat) spätestens ab 1830 durch eine eigentumsrechtliche und arbeitstheoretische Konzeption(bei der es um die Übertragung der Arbeitstheorie auf die „geistige Arbeit“ ging) ersetzt. Friedrich Julius Stahl, Inhaber einer rechtsphilosophischen Professur ab 1840 an der Berliner Universität (als Nachfolger des Hegel-Schülers Eduard Gans), behauptete, das Eigentum sei eben nichtprimär Teil der Person, sondern vielmehr der „Stoff für die Offenbarung der Individualität des Menschen“. Zu dieser Individualität gehöre aber auch Begabung und Arbeit: „Der eine ist rührig, der Andere träge, der sammelt, jener zehrt auf. Der eine ist ein tüchtiger Jäger, Fischer, Hirte, Ackermann, Gewerbmann, der Andere treibt eben das ohne Gabe.“(6) Person oder Sache? Autor oder Werk? Für die Vorstellung des „geistigen Eigentums“ war eine Rechtsposition maßgeblich, die sich auf eine Materialisierung konzentrieren konnte, auf eine„Sache“, die dem „geistigen Eigentum“ Dauer verleiht, sofern sie auch durch einen Eigentümerwechsel – beispielsweise in dem Augenblick, in dem der Autor sein Buch an einen Verlag verkauft – erhalten bleibt. Mit diesem Argument ließ sich zwar der Nachdruck verbieten, nicht aber die veränderte Übernahme, etwa die Herstellung eines Klavierauszugs von einer Oper, einer Übersetzung oder einer didaktischen „Volksausgabe“ (etwa eines philosophischen Werks wie der „Kritik der reinen Vernunft“). Aus diesem Grund postulierte Fichte einen Begriff der „Form“, an der jeder Autor ein unveräußerliches Eigentumsrecht haben sollte; Leopold August Warnkönig wiederum entwickelte 1839 in seiner „Rechtsphilosophie“ das Modell des „Werks“ als einer „unkörperlichen“, gleichsam immateriellen „Sache“. Dabei argumentierte er erstmals nicht mehr mit Persönlichkeits- oder Eigentumsrechten, sondern – ganz modern – mit wirtschaftlicher Verwertbarkeit: „Bei einem literarisch gebildeten Volke hat ein Geisteswerk einen pecuniären Wert ,indem die Möglichkeit, dasselbe zu kennen, also die, das Buch zu lesen, für Geld erworben zuwerden pflegt. Der Autor besitzt also in seinem Werke eine produktiv unkörperliche Sache, ein Mittel, Geld zu erwerben, dessen Gebrauch von seiner Willkür abhängt.“(7) Die Bindung an den Autor oder an einen materiellen Träger trat zurück hinter ein Kriterium der ökonomischen Wertschöpfung. Die Debatten der Rechtswissenschaft begünstigten einen bemerkenswerten Abstraktionsprozess, der einerseits den Geniekult, vielleicht sogar die Entstehung einer Art von „Geniereligion“(8) ermöglichte, andererseits aber zu einer Produktions- und Werkästhetik beitrug, die von der Bindung an ein Autorenindividuum (im Sinne persönlichkeitsrechtlicher Ansätze) ebenso absehen konnte wie von der Bindung an Dinge, Bücher oder Partituren (im Sinne eigentumsrechtlicher Modelle). Das Imaginäre des Werks korrespondierte seither dem Imaginären des schöpferischen Geistes, des „Genius“, der freilich nicht mehr als „Schutzgeist“ (wie bei den Römern) oder als kontingente „Inspiration“ (wie noch in der Renaissance), sondern als juristische Abstraktion triumphierte. Das Gewicht dieses Imaginären hat sich im Kontext der reproduktions- und medientechnischen Innovationen in den letzten hundertfünfzig Jahren außerordentlich erhöht. Fotografie, Film, Tonaufzeichnungs-und Computersysteme ließen die Produktionskriterien (etwa der geschützten freien Rede) ebenso deutlich in den Hintergrundtreten wie die Berufung auf eine residuale Materialität der Werke. Auf paradoxe Weise hat demnach die Mediengeschichte den Ausdifferenzierungsprozess des Urheberrechts (und seiner Abstraktionspotenziale) eher gefördert als behindert. Anders gesagt: Diebstahl erzeugt Eigentum. Die Relevanz dieser Beobachtung lässt sich etwa an der Geschichte des Films nachvollziehen; denn der Film begann, als hätte es niemals irgendwelche Arten von Urheberrecht gegeben. Produzenten und Studios engagierten ihre Regisseure wie vormals die Fürsten ihre Hofmaler oder Musiker. Die Filme gehörten den Geldgebern; oft wurden sie zensuriert, nachträglich neu geschnitten, gekürzt und manchmal regelrecht verstümmelt. Im Gespräch mit Peter Bogdanovich erzählte Fritz Lang, wie er sich einmal einen Film mit dem Titel„Dillinger“, den er im Kino verpasst hatte, einige Jahre später im Studio vorführen ließ. „Ich sah mir also diesen Film an und dachte beim Zuschauen: ,Mensch, das hast du doch schon mal irgendwo gesehen – nein, unmöglich.‘ Der Film lief weiter, und wieder sah ich etwas, das mir bekannt vorkam. ,Moment mal, das kenne ich doch …‘ Dann folgte eine ganze Sequenz, ein-, zweihundert Filmmeter, und plötzlich war mir klar: ,Das stammt aus einem meiner Filme!‘ In You Only Live Once gibt es einen Banküberfall, bei dem die Räuber Tränengas benutzen und Gasmaskentragen, so dass man die Schauspieler nicht erkennt. Die Produzenten von Dillinger hatten Walter Wanger diese gesamte Sequenz abgekauft und sie einfach in ihren eigenen Film eingebaut. […]Auf diese Szene wurde in den Besprechungen immer wieder eingegangen, aber in keiner wurde auch nur erwähnt, dass sie von mir stammte.“(9) Lang resümiert, es gebe eben „kein Urheberrecht für Regisseure“(10); davon waren selbst prominente, anerkannte Regisseure wie Orson Welles (bei Touch of Evil von 1958) oder Alfred Hitchcockbetroffen, der die vielleicht berühmteste Szene der Filmgeschichte – den Duschmord in Psycho (1960) – mehrfach gegen das Hays Office, die Zensurbehörde Hollywoods, verteidigen musste. Fast zwanzig Jahre früher, nach den Dreharbeiten von Suspicion (1941), hatte Hitchcock noch Glück, dass er nur ein neues Ende für den Film drehen musste. Als der Film nämlich fertiggeschnitten war, fuhr er für zwei Wochen an die Ostküste; nach seiner Rückkehr erlebte er jedoch eine „große Überraschung“. Denn ein „Produzent von der RKO hatte sich den Film vorführen lassen und gefunden, dass viele Szenen den Eindruck vermitteln, Cary Grant sei ein Mörder. Daraufhin hatte er all diese Hinweise rausschneiden lassen, und der Film dauerte nur noch 55 Minuten.“(11) Wohl aufgrund solcher Erfahrungen erkämpfte Hitchcock in den folgenden Jahrzehnten eine immer engere Assoziation seiner Filme mit seinem Namen als Regisseur, Urheber undAutor: Kein Filmtitel kam mehr aus ohne das Präfix „Alfred Hitchcock’s“ oder „Alfred Hitchcock presents“. Mit solchen Strategien avancierte Hitchcock zum wichtigsten Vorläufer des Autorenfilms, was auch zu seiner eminenten Bedeutung für die französische Nouvelle Vague – Claude Chabrol, Eric Rohmer, Jean-Luc Godard oder François Truffaut – beigetragen hat. Den Konflikt zwischen Studio- und Autorenfilm hat Jean-Luc Godard in seiner Verfilmung eines Romans von Alberto Moravia – Il Disprezzo von 1954 – facettenreich porträtiert. In Le Mépris (1963) geht es von Anfang an nicht nur um die großen Themen der Künste: Liebe, Treue, Verrat und eine Dreiecksbeziehung zwischen zwei Männern und einer Frau, sondern auch um den Film. Paul (Michel Piccoli) verrät seine Frau Camille, gespielt von der unvergleichlichen Brigitte Bardot, an den US-amerikanischen Filmproduzenten Jeremy Prokosch, verkörpert von Jack Palance; zugleich verrät er Fritz Lang, der in seinem letzten Film geehrt wurde als der gebildete Künstler und sympathische Gegenspieler des arroganten Geldgebers aus Kalifornien. Der emigrierte Regisseur spielte in Godards Film sich selbst: einen Regisseur namens Fritz Lang, der einen Filmdrehen will über die Heimkehr des Odysseus nach Ithaka. Lang selbst ist freilich niemals zurückgekommen. Vor der Hitler-Diktatur – konkret: dem Angebot des Propagandaministers, die Leitung der UFA zu übernehmen – war er geflohen; in Hollywood hatte er einen anderen Faschismus kennen gelernt, den Faschismus des Finanzkapitals: „Wenn ich das Wort Kultur höre, zücke ich mein Scheckbuch“, sagt Prokosch, in Abwandlung des bekannten Ausspruchs von Joseph Goebbels (der seinerseits einen Satz aus Hanns Johsts Drama Schlageter von 1932 zitierte): „Wenn ich das Wort Kultur höre, entsichere ich meinen Revolver.“ Auch für die Filmgeschichte gilt, dass eine präzisere Regelung von Urheberrechten im Autorenkino antizipiert wurde von zahllosen Diebstählen, Eingriffen oder Plagiaten: Erst wurde gewildert und gestohlen (auch mithilfe des Scheckbuchs), danach zum Eigentum erklärt. Zwei Erfolgsgeschichten des Stehlens könnten einander demnach gegenübergestellt werden: eine erste Erfolgsgeschichte kreist um den Dieb, der stiehlt und doch nicht stiehlt, eine zweite Erfolgsgeschichte kreist um den Eigentümer, der allmählich ein materielles oder geistiges Gut neu anzueignen und zu besitzen lernt. Dieselbe Dynamik kann in den Plagiatsdebatten des Internet-Zeitalters beobachtet werden. Denn einerseits war es noch nie so leicht, einen passenden Text (oderein Bild) zu finden und – copy & paste – in die eigene Arbeit zu integrieren; andererseits war es auch noch nie so leicht, mit exakt denselben Techniken ein Plagiat aufzuspüren und zu inkriminieren. Noch nie zuvor in der Kulturgeschichte konnten so viele kulturelle Materialisationen so rasch in Besitz genommen werden; noch nie zuvor in der Kulturgeschichte gab es aber so viel reklamierbares geistiges Eigentum wie heute. Und die Liste der Paradoxien lässt sich mühelos verlängern: Noch nie zuvor konnten so viele Autoren um die legitimen Einkünfte aus ihrer Arbeitbetrogen werden; noch nie zuvor konnten so viele Autoren so viel Geld mit ihrer Arbeit verdienen. Wie man es auch drehen und wenden mag: Diebstahl generiert Eigentum. Dabei wird manchmal eine Grenze erreicht oder sogar überschritten, die mit der Frage identifiziert werden kann, was sich überhaupt besitzen lassen darf; diese Grenze wurde ja bereits mit der Differenz zwischen possessio und sedes kurz angesprochen. Im Kontext europäischer Rechtssprechung zum Musterschutz wurde etwa – seit Beginn der 1990er Jahre – die Besetzbarkeit von Farben, Formen oder Symbolen heftig und kontrovers diskutiert. Wann darf ein Unternehmen, das einen bestimmten Farbwert als Markenzeichen verwendet, diesen Farbwert so mit sich identifizieren und als „geistiges Eigentum“ schützen, dass dessen Verwendung einem anderen Unternehmen faktisch verboten werden kann? Gelb waren nicht erst die Briefkästen, sondern schon die Kutschen der Fürsten zu Thurn und Taxis, Erfinder frühneuzeitlicher Postsysteme; seit vielen Jahren gehört die lilafarbene Milka-Kuh dem Konzern Suchard/Kraft Foods. Wer darf noch mit dem Farbton Magenta werben, ohne der Deutschen Telekom Konkurrenz zu machen (und sich eine kostspielige Unterlassungsklage einzuhandeln)? Welche Art des Eigentums an Kommunikationsmitteln – von Computer-Betriebssystemen bis zu Handy-Frequenzen – ist sinnvoll und möglich? Wie viel Natur – beispielsweise bestimmte Gensequenzen – darf patentiert werden? Wie viel pharmazeutisches Wissen – etwa zur Bekämpfung lebensgefährlicher Krankheiten – darf exklusiv geheim gehalten werden? Was darf mir nicht gehören? Spätestens an dieser Stelle klingen die kleinen Erfolgsgeschichten des Stehlens nicht mehr ganz so lustig. Ein bekanntes Beispiel betrifft die heute weltberühmten Begründer von Microsoft und Apple – und die Firma Xerox. Zu Beginn der 1970er Jahre verlor Xerox – damals geradezu ein Synonym für die Technologie der Fotokopie – den Patentschutz. Um neue Erfindungen zu ermöglichen, wurde Xerox PARC, das Palo Alto Research Center, gegründet. In diesem legendären Forschungszentrum entstanden Laserdrucker und Ethernet, die computergestützte Videobearbeitung, Computerspiele, Programmiersprachen (etwa ein Vorläufer von PostScript) und das erste Konzept des Laptops. In PARC wurde die erste grafische Benutzeroberfläche entwickelt und ein Textverarbeitungssystem namens Xerox Star. Dennoch kam keine einzige Erfindung – mit Ausnahme des Laserdruckers – erfolgreich auf den Markt; prominente PARC-Wissenschaftler wie Robert Metcalfe oder John Warnock verließen das Zentrum und gründeten eigene Firmen, um ihre Forschungen kommerziell nutzen zu können. PARC praktizierte dagegen eine Politik der offenen Türen, selbst in den eigenen Entwicklungsabteilungen; Steve Jobs und Bill Gates sollen dort den Xerox Star angesehen haben; was sie daraus gemacht haben, ist bekannt. PARC verkörperte das Prinzip, das Hegel in seiner Rechtsphilosophie mit folgenden Worten ausgedrückt hatte:„Das Vernünftige ist die Landstraße, wo jeder geht, wo niemand sich auszeichnet.“(12)




(1) Cf. Pierre Joseph Proudhon: Was ist das Eigentum? Erste Denkschrift. Untersuchungen über den Ursprung und dieGrundlagen des Rechts und der Herrschaft. Translated from French by Alfons Fedor Cohn. Berlin: Bernhard Zack 1896.zurück

(2) Immanuel Kant: “Die Metaphysik der Sitten” [AB 84f.]. (The Metaphysics of Morals) In: Werkausgabe Vol. VIII. Published by Wilhelm Weischedel. Frankfurt am Main: Suhrkampzurück

(3) 1978. Seite 373.zurück

(4) Ibid. [AB 127 ]. p. 404.zurück

(5) Adolph Freiherr von Knigge: Ueber den Bücher-Nachdruck. (On the Reprinting of Books) An den Herrn Johann
Gottwerth Mueller, Doctor der Weltweisheit in Itzehoe*.
Hamburg: Hoffmann 1792. Cited in: Friedemann Kawohl: Urheberrecht der Musik in Preußen (1820 – 1840). [Quellen und Abhandlungen zur Geschichte des Musikverlagswesens. Vol. 2]. Tutzing: Hans Schneider 2002. p. 75.zurück

(5) Adolph Freiherr von Knigge: Ueber Schriftsteller und Schriftstellerey (Of Writers and Writing). Hannover: Christian Ritscher 1793. Cited in: Heinrich Bosse: Autorschaft ist Werkherrschaft. Über die Entstehung des Urheberrechts aus dem Geist der Goethezeit. Paderborn/Munich/Vienna/Zurich: Ferdinand Schöningh 1981. pp. 17 f. zurück

(6) Friedrich Julius Stahl: Die Philosophie des Rechts. Vol. 2, Part 1, Book 3: Das Privatrecht. Tübingen: Mohr 1878. Cited in: Friedemann Kawohl: Urheberrecht der Musik in Preußen (1820 – 1840). p. 79. zurück

(7) Leopold August Warnkönig: Rechtsphilosophie als Naturlehre des Rechts. Freiburg im Breisgau: Wagner 1839. Cited in: Friedemann Kawohl: Urheberrecht der Musik in Preußen (1820 – 1840). p. 99. 8 Cf. Edgar Zilsel: Die Geniereligion. Ein kritischer Versuch über das moderne Persönlichkeitsideal mit einer historischen Begründung. Vienna/Leipzig: Wilhelm Braumüller 1918. zurück

(8) Cf. Edgar Zilsel: Die Geniereligion. Ein kritischer Versuch über das moderne Persönlichkeitsideal mit einer historischen Begründung. Vienna/Leipzig: Wilhelm Braumüller 1918. zurück

(9) Peter Bogdanovich: Wer hat denn den gedreht? (Who The Devil Made It: Conversations with Legendary FilmDirectors) Translated from English by Daniel Amman, Jürgen Bürger, Ruth Keen, Kathrin Razum, Martin Richterand Thomas Stegers. Zurich: Haffmans 2000. p. 270zurück

(10) Ibid., p. 257. zurück

(11) François Truffaut: Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht? Translated by Frieda Grafe and Enno Patalas. Munich: Wilhelm Heyne 2003. p. 132.zurück

(12) Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Grundlinien der Philosophie des Rechts oder Naturrecht und Staatsrecht im Grundrisse. (“Elements of the Philosophy of Right„) Mit Hegels eigenhändigen Notizen und den mündlichenZusätzen. Theorie Werkausgabe. Published by Eva Moldenhauer and Karl Markus Michel. Vol. VII. Frankfurt amMain: Suhrkamp 1970.p. 67. zurück