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Ars Electronica 2001
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Strategies of Intertaintment


'Heimo Ranzenbacher Heimo Ranzenbacher

Projektskizzen aus dem Ars Electronica FutureLab
Der Topos Kunst leitet sich von der Übereinkunft über bestimmte – die Rezeption ebenso wie das institutionelle Umfeld determinierende – Erscheinungsformen, Methoden der Produktion und Präsentation her. Ausdruck der Akzeptanz der Kunst in der Gesellschaft, ist der Topos für die Kunst implizit Gegenstand des Interesses einer Veränderung – vordergründig vielleicht im Sinne einer gesellschaftlichen Gegenhaltung, aber eigentlich im Sinne einer Erkenntnisfunktion. Darin ist das Prinzip der Avantgarde festgelegt. Das Überschreiten von Grenzen, der Vorstoß in nicht mit Kunst assoziierte Gebiete und deren Irritation waren eine geläufige Methode. Heute, da in der Kunst für Kunst Kompetenzen ausgebildet werden, die gestern noch als bereichsfremd galten, irritiert die Grenzüberschreitung durch Akzeptanz künstlerischer Strategien in bislang kunstfremden Bereichen – vor allem „die Kunst“ selbst. Diese Entwicklung in der Traditionslinie der Avantgarde mündet nun (abseits der Verabschiedung der Avantgarde durch die Postmoderne) folgerichtig in die Überwindung der Avantgarde – ohne ihren Charakter der Widerständigkeit zu verlieren. Nicht mehr die Dichotomie Gesellschaft/ Kunst, sondern das Selbstverständnis der Kunst (egal ob der Moderne oder Informationsmoderne) bildet dabei den Angelpunkt einer Schwerkraftverlagerung in der Entwicklung. Zumindest für die Kunst sind anhand der ersten Beobachtungen, die von einem Takeover künden, bereits plausible Szenarien vorstellbar. Das erweiterte Arbeits- und Kompetenzfeld, das Horst Hörtner in diesem Buch unter „Intertainment“ (siehe den Text Pixelspaces) subsumiert, ist das wohl am deutlichsten umrissene. Die folgenden Skizzen von Projekten des Ars Electronica FutureLab, die zum Teil in Kooperation mit Land Design Studio, London, konzipiert wurden, sind dafür exemplarisch. Primär unterscheiden sich die Installationen und Konzepte durch die Herangehensweisen, die Orientierung an den Artefakten einer musealen Einrichtung und am Environment selbst, etwa der Museumsanlage bzw. einer Fabrik und deren Betriebssystemen.
MAP
Eine Großprojektion mit dem Grundriss einer Fabriksanlage zeigt die Echtzeit-Animation der Wege von Information, Material, Produktion etc. im aktuellen Arbeitsprozess. Vor der Bildwand bewegen sich Plasma-Paneele, die via Live-Videoschaltung zu den HotSpots der verschiedenen Produktionsabläufe signifikante Ereignisse wiedergeben. Der produktionstechnisch bestimmte Takt dieser Ereignisse – regelmäßig gestartete Walzvorgänge oder Hochofenabstiche – ergibt eine Art „Chronometer" der Anlage
ARTANALYSER
ist eine für die kunsthistorische Sammlung eines Museums konzipierte Installation. Sie besteht aus einer Rückprojektionsfläche zur Darstellung von Gemälden und einem Infoscreen. Vor den projizierten Motiven befinden sich Klarsichtfolien, die vom Benutzer abgenommen und in den Artanalyser eingespannt werden können. Wird eine Folie eingespannt, erscheinen das betreffende Motiv und dazu die jeweiligen Basisdaten. Der Infoscreen des Artanalysers ermöglicht es weiters, durch Berührung von Bildzonen tiefer in die Geschichte des Bildes hineinzuzoomen und Primär- und Sekundärinformationen zur Darstellung abzurufen.
INSECTINSPECTOR
ist eine Reminiszenz an das Memory-Spiel und funktioniert dergestalt, dass der Benutzer auf einem LCD-Paneel, das über die Exponate einer naturhistorischen Sammlung zu führen ist, Abbildungen der Insekten sowie diverse Klassifikationsdaten erhält. Wenn man beim Scannen Übereinstimmungen zwischen den Daten zu verschiedenen Insekten bemerkt, kann dies durch das Verschieben des Paneels zum entsprechenden Insekt überprüft werden. Bei einer tatsächlichen Übereinstimmung erweitert sich eine für den Besucher im Web angelegte Sammlung um Mitglieder der erkannten Spezies.
RAUMZEITSPIEGEL – TIMEEXPLORER
Für die oberösterreichische Landesausstellung 2000 in Wels hat das FutureLab in Zusammenarbeit mit Sam Auinger, Pete Nevin und Hans Hoffer den RaumZeit Spiegel und den TimeExplorer realisiert (www.aec.at/la_2000). Der RaumZeit Spiegel war die Eingangsinstallation zur Ausstellung zum Thema „Zeit – Mythos, Phantom und Realität“ und hat die Aufgabe der Sensibilisierung der Besucher für das Thema übernommen. TimeExplorer war eine für Gruppen konzipierte interaktive Installation, in der Besucher an Abstimmungstischen über Hoffnungen und Ängste bezüglich ihrer Zukunftsvorstellung befragt wurden. Daraus abgeleitete Szenarien wurden in einer Multiple-Screen-Architektur visualisiert.
FOCUSED WINDOW
In einem Gang, über dessen Länge auf einer Wand die Stationen der Baugeschichte einer Kirche dokumentiert werden, kann durch die gegenüberliegenden Fenster mit Blick auf diese Kirche der Teil fokussiert werden, der in der Dokumentation gerade behandelt wird – schlicht dadurch, dass man Marker auf den Scheiben der doppelt verglasten Fenster durch die Veränderung der eigenen Position zur deckungsgleichen Überlagerung bringt.
DUETT
Duett sind zwei Roboter zur Vermittlung einer mit Industrierobotern ausgestatteten Fertigungsstraße. In einer Doppelconference erklären sie die Anlage und damit sich selbst.
CONSTRUCTION HISTORY OF MELK
Baugeschichte Melk ist eine Installation zur Baugeschichte des Stiftes Melk, in der Animationssequenzen zu verschiedenen Bereichen der Klosteranlage abrufbar sind. Eine dieser Sequenzen beschäftigt sich mit den wesentlichen baulichen Veränderungen in der Zeit von 1649 bis 1736. Ausgangsmaterialien sind Ansichten des Klosters von verschiedenen Künstlern, aus verschiedenen Perioden und in verschiedenen Techniken. Realisiert wurde eine Animationssequenz, welche die jeweiligen Perspektiven von der ersten bis zur letzten Darstellung unter Berücksichtigung der stilistischen Merkmale in einer einzigen Kamerafahrt vereint. Das ergibt eine kunstgeschichtliche Zeitreise durch die bauliche Entwicklung des Stifts.