www.aec.at  
Ars Electronica 2000
Festival-Website 2000
Back to:
Festival 1979-2007
 

 

Life Spacies II


'Christa Sommerer Christa Sommerer / 'Laurent Mignonneau Laurent Mignonneau

Noam Chomsky zufolge basiert der menschliche Spracherwerb auf einer genetisch in das Gehirn aller normal entwickelten Kinder eingeschriebenen Universalgrammatik, die ihnen das natürliche und scheinbar mühelose Erlernen ihrer Muttersprache erlaubt. (1) Von Chomsky stammt auch der Satz: „Farblose grüne Ideen schlafen wütend.“ Obwohl dieser Satz, wie Chomsky gezeigt hat, grammatisch richtig ist, ist seine Bedeutung rein logisch nicht zu verstehen. Angeregt durch Chomskys Satz und ausgehend von der Idee, Sprache als genetischen Code zu verwenden und Wörter und Sätze in visuelle Formen zu übersetzen, schufen wir ein interaktives System für das Internet mit dem Titel Life Spacies (2), mit einer aktualisierten Version – Life Spacies II. (3)

Life Spacies II ist ein künstliches Bio-Environment, in dem Besucher der Installation künstliche Lebensformen erzeugen könnten. Die Benutzeroberfläche besteht aus einer Webseite, auf der die Benutzer durch die Eingabe von Texten Kreaturen erschaffen oder durch die Freigabe von Buchstaben füttern können. Unser speziell dafür entwickelter „text-to-form editor“ übersetzt den Text in dreidimensionale künstliche Lebensformen (Kreaturen), die auf einer großen Projektionswand zum Leben erwachen.

Der „text-to-form-editor“ (4) überträgt den geschriebenen Text der Nachricht in den genetischen Code einer Kreatur. Der Editor funktioniert so, dass er die Buchstaben und die Syntax eines Textes mit bestimmten Parametern des Bauplans der Kreatur verbindet. Ähnlich wie beim natürlichen genetischen Code werden die Buchstaben, die Syntax und die Abfolge des Textes zur Kodierung bestimmter Funktionsparameter der Kreatur herangezogen. Die Textelemente und ihre Kombinatorik beeinflussen Form, Gestalt, Farbe, Textur sowie die Anzahl der Körperteile und Gliedmaßen. (4)

Die ständige Bewegung, Nahrungssuche, Paarung und Reproduktion der Lebewesen bilden ein komplexes System von Interaktionen, das Merkmale einer künstlichen Evolution aufweisen kann, mit einer Auslese zu Gunsten der schnelleren Kreaturen. Zusätzlich bringen die Entscheidungen der Benutzer, wie sie den Text abfassen oder die Kreaturen füttern wollen, eine weitere ständige Veränderung in das System. So entsteht ein komplexes System, das – auf der Grundlage geschriebener Texte als Hauptquelle (genetischer) Information – komplexe Interaktionen der Kreaturen untereinander, wie auch der Benutzer mit den Kreaturen, sichtbar macht.

References

(1)
N. Chomsky. “Language and Mind,” New York: Hbj College & School Div, 1972. zurück

(2)
C. Sommerer, and L. Mignonneau. “Life Spacies,” ICC Concept Book. Pp. 96-110. NTT-ICC Tokyo, 1997 zurück

(3)
C. Sommerer, and L. Mignonneau. “Life Spacies: a genetic text-to-form editor on the Internet,” Proceedings AROB 4th’99 Artificial Life and Robotics, pp.73–77. Beppu, Oita, Jan. 1999 zurück

(4)
C. Sommerer, L. Mignonneau and R. Lopez-Gulliver. “LIFE SPACIES II: from text to form on the Internet using language as genetic code,” Proceedings ICAT’99 9th International Conference on Artificial Reality and Tele-Existence, pp. 215–220. (Tokyo: Virtual Reality Society, 1999) zurück

This project was developed at ATR Media Integration and Communications Research Lab, Kyoto Japan programming support: Roberto Lopez-Gulliver