www.aec.at  
Ars Electronica 2001
Festival-Website 2001
Back to:
Festival 1979-2007
 

 

Get in Touch
Tangible Bits: Bridging Digital and Physical

'Hiroshi Ishii Hiroshi Ishii

An der Küste zwischen dem Land der Atome und dem Meer der Bits stehen wir heute vor der Herausforderung, unsere duale Zugehörigkeit zur physischen und digitalen Welt miteinander zu versöhnen. Unsere Fenster in die digitale Welt sind auf flache, rechteckige Bildschirme und auf Bildpunkte, „gemalte Bits“, beschränkt. Während unser Sehsinn ins Meer der digitalen Information eintaucht, bleibt der Körper in der physischen Welt. „Tangible Bits“ verleihen digitaler Information physische Gestalt, machen somit Bits direkt manipulier- und wahrnehmbar. „Tangible Bits“ betreibt die nahtlose Verschmelzung der beiden grundverschiedenen Welten von Bits und Atomen und verwischt dabei die Grenze zwischen Wissenschaft/Technik und Kunst/ Design.

VON DER GRAFISCHEN ZUR BERÜHRBAREN BENUTZEROBERFLÄCHE
Die Menschen haben hoch differenzierte Fähigkeiten zur Wahrnehmung und Manipulation ihrer physischen Umgebung entwickelt. Doch in der Interaktion mit der digitalen Welt bleiben die meisten dieser Fertigkeiten heute ungenutzt. Die Interaktion mit digitaler Information ist derzeit großteils auf die Dialogfenster grafischer Benutzeroberflächen (Graphical User Interfaces, GUIs) beschränkt. Eine Vielzahl allgegenwärtiger GUI-Geräte wie PCs, Taschencomputer und Mobiltelefone sind Teil unserer Umwelt geworden. Die grafische Benutzeroberfläche bildet Informationen (Bits) als Bildpunkte auf einer Rasteranzeige ab. Diese grafischen Darstellungen werden über generische Fernbedienungsgeräte (Maus oder Tastatur) manipuliert. Grafische Benutzeroberflächen entkoppeln die Darstellung von der Steuerung. So kann der Benutzer eine Vielzahl an Medien grafisch steuern und darstellen. Durch die grafische Darstellung und die typische spontane „Point and click“-Interaktion stellt die grafische Benutzeroberfläche eine wesentliche Verbesserung gegenüber ihrer Vorgängerin, der Befehlszeilenoberfläche (Character User Interface, CUI) dar, bei der sich die BenutzerInnen Befehle merken und diese eintippen mussten („remember and type“). Trotzdem steht die Interaktion mit Bildpunkten über grafische Benutzeroberflächen nicht im Einklang mit unserer Lebenswelt. In der Interaktion mit der GUI-Welt haben wir keine Möglichkeit, unsere Beweglichkeit und Fertigkeit im Umgang mit verschiedenen physischen Gegenständen (z. B. Bauklötzen) zu nutzen.

Die berührbare Benutzeroberfläche (Tangible User Interface, TUI) unterscheidet sich grundlegend von der grafischen. Die TUI verleiht digitalen Informationen physische Gestalt und dient sowohl der Darstellung als auch der Steuerung. Über die berührbare Benutzeroberfläche kann man digitale Information im wahrsten Sinn des Wortes manipulieren – sie wird durch unsere peripheren Sinne wahrnehmbar, da sie eine gegenständliche Form erhält.
ABAKUS – URSPRUNG BERÜHRBARER BENUTZEROBERFLÄCHEN
Im Alter von zwei Jahren machte der Autor Bekanntschaft mit einer höchst erfolgreichen Rechenmaschine namens Abakus. Zu seinem Entzücken konnte er die einzelnen „Ziffern“, verkörpert als Reihen von Kügelchen, berühren und betasten. Dieser einfache Abakus war mehr als eine digitale Rechenmaschine: Durch seine physischen Eigenschaften wurde er auch zum Musikinstrument, zur imaginären Spielzeugeisenbahn, ja sogar zum Rückenkratzer. Der Autor war gefesselt vom Klang des Geräts und von seinen taktilen Eigenschaften. 04_Engineers 02.08.2001 12:08 Uhr Seite 254255 Der Abakus seiner Kindheit wurde außerdem zu einem Medium der Bewusstseinsbildung. An den Geräuschen des Abakus erkannte er, wann seine Mutter das Haushaltsbuch führte, und verstand, dass sie so lange nicht mit ihm spielen würde, wie die Musik des Abakus erklang. Dieser Abakus enthüllte außerdem eine neue Richtung in der Mensch-Maschine- Interaktion (Human-Computer Interaction, HCI), die wir als berührbare („tangible“) Benutzeroberfläche bezeichnen wollen. Erstens unterscheidet der Abakus nicht zwischen „Input“ und „Output“. Statt dessen dienen die Kügelchen, die Metallstäbe und der Rahmen dazu, die numerische Information und den Rechenmechanismus physisch darzustellen. Sie dienen als direkt manipulierbare physische Steuerelemente zum Rechnen mit Zahlen.

Zweitens bietet diese einfache, transparente Struktur des Abakus (die ganz ohne digitale Black Boxes auskommt) reichlich physische Anknüpfungspunkte, sodass jeder sofort – und ohne Gebrauchsanweisung – weiß, was er mit diesem Gerät anfangen soll.

Die Herausforderung an das Design von TUIs liegt in der nahtlosen Fortsetzung der physischen Angriffspunkte in der digitalen Welt.
PROJEKTE
Pinwheels
James Patten, Gian Pangaro, Angela Chang, Sandia Ren,
Phil Frei, Rujira Hongladaromp, Craig Wisneski, Andrew Dahley
und Professor Hiroshi Ishii

Pinwheels ist ein ambientes Display, das sich in einem Wirbelwind digitaler Information (Bits) dreht. Über die rotierenden Windrädchen (Pinwheels) können die BenutzerInnen den Strom der Bits, der menschliche Aktivitäten oder Vorgänge in der natürlichen Welt repräsentiert, in einem peripheren Blickfeld wahrnehmen, während sie sich vordergründig auf andere Tätigkeiten (etwa eine Konversation) konzentrieren. Ein Astronom, der die Aktivitäten der Sonnenkorona beobachtet, könnte diese Windräder bei sich zu Hause installieren, um den Sonnenwind im Hintergrund zu überwachen. Ist sich der Astronom peripher der bedeutenden Ereignissen vorangehenden subtilen Veränderungen in der Solaraktivität bewusst, kann er gezielt den richtigen Zeitpunkt für intensive Beobachtungen wählen. Das Grundkonzept besteht darin, den Sonnenwind der ionisierten Partikel sowie sämtliche sonstigen Informationsströme im architektonischen Raum als „Wind“, der altmodische Windräder antreibt, wahrnehmbar zu machen. Die derzeitigen grafischen Benutzeroberflächen erfordern die ständige bewusste Aufmerksamkeit des Benutzers. Als solches sind sie Vordergrund-orientierte Medien. Doch unsere Fähigkeit, Information zu erkennen und zu verarbeiten, erschöpft sich, wenn wir vordergründig mit zu vielen Daten konfrontiert sind. Es droht eine Informationsüberlastung. Ambiente Displays, wie z. B. rotierende Windrädchen, tragen zur Lösung dieses Problems bei, indem sie kontinuierliche Informationsströme als physische Dauerphänomene im Hintergrund darstellen, sodass die BenutzerInnen sie nur peripher wahrzunehmen brauchen.

inTouch
Angela Chang, Matthew Malcolm, Phil Frei, Victor Su,
Rujira Hongladaromp, Scott Brave, Andrew Dahley
und Professor Hiroshi Ishii

Das Projekt inTouch erforscht neue Formen interpersonaler Kommunikation durch Berührung. Durch eine spezielle Kraftrückkopplungstechnik entsteht die Illusion, dass räumlich getrennte Personen tatsächlich mit denselben physischen Objekten (sogenannten Distributed Shared Physical Objects) interagieren. Jeder der beiden identischen inTouch-Mechanismen verwendet drei frei drehbare Walzen. Jede einzelne Walze wird durch Kraftrückkopplung mit der entsprechenden Walze des räumlich entfernten zweiten Mechanismus synchronisiert; wird eine inTouch-Walze bewegt, so dreht sich auch die entsprechende Walze des zweiten inTouch-Mechanismus. Wird der Bewegung einer Walze ein Widerstand entgegengesetzt, wird dieser auch auf die entsprechende andere Walze übertragen. So wird das berührungsgesteuerte Zusammenspiel zweier räumlich getrennter BenutzerInnen möglich: Durch das Bewegen der Walzen fühlen sie die Präsenz des anderen. inTouch ist eine einzigartige Schnittstelle, die keine Grenze zwischen „Input“ und „Output“ kennt (die Holzwalzen sind Kraftanzeigen und zugleich Eingabevorrichtungen). Der Tastsinn spielt eine entscheidende Rolle, da man über die Hände Informationen zugleich senden und empfangen kann. Bisherige Kommunikationsmedien – etwa die Videotelefonie – zielten darauf ab, die menschliche Stimme oder das Abbild eines menschlichen Gesichts so realistisch wie möglich zu reproduzieren, um die Illusion des „Da-Seins“ zu erzeugen. inTouch verfolgt den gegenteiligen Ansatz, indem es den BenutzerInnen die andere Person bewusst macht, ohne sie explizit körperlich darzustellen. Unserer Ansicht nach erzeugt inTouch eine „geisterhafte Präsenz". Wenn wir sehen und fühlen, wie ein Objekt sich wie von Menschenhand gelenkt selbständig bewegt, stellen wir uns einen geisterhaften Körper dazu vor. Das Konzept der geisterhaften Präsenz liefert uns einen neuartigen Ansatz zur herkömmlichen Auffassung von Telepräsenz.

Pegblocks
Ben Piper, Matthew Karau, Beto Peliks
und Professor Hiroshi Ishii Pegblocks

sind vernetzte taktile Energieumwandler. Die Benutzer manipulieren durch Hin- und Herschieben eine Reihe von Stiften. Diese Bewegung wird in Strom umgewandelt, der im restlichen Netzwerk wieder in Bewegung umgesetzt wird. Die daraus resultierende Bewegung der Stifte wird nicht durch den Input einer einzelnen Person bestimmt, sondern durch die vernetzte Gruppe als Ganzes. Jeder Stift ist an einen Elektrodynamo/-motor gekoppelt. Der Dynamo/Motor funktioniert auf zwei Arten: Er kann aus Bewegung Elektrizität generieren und er kann Elektrizität in Bewegung umwandeln. Pegblocks erweitert das Konzept der verteilten gemeinsamen physischen Objekte von inTouch, um rekonfigurierbare haptische Kommunikationsnetzwerke zu erforschen. Mithilfe der Bewegungsmuster der Stifte integriert Pegblocks auch Repräsentationen, was bei inTouch nicht möglich war. Damit gestattet es sowohl simultane Fernberührungen durch viele menschliche Hände wie auch den asynchronen Austausch von Bewegungsmustern. Pegblocks basiert auf einem frühen Prototyp, den Ben Piper im Herbst 1999 als Projektarbeit in einer Lehrveranstaltung zu Physik und Medien von Prof. Neil Gershenfeld am MIT Media Lab entwickelte. Dieser Originalprototyp war aus Legosteinen gebaut und war als Gerät zur wechselseitigen haptischen Kommunikation konzipiert.

curlybot
Phil Frei, Victor Su und Professor Hiroshi Ishii

curlybot ist ein pädagogisches Spielzeug, das körperliche Bewegung aufzeichnet und wiedergibt. Wenn der Benutzer curlybot auf einer flachen Unterlage umherbewegt, merkt sich curlybot diese Bewegungen. Lässt man es wieder los, wiederholt es jede auch noch so komplizierte Originalbewegung, inklusive aller Pausen und Beschleunigungen, und imitiert sogar das Zittern der Hand des Benutzers. Dieses Spielzeug soll Kindern dabei helfen, geometrisches Denken zu entwickeln. Gleichzeitig soll es ein Medium für lyrische Äußerungen sein. Phil Frei konzipierte curlybot Ende 1998 und zeichnet selbst verantwortlich für sein endgültiges Industrie- und Interaktionsdesign. Mit Unterstützung von Victor Su (Entwurf der elektronischen Schaltkreise und Prototypkonstruktion) wurde der erste Prototyp im Frühjahr 1999 fertiggestellt. Die bereits in inTouch zur simultanen Echtzeitkommunikation eingesetzte Kraftrückkopplungstechnik dient in curlybot zum Aufzeichnen und Abspielen nichtsimultaner Gesten. Dieses Projekt ist sowohl für das Schnittstellendesign als auch für den Einsatz von Computern zu pädagogischen Zwecken („pUrposes“) von Bedeutung. Als berührbare Benutzeroberfläche lässt es die Grenze zwischen Input und Output (ähnlich wie bei inTouch) verschwinden: curlybot ist gleichzeitig ein Eingabegerät zur Aufzeichnung von Bewegungen und ein physisches Display, über das die aufgezeichneten Bewegungen wieder abgespielt werden können. Da der Benutzer curlybot Gesten und Bewegungen der Hände und des Körpers beibringen kann, knüpft curlybot eine enge Verbindung zwischen Körper und Geist, die sich in keiner Weise durch Darstellungen auf einem Computerbildschirm erzeugen ließe. Vom pädagogischen Standpunkt aus eröffnet curlybot neue Perspektiven als ein Spielzeug, das die Erfassung geometrisch-mathematischer Konzepte unterstützt.

Triangles
Matt Gorbet, Maggie Orth, Ali Mazalek, Emily Cooper,
James Hsiao und Professor Hiroshi Ishii

Triangles, ursprünglich 1996 von Matt Gorbet und Maggie Orth entworfen, ist ein Bausatz aus flachen Dreiecken, die sowohl eine physische als auch eine digitale Identität besitzen. Der Benutzer kann mit diesem Bausatz gleichzeitig physische Gebilde (von zweidimensionalen Aneinanderreihungen bis zu dreidimensionalen Strukturen) und digitale Darstellungen schaffen, die mit der berührbaren Struktur übereinstimmen. Jedes Dreieck ist auf allen Seiten mit magnetischen, elektrisch leitenden Steckverbindungen ausgestattet. Steckt man sie ineinander, so bildet sich ein Kommunikationsschaltkreis, und jedes Dreieck überträgt seine Identität und relative Position an einen Host-Computer. Veränderungen in der physischen Konfiguration von Triangles lösen vorprogrammierte digitale Events aus und ermöglichen so die direkte Manipulation der topologischen Struktur von Information. Wenn wir durch Zuweisung neuer digitaler Funktionen an Objekte, die bereits durch spezifische, uns bekannte Bedeutungen besetzt sind (etwa einen Bleistift, den wir automatisch als Schreibgerät auffassen), neue berührbare Benutzeroberflächen schaffen wollen, so schränkt dies unsere Freiheit bei der Zuweisung digitaler Bedeutung grundlegend ein. Um sich über diese Schranken hinwegzusetzen, verwendet Triangles bewusst („pUrposely“) die abstrakte Form des Dreiecks zum Ausdruck und zur Manipulation von Information. Während der Bleistift als berührbares Werkzeug zur Schaffung von Freiformen in einem einzelnen Medium dient, stellt Triangles ein einzigartiges Autorensystem dar, das den BenutzerInnen die Schaffung und Manipulation multimedialer Strukturen durch physische Handlungen ermöglicht.

bottles
Ali Mazalek, Dan Overholt, Jay Lee, Joanna Berzowska, Rich Fletcher,
Seungho Choo, Joe Paradiso, Charlie Cano, Colin Bulthaup und Professor Hiroshi Ishii

Durch die nahtlose Erweiterung der physischen Angriffpunkte und der Flaschen-Metapher erkundet dieses Projekt die Transparenz von Schnittstellen. So wie wir ganz automatisch Flaschendeckel öffnen und schließen, um auf den physischen Inhalt der Flaschen zuzugreifen, dient das Öffnen und Schließen der Deckel in diesem Projekt dem Zugriff auf digitale Information. Zu Testzwecken wurde eine breite Palette an Inhalten (z.B. Musik, Wetterberichte, Geschichten) entwickelt. Die Idee der Flasche als Schnittstelle hat ihren Ursprung im Konzept der „Wettervorhersage- Flasche", die Ishii als Geschenk für seine Mutter ersonnen hatte. Beim Öffnen dieser Flasche sollte Vogelgezwitscher ertönen, wenn für den nächsten Tag Schönwetter vorhergesagt war; umgekehrt sollte das Plätschern von Regentropfen bevorstehende Regenfälle ankündigen. Eine derartige Schnittstelle entspräche der tagtäglichen Interaktion der Mutter mit dem ihr vertrauten physischen Umfeld (z. B. mit dem Öffnen einer Flasche Sojasauce). Schließlich hatte seine Mutter noch nie einen Mausclick ausgeführt oder eine URL eingegeben, doch Sojasaucen-Flaschen hatte sie schon tausende Male geöffnet. Gegen Ende 1998 weiteten Ishii und Rich Fletcher diese Idee auf „musicBottles“ aus und initiierten das Projekt. Verwendet wurde eine von Dr. Joe Paradiso entwickelte Sensorentechnik; in Zusammenarbeit mit zahlreichen DesignerInnen, IngenieurInnen und KünstlerInnen wurden ein spezieller Tisch sowie Flaschen mit speziellen elektromagnetischen Etiketten entworfen. Drei verschiedene Gruppen von Flaschen mit jeweils unterschiedlichen Inhalten – klassische Musik, Jazz und Techno – wurden entworfen und produziert. Im Juni 2000 erreichte dieses Projekt den zweiten Platz bei der IDEA 2000 ( International 2000 Industrial Design Excellence Awards). Für dieses Projekt wurde eine eigene drahtlose Sensorentechnik entwickelt. Eine an der Unterseite des Tisches angebrachte Antennenspule erzeugt über dem Tisch ein Magnetfeld. Ein speziell angefertigter elektronischer Schaltkreis nimmt durch das Platzieren und Entkorken der etikettierten Flaschen hervorgerufene Störungen des Magnetfeldes wahr. Das System führt dann die den einzelnen Flaschen zugeordneten Musikprogramme aus (z.B. Klaviermusik) und steuert die Muster der auf den Tisch projizierten bunten LED-Lichter. Dieses Projekt verwendet eine Kombination aus künstlerischen und technologischen Praktiken zur Unterstützung emotionaler Interaktionen, die sich von konventionellen, funktionszentrierten Schnittstellen grundlegend unterscheiden.

PingPongPlus
Jay Lee, Matthew Malcolm, Blair Dunn, Rujira Hongladaromp,
Craig Wisneski, Julian Orbanes, Ben Chun und Professor Hiroshi Ishii

Tischtennis ist im Wesentlichen ein aggressives, wettbewerbsorientiertes Spiel. Durch die Einführung verschiedener digitaler Informationsschichten kann Tischtennis zu einer Erfahrung werden, die einen völlig anderen Zweck verfolgt. PingPongPlus zielt darauf ab, dass die BenutzerInnen auf unterhaltsame und spannende Weise etwas über die Bedeutungs- „Transformationen“ lernen, die sich aus dem Design der digitalen Schichten ergeben. Das Grundkonzept von PingPongPlus besteht darin, mit normalen Tischtennisschlägern und - bällen den Tischtennissport selbst zu einer interaktiven Erfahrung umzufunktionieren. In PingPongPlus bedeckt digitales Wasser die Oberfläche eines Tischtennistisches. Jedes Mal, wenn ein Ball vom Tisch abprallt, ziehen sanfte Wellen über die Wasseroberfläche und die Fische stieben auseinander. Im Zuge dieses Forschungsprojekts soll durch Erfahrung ermittelt werden, wie sich die auf den Tischtennistisch projizierte digitale Schicht auf die Wettbewerbsinteraktion des Tischtennisspiels auswirkt. Acht auf die Unterseite des Tischtennistisches montierte Mikrofone erfassen die Klangwellen, die entstehen, wenn Bälle von der Tischoberfläche abprallen. Zur Berechnung der Koordinaten jedes Balles werden die Zeitsequenzen mit Hilfe eines elektrischen Schaltkreises verglichen. Aus den Koordinatendaten errechnet ein Computerprogramm die Muster für die Wellen und Bewegungen der Fischschwärme, die als vertontes Videobild über einen an der Decke über dem Tisch montierten Videoprojektor wiedergegeben werden. Zusätzlich gibt es einen Modus, in dem man mit den Tischtennisbällen malen, und einen, in dem man auf dem Tischtennisnetz wie auf einer Klaviertastatur Musik spielen kann.

Urp
John Underkoffler, Daniel Chak, James Patten, Gian Pangaro,
Jason Alonso, Gustavo Santos, Benjamin Fielding-Piper und Professor Hiroshi Ishii

Urp ist eine berührbare Stadtplanungs-Workbench und basiert auf der Idee der „I/O-Glühlampe". Diese ursprünglich von Dr. John Underkoffler entwickelte Glühlampe erzeugt hochauflösende, doppelt gerichtete Lichtströme. Sie erfasst die Photonen physischer Oberflächen und interpretiert Lichtmuster unter Rückgriff auf den jeweiligen Wissensbereich, wie etwa die Stadtplanung. Als Reaktion gibt sie digital gesteuertes Licht ab, das dann in den physischen Raum zurückprojiziert wird. In Urp werden physische Architekturmodelle auf einen mit I/O-Glühlampen beleuchteten Tisch platziert; die Schatten werden durch Computersimulation erzeugt. Durch entsprechendes Einstellen der Uhr kann man die Bewegungen der Schatten und die Sonnenreflektionen verfolgen. Außerdem werden die Luftströme rund um die Gebäude sichtbar gemacht; die Windgeschwindigkeit kann an jedem beliebigen Punkt durch einen Windstärkemesser ermittelt werden. Durch die Projektion von Echtzeit-Computersimulationen auf physische Modelle mittels I/O-Glühlampen kann man in einer Welt, die unmittelbar an den eigenen Körper anschließt, digital dargestellte urbane Räume verstehen und direkt manipulieren. Statt der ursprünglichen Bilderkennungstechnik verwendet diese Installation eine neuartige Magnetfeld-Sensortechnik, um etikettierte Objekte wie die Gebäudemodelle in dieser Installation abzutasten. Eine entscheidende Frage bei der Gestaltung berührbarer Oberflächen ist, welche Elemente körperliche Gestalt annehmen und welche als digitale Bilder wiedergegeben werden sollen. Der Schlüssel zu einem gelungenen Interface besteht hier in der Ausblendung der Grenze zwischen digitaler und physischer Welt. In Urp werfen die physischen Modelle digitale Schatten (Videoprojektionen) – eine mögliche Lösung dieser Problematik. Wenn wir die Tausenden und Abertausenden Glühlampen eines architektonischen Raums durch I/O-Glühlampen ersetzten, welche Form von Interaktionsdesign würde dadurch wohl möglich? Allein mit dieser Frage zeigt sich schon das Potenzial, das das Kernelement dieses Projekts, die I/O-Glühbirne, für neue digitale Interaktionen hat, die nicht nur auf der Tischoberfläche, sondern auch im architektonischen Raum selbst stattfinden.

ClearBoard
Minoru Kobayashi (NTT) und Professor Hiroshi Ishii

ClearBoard strebt die nahtlose Integration von interpersonalem Raum und gemeinsamem Arbeitsplatz an. Das Projekt unterstützt die persönliche, direkte Interaktion zwischen zwei Gesprächspartnern, die kollaborativ Information miteinander teilen und manipulieren. Dabei gingen wir von einer einfachen Idee aus: Menschen sprechen miteinander durch eine Glaswand, während sie auf beiden Seiten der Wand zeichnen. ClearBoard kombiniert eine Video-Zeichen-Technik, die gleichzeitiges Zeichnen auf einem gemeinsamen White Board ermöglicht, mit einer Videokonferenz- Funktion, über die man sich von Angesicht zu Angesicht unterhalten kann. Als Kollegen bei den NTT Human Interface Laboratories arbeiteten Minoru Kobayashi und Hiroshi Ishii 1991 gemeinsam am Design dieses Systems und führten Testläufe durch. Clear- Board besteht aus zwei vernetzten Terminals, die über einen Videokanal verbunden sind. Jedes Terminal besteht aus einem großen, im 45-Grad-Winkel geneigten Bildschirm, der mit einer halbverspiegelten Glasscheibe bedeckt ist, einem Videoprojektor hinter dem Schirm (zur Projektion der Bilder) und einer an der Decke montierten Kamera. Zeichnet einer der Benutzer mit einem fluoreszierenden Stift auf dem Bildschirm, so spiegeln sich die Zeichnung sowie Gesicht und Oberkörper des Benutzers in der halbverspiegelten Glasscheibe und werden von der Kamera an der Decke eingefangen. Dieses Bild wird auf einen zweiten Bildschirm zurückprojiziert und erzeugt so die Illusion, dass die Person auf der anderen Seite steht und auf dem Schirm zeichnet. ClearBoard ermöglicht sowohl Augenkontakt als auch „Blickbewusstsein“, d. h. dass jeder Benutzer genau weiß, welchen Teil der gemeinsamen Zeichenoberfläche der andere gerade ansieht. Augenbewegungen werden mit Denkprozessen verbunden und spielen eine wichtige Rolle in der nonverbalen Kommunikation. Frühere Konferenzsysteme waren nicht in der Lage, Blickbewusstsein zu vermitteln. Durch das Einfügen der gemeinsamen Zeichenfläche zwischen zwei getrennten Räumen gelang es ClearBoard, eine Isotropie zu erzielen und zugleich den vorhandenen Raum zu erweitern.

Credits Hiroshi Ishii, Director of Tangible Media Group and Exhibit / Rob Jacob, Associate Director of Exhibit / Mike Ananny, Assistant Director of Exhibit / Jay Lee, Exhibit Advisor / Virginia Siu, Project Coordinator of Exhibit / Kenroy Cayetano, Technical Director of Exhibit / Matthew Malcolm, Assistant Technical Director of Exhibit

Researchers Mike Ananny, Joanna Berzowska, Scott Brave, Dan Chak, Angela Chang, Seungho Choo, Andrew Dahley, Benjamin Fielding-Piper, Rich Fletcher, Phil Frei, Matt Gorbet, Jay Lee, Ali Mazalek, Maggie Orth, Gian Pangaro, Joe Paradiso, James Patten, Carlo Ratti, Sandia Ren, Victor Su, Brygg Ullmer, John Underkoffler, Paul Yarin, Luke Yeung, Craig Wisneski

Collaborators Jason Alonso, James Kenji Alt, Colin Bulthaup, Charlie Cano, Ben Chun, Emily Cooper, Blair Dunn, Saro Getzoyan, Rujira Hongladaromp, James Hsiao, Zahra Kanji, Matthew Karau, Minoru Kobayashi (NTT), Tim Lu, Julian Oranes, Dan Overholt, Joseph Panganiban, Beto Peliks, Gustavo Santos, Yao Wang Organized by Ars Electronica Center Special Thanks: M IT Media Lab, Things That Think and Digital Life Consortia, Steelcase Inc., NTT Cyber Space Laboratories, NTT Corporation 04_Engineers 02.08.2001 12:08 Uhr Seite 260