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Ars Electronica 2001
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'Bernhard Loibner Bernhard Loibner / 'Rosa von Suess Rosa von Suess

„in der neoliberalen spektakelkultur erweist sich die etablierte medienkunst als untergebende helferin ... uns interessieren nicht die repräsentationen. uns interessieren kollektive schöpfungen“

(studierende@vis-med.ac.at)
Just in einer Zeit, in der Medienkunst-Ausbildungsstätten zu „Kaderwerkstätten für Killerapplikationen“ (1) zu mutieren zu drohen; in der sich beispielsweise die Mediagruppe des Fernsehsenders Pro7 in der Ausbildung am Medienhaus der Hochschule für Künste Berlin „projektbezogen engagiert“; in der die Bahn AG an derselben Akademie ihre neuen Werbekampagnen präsentiert und allgemein Universitäten, mit Vollrechtsfähigkeit bedroht, eilig nach Partnern suchen; just da, da die Einführung der Studiengebühren in Österreich – eingedenk dieser undankbaren Vorreiterrolle – EU-weit aufatmen lässt, schwimmen Medienkunst-Studierende im Konglomerat von
  • Begehren und Verlangen rund um die Marktfähigkeit als Nachwuchspersonal für kapitalstarke GmbHs und Consulting AGs

  • sozialen Akzeptanzansprüchen des „nutzlosen“ Prozesses Studienzeit

  • Umstukturierungsbemühungen und Trägheiten der Ausbildungsinstitutionen

  • und
  • Eliteförderungsprogrammambitionen des als innovativ-ökonomisch geltenden Mediensektors.
Demgegenüber steht die offene Struktur von Forschung, innerhalb derer offen diskursiv agiert werden kann: ein Labor als lernende Umgebung, welches von den Lernenden selbst geschaffen wird. Studierende avancieren zu Sendern, stellen sich die Probleme selbst. SenderInnen, die Denklinien entwickeln und Kritik präsentieren. Der Wissenstransfer verläuft reziprok, demokratisch, in Augenhöhe sowie in einer dynamischen Umgebung. Ein anti-hierarchisches, demokratisches und „offenes“ Modell, das Transparenz, offene Protokolle und Stabilität verlangt. Studierende der visuellen Mediengestaltung an der Universität für angewandte Kunst Wien, quasi die prototypischen MedienkünstlerInnen und -arbeiterInnen von morgen, transferieren für die Dauer der Ars Electronica 2001 Teile des universitären Forschungslabors nach Linz. Die Summe der Arbeitsgebiete des Labs lässt sich als ein Hybrid aus Programmierstube, Webagentur, Soundstudio, sozialem Treffpunkt, Labor für 3D-Animationen und Medienkritik, Game-Development-Center und Partyraum beschreiben. Während der Ars Electronica werden prozessorientierte Projekte erarbeitet, frühere Arbeiten vorgestellt, Debatten mit BesucherInnen geführt. Außerdem wird mit geladenen Studierenden anderer Universitäten und Kunsthochschulen gearbeitet, um Überlegungen über den zukünftigen Bedarf innerhalb einer Medienkunst-spezifischen Ausbildung zur Diskussion zu stellen und zu formulieren. Lokal und via Internet wird eine Open-Source- Plattform vorgestellt, innerhalb derer an medienspezifischen Projekten gearbeitet und über potenzielle Szenarien künstlerischer Lehre im Bereich der Medienkunst nachgedacht werden kann.

Innerhalb des temporären Labors gelten nicht die StudentInnen (und deren Gäste) als Ausstellungsgut per se, sondern vielmehr soll ein Prozess, der im Spannungsfeld zwischen der Dynamik der New Economies und den Idealen eines unter Druck geratenen Bildungssektors liegt, auf den Weg gebracht werden. Die Anwendungen des ökonomischen Hoffnungssektors „Neue Technologien“ werden zunehmend als kausale genannt, das System Universität mit Schlüsselworten wie „leistungsorientiert“ oder „wirtschaftlich“ referenziert. Unter diesen Bedingungen stellt sich die Frage, wie sich eine Kunstuniversität/Kunsthochschule im gegenwärtigen Medienszenario definiert.

Fragen wie:
... konfiguriert die Lehre Studierende zu netten und braven Ja-SagerInnen der Gesellschaft und zu funktionierenden Arbeitskräften für das Medienbusiness und den Kunstmarkt? Verschiebt sich das aufklärerische Bildungsideal zu Gunsten einer von industriellen Sponsoren getragenen Elitenförderung? Was bedeutet Lehre überhaupt für die ProtagonistInnen auf der „Baustelle Internet“? Wer lehrt/lernt hier (von) wen/m? Sind starre Lehrpläne nicht ohnehin anfällig, der Entwicklung mehrere Schritte hinterherzuhinken? Können partielle Selbstorganisation, freie Klassen oder projektorientierte Ansätze potenzielle Antworten auf diese Problemstellungen sein? ...
werden ebenso untersucht wie die Frage nach den Handlungsfeldern von Medienkunst selbst.

An Beispielen vorgestellter Arbeiten, Performances und Interventionen finden sich Verweise auf die veränderten Repräsentationsmethoden im Feld der Medienkunst. Konforme Systeme und Wege innerhalb der Medien-Kunstrepräsentation scheinen nicht länger mit der Wichtigkeit besetzt zu werden, mit der sie sich gegenseitig behaupten. Moderiert werden die Beiträge von den Studierenden selbst und in Zusammenarbeit mit einzelnen Lehrenden und geladenen Gästen. Die TeilnehmerInnenliste der patizipierenden KünstlerInnen findet sich auf der Projektseite unter .

(1)
telepolis 6/2001 über die Einrichtung eines Postgratuiertendiploms für die Entwicklung von Applikationen und mobile Devices für die dritte Mobilfunkgeneration an der Hochschule für Kunst und Gestaltung in Zürich, beziehungsweise für die Ausbildung von SpezialfacharbeiterInnen innerhalb der Kunstakademie. 07_undertakings 02.08.2001 12:29 Uhr Seite 405406zurück