Gene_Mixing und Loops des Selbst
Zur Perpetuierung der Junggesellenmaschine in der populären Kultur
'Birgit Richard
Birgit Richard
Gen- und Biotechnologien gestalten in immer größerem Ausmaß den Menschen und seine lebendige Umwelt. Diese alltägliche Konstruktion und Produktion von Natur provoziert starke Ablehnung, obwohl es sich im Grunde um einen Vorgang handelt, den der Mensch seit Anbeginn der Zivilisation vollzieht. Geht es um den Einsatz von Gentechnologie im Dienste der Medizin, zur schrittweisen Abschaffung von Krankheiten, letztendlich also um die Verbesserung des gebrechlichen Menschen, so findet diese Technologie breite Zustimmung. Die positive Einschätzung der Life Sciences verweist auf den uralten menschlichen Traum der Unsterblichkeit (vgl. Richard 1995). Neben der gentechnologischen Ersatzteilproduktion spielt die biologische Präformation, also die Vorbestimmung und das Design zukünftigen Lebens, eine große Rolle. Dagegen wird die Angst vor der Bedrohung durch genetisch veränderte Nahrungsmittel von der Ahnung gespeist, dass diese Technologie den Traum ein weiteres Mal nicht erfüllen kann und sie wie jede Schlüsseltechnologie davor ihren Preis hat, indem sie das Risiko einer unkontrollierbaren Entwicklung in sich trägt.
Die spektakuläre Medienberichterstattung mit Bildern von Mutanten wie der Onkomouse lässt vermuten, die Gentechnologie nähre nur abstruse männliche Allmachts- und Vervielfältigsträume, wie den von Al-Fayed (dem Besitzer des Londoner Kaufhauses Harrod’s), der laut Frankfurter Rundschau vom 15. Mai 1999 ankündigt, er wolle hundert Klone von sich anfertigen lassen. Identische Klone sollen die Macht und das begonnene Werk auf ewig perpetuieren.
Würden diese Fantasien sich verwirklichen, dann führte das Klonen zur Entwicklung von Leben auf der primitiven Stufe der identischen zellularen Reproduktion von Bakterien und Mikroben. Der Traum von der perfekten, geklonten Kopie produziert in einer unerbittlichen Selektion, die jede natürliche übertrifft, eine Perfektion des Mittelmaßes, konstatiert Baudrillard (vgl. Baudrillard 1994).
Evolutionäre Veränderungen, die durch Differenzierung auf Grund geschlechtlicher Vermehrung hervorgebracht wurden, werden bei dieser Reproduktionsform verschwinden.
Die sehr abstrakte Technologie, deren Vorgänge sich unsichtbar in Mikrostrukturen vollziehen, ist nur modellhaft und schematisch in Form von genetischen Karten darstellbar. Sie ist auf Visualisierung und die symbolische Verarbeitung z. B. in der Imagination von Filmbildern angewiesen.
Die populäre Kultur breitet so trivial wie unverschleiert mögliche Defekte dieser Technologie narrativ und visuell aus. Sie konzentriert sich jedoch auf die negativen Auswirkungen der Gentechnologie. Sie variiert ein Hauptmotiv, das wesentlich durch die Cultural Patterns des Christentums geprägt ist: das Scheitern des Traumes von der Junggesellenmaschine und das Aufzeigen der Grenzen von Wissenschaft in der Schaffung von Leben. Im Film formuliert sich das Verhältnis von unabhängiger Wissenschaft und dem Begehren der industriell-militärischen Verwertung von Forschungsergebnissen schon von Anbeginn in krasser Deutlichkeit. Er zeigt, dass ein flexibilisierter Kapitalismus die Perfektion von Menschen und Natur anstrebt, aber nicht in Form der Beseitigung ihrer Leiden und Hinfälligkeit, sondern durch ihre komplette industrielle Produzier- und Vermarktbarkeit in allen Bestandteilen und Mikrostrukturen.
Im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit ist nicht nur das Abbild, sondern auch das Leben endlos vervielfältig- und gestaltbar. Die Verschmelzung der Gentechnologien mit den digitalen Medien und deren Visualisierungsformen bindet diese in ein duales Denken von Original und Kopie ein. So verwundert auch in diesem Zusammenhang die Diskussion um Urheberschaft, Copyright und Patentierung einer Lebensform nicht.
Viele Eltern betrachten die eigenen Kinder als von ihnen geformte Werke. Der Werkcharakter des Nachwuchses, der als Kopie vom Original gilt, unterstreicht die Einmaligkeit der Eltern. Diese soll der Nachwelt in gentechnisch optimierter Form erhalten bleiben.
Mit diesem Baby-Tuning nähern sich Eltern einer möglichen utopischen Ausrichtung von Künstler- und GestalterInnen an – nur dass diese noch nicht mit Gen-Ingenieuren zusammenarbeiten, um eine andere zweckfreie, ästhetisch motivierte Variante neben eine industriell geformte genetische Welt zu stellen. Um neue Wahrnehmungswelten zu erschließen, kommt die Kunst bekanntlich nicht umhin, in die bestehenden industriellen Normen einzugreifen (vgl. Kittler 1989).
Ein Ansatz wie die Transgenic Art von Eduardo Kac aktualisiert den Punkt künstlerischer Anschlussfähigkeit und stellt ein lebendiges Objekt her, das Anlass für Kommunikation bietet und die notwendige Frage nach der Position der Kunst in der Gesellschaft neu stellt. In dem von Paolo Bianchi herausgegebenen Band von Kunstforum International (Band 145, Mai–Juni 1999), “Künstler als Gärtner”, spielt die Dimension der genetischen Manipulation von Pflanzen und Natur nahezu keine Rolle. Der Künstler bleibt auf der Stufe des Kleingärtners, der nur mit im Handel erhältlichem Material spielt.
Eine Kunst, die neue Tiere oder Pflanzen in die Welt setzt, wäre ein Freilandversuch, der direkt in den Alltag eingreift. Freie künstlerische Experimente dieser Art lassen sich schwer legitimieren, da die Kunst die Verantwortung für das, was sie kreiert und freisetzt, übernehmen muss.
Der Film hat es in der bildhaften Ausgestaltung imaginärer Schöpfungsmythen leichter. Das Medium kann das Stadium modellhafter Simulation verlassen und ohne Konsequenzen für das Leben überzeichnete Chiffren für die Gentechnologie entwickeln.
Generell lässt sich feststellen, dass die Thematik der Gentechnologie im zeitgenössischen Hollywood-Film bis zu den Neunzigerjahren nur vermittelt behandelt wird, meist kommt es im Zusammenhang mit atomaren Katastrophen zu genetischen Mutationen. Wie und ob sich die widersprüchlichen gesellschaftlichen Diskurse zur Gentechnologie auch in Filmbildern niederschlagen, soll unter besonderer Beachtung des Motivs der Verkünstlichung von Nahrung und der Darstellung von wissenschaftlichen Experimenten insbesondere dem Bild des Labors untersucht werden.
Smart Food Seit Mitte der Neunzigerjahre werden genetisch veränderte Sojabohnen, Kartoffeln, Mais-, Kürbis- und Baumwollpflanzen auf großen Feldern angebaut. Daneben werden Pflanzen via “Plantibodies” mit menschlichen Gene versetzt. Mais, Soja, Tabakpflanzen produzieren Antikörper und Proteine. Der Aufschrei gegenüber dieser Vermischung von Pflanze und Mensch und der daraus gewonnenen Nahrung und Medizin lässt die Tatsache außer Acht, dass es schon sehr lange eine veränderte Nahrungskultur gibt, die sich den Bedürfnissen einer mobilen und vereinzelten Lebensweise der Menschen angepasst hat.
Astronauten- und Mikrowellennahrung, Designer- und Brainfood, Tütensuppen, Lebensmittel mit Enzymen oder Labfermenten sind keine Ausnahmeerscheinungen, sondern die Ergebnisse gängiger Prozesse einer großindustriellen Nahrungsmittelproduktion. Diese hat schon lange nichts mehr mit ursprünglicher Agrikultur zu tun, sondern ist die genormte Erzeugung von Lebensmitteln und ihrer Bestandteile, die mit Phänomenen wie Toastscheibe und Hamburger beginnt. Neue Nahrungsformen, etwa die Verbindung von Nahrung und Medizin, haben bereits Einzug in die Lebensmittelläden gehalten, z. B. in Form des LC1-Joghurt. Ergänzt wird die medizinische Nahrung durch “Nootropics” (Smart Drugs und Drinks) und “Psychotropics” (MDMA, Drogen zur Leistungssteigerung des Gehirns). Ihr Ziel ist die zerebrale Stimulation und die Extension des Körpers, also ein umfassendes Körper-Tuning. Sie sind kein Gegenbild zur gesunden Nahrung, sondern in einer Kultur des “Fit for Fun” willkommener Zusatz zur Stärkung des Körpers. Die so genannte Novel Food gilt als vereinbar mit ökologisch angebauten Früchten und Gemüse.
Smart drinks and smart drugs, powder cuisine, tune-up for the brain, nonfood negate the very idea of organic or natural value of food, blur categories of drugs and food. (Morse 1994, 161) Für Margaret Morse ist die Veränderung der Ernährung eine Form der oralen Inkorporation, die sie als den dominanten Modus der Subjektkonstruktion einer durch Neue Technologien geprägten Gesellschaft beschreibt (vgl. Morse 1994). Dazu zählt die Vermischung zweier Körper, die sich in sehr unterschiedlichen Größendimensionen bewegen können, z. B. bei der Nahrungsaufnahme oder dem Schlucken von Pillen.
Unbehandeltes, naturbelassenes Fresh Food (Rindfleisch) entwickelt sich durch menschliche Eingriffe (Antibiotika, Futter) immer mehr zur Bedrohung. Die durch Gentechnologie und Bestrahlung vom Menschen selbst hergestellte, simulierte Frische einer Flavr-Savr-Tomate verspricht dagegen mehr Sicherheit.
Die gentechnisch veränderten Lebensmittel verlieren den Status purer organischer Nahrung. Ihnen fehlen die oberflächlichen Phänomene des Verfalls, was Früchte und Gemüsesorten in den Zustand des Untoten versetzt. Die Oberfläche suggeriert Leben und Natürlichkeit. Der Verfall bleibt unsichtbar und verlagert sich ins Innere der biologischen Struktur. Damit verweist diese Art von Nahrung nicht mehr auf die Unausweichlichkeit des Todes organischen Lebens; diese Naturerscheinungen werden ähnlich den Bewohnern eines künstlichen Szenarios wie der Biosphere 2 in den Zustand des Überlebenden versetzt, wie Baudrillard es treffend formuliert (siehe Baudrillard 1994).
Smart Food zeigt eine veränderte Beziehung zum Tod an, da Nahrung in vielen Kulturen einen wichtigen Stellenwert im symbolischen Austausch mit den Toten hat. Als organische Substanz zieht sie eine symbolische Grenze zwischen Leben und Tod. Neben dem Prozess des Kochens, der die Transformation von Natur in Kultur symbolisiert, wird die kulturelle Dimension der Nahrungsaufnahme eliminiert, die den Austausch zwischen Körper, Umwelt und anderen Individuen gestaltet. (Morse 1994, 161, verweist auf Levi-Strauss: Das Rohe und das Gekochte.) Der Mensch stellt seine Ernährung auf eine posthumane Existenz in künstlichen Welten um.
Die Veränderung des Stellenwerts von Nahrungszubereitung und -aufnahme findet sich auch im zeitgenössischen Kino, wo das Essen als Kulisse für Kommunikation dient, aber nicht im Mittelpunkt steht (Ausnahmen wären z. B. Tampopo, Eat Drink Man Woman).
Wie oben beschrieben wird Smart Food weder zubereitet noch im eigentlichen Sinne gegessen, sondern ganz im Sinne der oralen Inkorporation direkt geschluckt. Das entspricht der Nahrungsaufnahme in vielen Science-fiction-Filmen. Doch ist die Realität der filmischen Umsetzung weit voraus. Die im Film auftauchenden Formen von künstlicher oder standardisierter Nahrung sind Reproduktion einer tableau- oder tablettförmigen Nahrungsdarreichung wie dem mikrowellenzubereiteten “TV Dinner”, dem Essen auf einer Flugreise oder dem im Krankenhaus.
Die Thematik der zukünftigen Ernährung, etwa biotechnologisch erzeugter, wird in den Filmen ausgespart, weil man zu drastischen Bilder der Mutation von Nahrung greifen müsste, um die unsichtbaren gentechnisch veränderten Mikrostrukturen zu visualisieren. Auch wenn es wichtig wäre, Visionen von zukünftiger Nahrung zu entwerfen, unterbleibt dies, weil es den Zuschauern zu nahe treten würde. Der Film würde eine Überschreitung von kulturellen und zeitlichen Grenzen bestimmter Nahrungszonen simulieren, die in der Realität von Übelkeit und Ekel markiert ist. Die Auflösung der Herkunft des Hauptnahrungsmittels wie der standardisierten grünen Nahrungsplättchen im Film Soilent Green, die noch natürlichen Ursprungs sind, weil sie aus menschlichem Rohstoff bestehen, ist für das Kinopublikum ein Schlag in die Magengrube. Bilder einer gentechnisch veränderten Pflanze, aus der ein gefährliches Nahrungsmittel hergestellt wird, würden ein zeitgenössisches Kinopublikum existenziell betreffen. So bleibt es beim Hinweis auf die Standardisierung zukünftiger Nahrung: Sie ist fertig zubereitet, industriell vorproduziert, wird mechanisch gegessen und dient der Sättigung, dem Überleben. Das hedonistische Element des Genusses ist eliminiert.
Die South Park-Klone Ein gentechnisch verändertes Lebensmittel findet sich auch in der US-Cartoon-Serie South Park. Praktizierte Gentechnologie und Kloning sind fester Bestandteil der im Herbst in Europa anlaufenden Serie. Sie weist auf den wichtigen Stellenwert dieser Schlüsseltechnologie hin. Während das Schicksal der Simpson-Familie aus der Serie Die Simpsons eng mit der Atomtechnologie verknüpft ist, da Vater Homer im Atomkraftwerk arbeitet, gehört in South Park das Klonen als gut gemeinte wie nutzlose Verbesserung der Natur bereits zum Alltag. Der freundlich-hilflose Wissenschaftler mit Namen Mephesto beherbergt in seinem Genlabor einen Gorilla mit den Flügeln einer Stubenfliege, “Bunnyfish”, also Fische mit Hasenohren, und auch einen gentechnisch veränderten Käse. Außerdem wird der liebevolle Flowerpower-Hippie Mephesto von seinem verkleinerten Klon im Blumenhemd begleitet. Aus dem Genlabor brechen in regelmäßigen Abständen misslungene Kreaturen aus, z. B. ein bösartiger Klon von Stan, einem der Kinder oder wildgewordene Truthähne (Episode 109, “Starvin’ Marvin”), die das Städtchen South Park zerstören.
Die gentechnologischen Neuerungen haben in der Serie einen selbstverständlichen, beinahe beiläufigen Charakter. In der Schule ist das Basteln vom Kloning abgelöst worden und die Gestaltung von neuen Kreaturen Hausaufgabe. Durch den Konkurrenzdruck innerhalb der Klasse geraten die Experimente der Kinder außer Kontrolle, vor allem der Klon von Stan, der durch Genpiraterie, nämlich durch die Entwendung eines Haares, entsteht. In South Park sind die Klone noch eindeutig zu erkennen, der von Stan ist völlig aus der Form geraten.
Die Serie zeigt das unkontrollierte vegetative Wuchern von Lebensformen, die durch diese ungeschlechtliche Reproduktionstechnologie entstehen. Die geschlechtlich erzeugten menschlichen Lebensformen erweisen sich jedoch als bedrohlicher als die gentechnologisch hergestellten.
South Parks Ausblick auf die Zukunft der geschlechtlichen Reproduktion ist düster. Romantische Liebe als Vorspiel zur Reproduktion hat hier keinen Platz. Frauen spielen eine untergeordnete Rolle, deshalb wird die künstliche Reproduktion zum wichtigen Faktor. Stans Schwester ist ein zahnspangentragendes Monster, die auch Stans Riesen-Klon erbarmunglos niederschlägt. Die Tiere erben die romantische Ansprache für den Liebesakt: Für die Kloning-Hausaufgabe werden ein Elefant und das Schwein Fluffy mit romantischen Liebesliedern des Chefs in Stimmung gebracht. Ergebnis dieser Vereinigung ist ein brillentragendes Hybridwesen, eine Mischung zwischen Schwein, Elefant und dem Biologielehrer Mr. Harrison (Episode 105, “An Elephant Makes Love to a Pig”).
Hervorzuheben wäre noch die Episode 218 “Prehistoric Ice Man”: Die South Park-Kinder finden bei einer Rettungsaktion für Kyle einen prähistorischen Mann im Eisblock. Gen-Ingenieur Mephesto sieht Verbindungen zu den heutigen Bewohnern von South Park und will die Zwischengenerationen rekonstruieren. Er benutzt die Gentechnologie, um ausgestorbenes Leben wiederherzustellen, das in vereistem Material konserviert vorliegt, ein Motiv, das im Film häufig vorkommt.
In der Serie wird alles Machbare ausprobiert, ethisch-moralische Grenzen sind frei verschiebbar und werden je nach Situation umgeschrieben, z. B. wenn die Eltern den Kindern zuliebe eine schädliche Serie im Fernsehen absetzen wollen und dafür Menschenleben opfern.
South Park Thema ist die generelle Abweichung von der Norm. Neben der Abweichung von der sexuellen Norm (illustriert z. B. durch Sodomie in Episode ”Chicken Lover” oder homosexuelle Hunde in der Episode “Big Gay al’ big gay boatride”, aber auch durch Armut im Fall von Kenny) zeigen sich Monstrositäten wie Kartmanns Verfettung als ganz alltägliche Vorkommnisse, sodass die von Zeit zu Zeit ausbrechenden Mutanten und außergewöhnliche Doppelgänger nicht weiter ins Gewicht fallen.
Double: Identität mit dem Selbst Der in South Park beliebte Vorgang des Kloning enthält eine moderne Schreckensvision von der Gestaltung und Verdopplung des menschlichen Körpers. Dagegen sind Doppelgänger bei den so genannten “Primitiven” (Baudrillard 1983, 221, siehe auch Freud 1970) eine Versicherung gegen den Untergang des Ich. Das Double ist ein Partner, mit dem ein “Primitiver” sichtbaren Austausch mit einem unsichtbaren Teil seiner selbst hat. In den christlichen Kulturen wird der Doppelgänger vom Garant für ein Fortleben zum unheimlichen Vorboten des Todes. Die technischen Medien Fotografie und Film verdeutlichen die Wandlung des Doppelgängers in ein Schreckensbild. Schatten, Gespenst und Spiegelbild werden durch das Auftreten des christlichen Seelenbegriffs als Austauschmedien mit dem Selbst eliminiert.
Der Wunsch nach der Verdopplung des Ich in der identischen Ausstattung des Klons wird durch die Hoffnung auf eine persönliche Unsterblichkeit von Körper und Bewusstsein gespeist. Auch hier hat die Alltagskultur wieder einen großen Vorsprung in der Ausformulierung dieser Bedürfnisse: Eine US-Firma aus Colorado verkauft nach japanischem Vorbild die Puppe “My Twin Doll”, die nach Fotos einen Puppen-Doppelgänger erstellt. So können die Eltern ihrem Kind schon einen Spielzeug-Klon zur Seite stellen. Auch der aktuelle Musikvideoclip der isländischen Sängerin Björk All is full of love thematisiert den Wunsch nach Verdopplung und narzisstischer Vereinigung mit der eigenen körperlich anwesenden Figur. Im Clip sind die Klone als animierte anthropomorphe Roboter nach ihrem Ebenbild gestaltet.
Jede neue technologische Phase erzeugt eine andere visuelle Referenz für die Verdopplung: Björks Clip wäre noch der Phase der Roboter, Androiden und Cyborgs zuzuordnen, obwohl die Darstellung schon darüber hinaus in eine Phase der identischen Klonierung mit der Übertragung der menschlichen Bewusstseins- und Gefühlswelten weist. Am Horizont visueller Verdopplungsimagination zeichnet sich die Figur des Klons schon deutlich ab. Sie wird die Bildwelten des nächsten Jahrtausends besiedeln.
Der anthropomorphe Roboter ist ein dienendes Element, das außer Kontrolle geraten kann. Der Klon ist hingegen die Verdopplung eines Individuums und das Ventil für die aggressiven Neigungen des Geklonten. Er macht es möglich, das Selbst als Gegenüber wahrzunehmen, indem er den Menschen mit seinen ureigensten Fähigkeiten konfrontiert und damit Selbstwahrnehmung in der Projektion zerstört. Der lebendige, nichtmechanische Doppelgänger erschreckt besonders, da sein Verhalten auf der genetischen Präposition der geklonten Person basiert. Der Doppelgänger dient der Aufnahme der negativen Kräfte des Originals und wird deshalb zur Verantwortung gezogen, um dieses kathartisch zu entlasten.
Der Klon ist Emanation des Eigenen, nicht des Fremden, der dem Original materiell gegenübertritt. Nur der perfekte Doppelgänger erscheint nicht gefährlich. Dabei zeigt der Film, dass das plötzlich abweichende Verhalten notwendig ist. Die Unterscheidung von Original und Klon muss möglich sein, um der menschlichen Angst vor der Ablösung durch den eigenen Doppelgänger entgegenzuwirken. Ununterscheidbarkeit stellt die Einzigartigkeit des Individuums und damit dessen Wert in Frage. Das Medium Film zeigt auch, dass die Verdopplung in der erwünschten Form einer identischer Reproduktion nicht möglich ist. Der Ärger mit den sich verselbstständigenden Doppelgängern ist nötig, da er die Frage der Unterscheidung von Original und Kopie aufwirft.
Genetischer Fingerabdruck Neben dem Motiv des Doppelgängers hat sich ein weiteres Element der Gentechnologie in den populären Medien durchgesetzt: In zeitgenössischen Krimis dient der genetische Fingerabdruck als selbstverständliches Beweismittel (z. B. in The Net oder der deutschen TV-Serie Tatort). Hier konsolidiert sich der Mythos des genetischen Fingerabdrucks als unentrinnbare Wahrheit. Andererseits wird langsam deutlich, dass genetische Tests von ihrer medizinischen Interpretation abhängig sind. Wenn das Auslegen eines genetischen Profils als Gen-Horoskop bezeichnet wird, so zeigt dies an, dass Vorhersagen auf Grund von genetischen Analysen gar nicht gesichert sind und Patienten, die für eine Krankheit genetisch prädestiniert sind, nicht unbedingt mit einem tödlichen Verlauf rechnen müssen (Der Spiegel, Heft 20, 17. 5. 1999, S. 288).
Ein Film wie Gattaca räumt mit der verbreiteten Auffassung von der Allmacht der Gene auf. Er widerspricht dem schönen Schein des lesbaren Gens und des interpretierbaren Menschen, indem er den wichtigen Zusammenhang der Entwicklung genetischer Information in sozialen Kontexten betont. Vincent kommt durch eine natürliche Geburt auf die Welt, was ihn automatisch zum Verlierer in der Gesellschaft macht, da die Lebensläufe genetisch vorbestimmt sind. Sein Gegenbild ist Gerome, dessen körperlich sichtbare Gebrechen – er ist seit einem Unfall gelähmt – die Nichtigkeit seiner genetischen Normerfüllung verdeutlichen. Von seiner genetischen Privilegiertheit kann er nicht profitieren, da genetische und körperliche Repräsentation auseinander klaffen. Dies bietet Vincent die Chance zur Übernahme seines genetischen Profils, um sich den Traum eines Fluges zu einem anderen Planeten zu erfüllen.
Die Diskriminierung richtet sich in der Vision einer konzerngelenkten Gesellschaft gegen etwas mit bloßem Auge nicht Erkennbares. Die umfassende Genkontrolle des industriell organisierten Imperiums bringt denjenigen in Gefahr, der ein Haar oder eine Augenbraue verliert. Beiläufige Körperabfälle werden zum wichtigen Indiziengeber. Gattaca thematisiert damit indirekt auch die Genpiraterie: Man kann sich die Gene anderer Personen aneignen, indem man sich in den Besitz kleinster Bestandteile ihrer Körperabsonderungen bringt.
Der Mythos der Aussagekraft des Genetic Fingerprint wird von Gattaca in Frage gestellt. Zweifel an der Unbestechlichkeit des genetischen Fingerabdrucks zeigen die zusätzlichen Kontrollmechanismen, die Körperflüssigkeiten wie Blut und Urin in die Identitätstests mit einbeziehen. Die genetische Verfasstheit und Reinheit einer Person wird mittels Maschinen überprüft. Die “unbestechliche” Maschine akzeptiert das künstliche Genetik-Profil des Vincent. Damit wird hier die Rolle desjenigen, der die Daten auswertet, sehr zwiespältig thematisiert: Einmal beweist der Mensch, dass die unbestechliche Maschinenkontrolle mit Verstand zu umgehen ist, auf der anderen Seite ist er das Einfallstor für Manipulationen, da der Schwindel nur gelingen kann, wenn die materiellen Körperflüssigkeiten von einem zusätzlichen Arzt akzeptiert werden.
Ein weiteres Beispiel für die geringe Aussagekraft eines isolierten Gen-Sets liefert der Film Boys from Brazil (1978). Nazis klonen im Dschungel von Brasilien Adolf Hitler in der Absicht, die Weltherrschaft mittels dieser Klone zu übernehmen. Die Klone sollen unter den gleichen Bedingungen aufwachsen wie einst Adolf Hitler. Daher werden in Deutschland Familien ausgewählt, die die Jungen adoptieren sollen. So müssen z. B. die Väter der Jungen sterben, wenn diese elf Jahre alt sind. In der Showdown-Sequenz soll sich der Adolf-Hitler-Klon für einen Berater entscheiden: Er wählt nicht Joseph Mengele, sondern Simon Wiesenthal.
Die oben beschriebenen Filme verdeutlichen auf triviale Weise, dass selbst bei identischer genetischer Verfassung das soziale Umfeld und die sozialen Beziehungen entscheidend sind. Gefangen ist der Mensch nicht in einem biosemiotisch interpretierbaren genetischen Komplex. Wenn der in einen sozialen und zeitlichen Kontext eingebundene Körper, von dem der Mensch und seine genetische Verfassung maßgeblich geprägt wird, nicht miteinbezogen wird, bleibt sein Gen-Set wenig aussagekräftiges Konstrukt und abstraktes Simulakrum.
Rekonstruktionen und Hybridwesen: Kloning im Film Die Beschäftigung mit Bio- und Gentechnologien findet bevorzugt im Science-fiction- oder Horror-Genre statt. Im Jahre 1997 erscheinen, angeregt durch Dolly, viele Science-fiction-Filme, die das Kloning von Leben zum Thema wählen (The Relic, DNA, Mimic und vor allem Alien: Resurrection). Die Filme bündeln Ängste und Sorgen, selten wird einmal eine mögliche positive Seite aufgezeigt. Gentechnologie löst die atomare Technologie und Naturkatastrophen als Hort der Zerstörung ab. Durch die Allmachtsfantasien einzelner Wissenschaftler wird sie im Verbund mit mächtigen Konzernen praktisch angewendet.
Die Gentechnologie erzeugt im Film nur Mutationen und unkontrollierbare Lebensformen, die nicht nach Plan funktionieren. In den Strukturen eines zu rekonstruierenden Organismus ist unsichtbar immer etwas Unerklärliches oder Böses vorhanden, das durch Geld- oder Machtgier zum Leben erweckt wird. Es gerät dann außer Kontrolle und vernichtet menschliches Leben. So verläuft z. B. der Plot des Film DNA von 1997: Wissenschaftler extrahieren DNA aus prähistorischen Knochen einer ausgestorbenen Kreatur im Dschungel von Borneo. Mittels eines Enzyms wird die Kreatur zum Leben erweckt. Sie entkommt aus dem Dschungellabor, lauert den Menschen im Dschungel auf und tötet sie.
Die Herkunft des genetischen Rohmaterials wird jedes Mal ähnlich erklärt: Wissenschaftler finden etwas in einer abgelegenen Gegend, z. B. im Dschungel, und extrahieren in einem abgeschiedenen Labor aus einem Rohstoff DNA, um neues Leben zu erschaffen. Dem naiven weltfremden Wissenschaftler wird die Erfindung gestohlen, der skrupellose Wissenschaftler erkennt sofort die Bedeutung seiner Erfindung und verkauft sie.
In Filmen wie Jurassic Park geht es um die Reanimation einer ausgestorbenen Spezies. Beide Generationen von Dinosauriern stoßen in der Halle aufeinander, die rekonstruierten Dinosaurier zerstören die Skelette der Vorfahren. Die Reanimation von Ausgestorbenem will die Evolution zurückdrehen und das wiederherstellen, was der Mensch im Zivilisationsprozess vernichtet hat. Die genetisch rekonstruierten Organismen unterliegen einer unfreiwilligen Zeitreise. Hier zeigt sich der von Zizek entwickelte symbolische Kreislauf (siehe Zizek 1991). Wenn etwas Ausgestorbenes zurückkehrt, nimmt es symbolisch Rache an den Lebenden, deren Vorfahren das Aussterben einer einst lebendigen Spezies verursacht haben. Die abzutragende Schuld überträgt sich auf die folgenden Generationen.
Ein weiterer wichtiger Strang in der Darstellung der Gentechnologie ist die Angst vor der Vermischung von menschlichem und tierischem Genmaterial und deren sichtbare morphologische Auswirkung (z. B. in dem Film Die Fliege). Dabei steht der Transformationsprozess von einer in die andere Spezies im Vordergrund, z. B. bei den Werwolf-Transformationen, die aber einer abergläubischen, magischen Verwandlungspraxis entstammen. Außerdem stehen die Hybridwesen im Film in einer langen Bildtradition. Antike Mythen handeln von Mensch-Tier-Kreaturen; es entstehen besonders mächtige göttliche Erscheinungen wie Pegasus oder bedrohliche Erscheinungen wie der Minotaurus. Die Hybridwesen im Film erlauben die einfache dualistische Stilisierung: Die menschliche Komponente steht für das Gute, die tierische für das Triebhafte, Animalische und Böse. Der Ausgangspunkt für die Exekution des Bösen liegt also immer außerhalb des Menschen. Die Vermischung mit tierischem Genmaterial legitimiert die Freisetzung einer Kraft, die unkontrollierbar und lustvoll-orgiastisch tötet. Im Film Mimic von 1997 sollen Kakerlaken, die in New York Kinder töten, durch ihre gentechnisch veränderten Pendants vernichtet werden. Freigesetzt, stirbt die neue Spezies nicht wie vorgesehen, sondern vernichtet die Menschen, die sich in den Untergrund begeben. Da die Insekten-Kreatur menschliche Gestalt annehmen kann, kommt es zur punktuellen Ununterscheidbarkeit von gut und böse, Mensch und Tier.
Das Motiv der Vermischung spielt auch bei Alien: Resurrection aus dem Jahr 1997 die entscheidende Rolle, wird hier aber subtiler in Bilder umgesetzt. Ripley wird mittels Kloning nach 200 Jahren aus Blutproben rekonstruiert, um die genetischen Spuren der Alien-Königin zu extrahieren. Nach mehreren Fehlversuchen vermischen sich versehentlich die Gene von Ripley und dem Alien. Der Ripley-Klon mit der Nummer 8 trägt plötzlich Charakterzüge und morphologische Merkmale von Alien und Mensch. Hier findet die schrittweise Abkehr von der Gleichsetzung von animalischen oder extraterrestrischen Wesen mit dem Bösen statt, weil die Protagonistin nun eine Mischung aus beidem ist und dies auch reflektiert. Ganz ist das Prinzip aber nicht abgeschafft, weil Ripley wiederum das Opfer dieser genetischen Verquickung ist und diesen Weg nicht selber wählt.
Die vier Alien-Filme stellen einen insektenhaften Prozess der Reproduktion in den Mittelpunkt und symbolisieren damit die Abkehr von geschlechtlicher Reproduktion. Das Aufbrechen der Eier in der Alien-Höhle, das Verpuppen der menschlichen Körper, das parasitäre Einnisten der Alien-Klone in Körpern, ihr Herausbrechen aus dem Wirtskörper und die unermüdlich produzierende Gebärmaschine der Alien-Königin zeigen eine bedrohliche Vision autonomer weiblicher Reproduktion.
Da Ripley aus weiblichen Rollenvorgaben ausbricht, ist sie prädestiniert zum aktiv reproduzierenden Wirtskörper. Dieser wird zum Ort der Gefahr für die unterschiedlichen patriachalischen Gesellschaften der einzelnen Alien-Folgen. Die Vermischung von Ripley und der Alien-Königin setzt den natürlichen weiblichen Körper mit der Stammmutter des Alien gleich. Beide repräsentieren also eine ähnliche von innen kommende, uterale Gefahr.
Alien: The Resurrection erzeugt eine filmische Variante des Motivs einer Unheil gebärenden Frau. Diese Darstellung schließt direkt an die schablonen- und wahnhaften Fantasien zu Zeiten der Hexenverfolgung an, wo ein wichtiger Teil der Überführung einer Hexe in der Erfüllung der dritten Stufe, der körperlichen Vereinigung der Frauen mit einem Buhlteufel oder dem Satan selbst, bestand. Auch als filmisches Motiv taucht die Imagination einer unschicklichen Vereinigung einer Frau mit einem überirdischen oder dem Reich des Bösen (Rosemary’s Baby) zugeordneten Wesen, das sie zwingt, ein Hybridwesen zu gebären, immer wieder auf.
Das Labor: Ort männlicher Ausgeburten und unfreiwilliger Freilandversuche Die Schwierigkeiten der visuellen Darstellung der Vorgänge in gentechnologischen Labors äußern sich im Film in immer wieder auftretenden visuellen Formeln. Die Hypervisualisierung ausbrechender Mutanten liegt in der potenziellen Undarstellbarkeit des Vorgangs der menschlichen Herstellung von Leben. Die Undurchschaubarkeit einer wissenschaftlich erstellten Ordnung und das in den Mikrostrukturen verborgene potenziell Monströse schüren die Angst vor dem Versagen der visuellen Wahrnehmung, der Ununterscheidbarkeit von Klon und Original (z. B. auch im Film Return of the Body Snatchers) und führen notgedrungen zu übertriebenen Bildchiffren.
Von besonderer Bedeutung sind die Orte der Entstehung der Mutation. Es sind künstliche, außeralltägliche Welten wie Weltraumstationen oder unzugängliche Dschungel, die im Kern einen abgeschiedenen Teilraum enthalten: das Labor.
Der Prozess der Verkehrung des Verhältnisses von gestaffelten Innen- und Außenräumen spielt im Verlauf der Filme eine wesentliche Rolle. Die Grenzen der Räume dürfen nicht durchbrochen werden, d. h. die Kreatur darf nicht hinaus und es darf auch niemand zu ihr hinein. Die Unzugänglichkeit und Abgeschlossenheit der Laboratorien muss gewährleistet sein. Die Filme gestalten die Schwierigkeit des Eintretens durch Bildelemente wie Schleusen- und Türsysteme, die sich jeweils hintereinander schließen und eigentlich nur durch Ausweise, Chipkarten oder Fingerabdrücke identifizierbaren Personen Einlass gewähren.
Wenn das Unglück seinen Lauf nimmt, dreht sich die schneckenförmige Bewegung des immer weiteren Eindringens in labyrinthische Räume um. Die Abgeschlossenheit und Unübersichtlichkeit richtet sich nun gegen die Menschen. Alle nun folgenden Vorgänge zeigen die Gegenbewegung von einem geschlossenen Inneren nach außen. Wenn sich die gefährliche Lebensform ihren Weg aus dem Labor nach außen bahnt, ist es schon zu spät um einzugreifen. Der Film imaginiert das, was in der Debatte um Gentechnologie Freilandversuch heißt.
Die Laborräume sind steril und künstlich beleuchtet. Im Film Gattaca herrscht in allen Räumen grünliches Licht vor, sodass der Eindruck eines universellen, mit der Spezies Mensch bestückten Labors erweckt wird. In einigen Filmen sind in den Laborräumen Reagenzgläser voller Föten der herzustellenden Spezies zu sehen. Die Fehlversuche künstlich erzeugten Lebens werden als Warnung scheinbar sicher hinter Glas zur Schau gestellt.
Zusätzlich finden sich in den Laboratorien farbige, fluoreszierende Flüssigkeiten und Apparaturen mit Schläuchen, die unterschwellig eher auf alchemistische Vorgänge als auf den wissenschaftlichen Charakter des lebenserzeugenden Prozesses hinweisen. Das Labor repräsentiert und imaginiert eine mögliche Form eines männlichen Uterus. Es ist eine technologische Geburtshöhle, aus der Leben entspringen soll, und der einzige Raum in dem das männlich produzierte Leben existieren kann. Sobald es diesen Raum verlässt, ist es trotz seiner Gefährlichkeit dem Untergang geweiht.
Die Bilder kontrastieren die natürliche, “unreine” Geburt aus der weiblichen Körperhöhle mit der klinisch, wissenschaftlich optimierten Erzeugung von Leben im Labor. Aber der Traum von der männlichen, autonomen Reproduktion scheitert. Ein weiteres Mal wird die Utopie von der Junggesellenmaschine zerstört, weil sich das Leben nicht vom weiblichen Anteil der Erzeugung trennen lässt. Die Filme zeigen, dass die Männer ihr aggressives Wesen zwar selbst herstellen, aber nicht bewahren können.
Vorher entstand alles scheinbar aus dem Schoße der Natur und einer dienenden Weiblichkeit. Das Sciencefiction-Genre zeigt im Umgang mit der Gentechnologie die zum Scheitern verurteilte Vision einer männlichen Unabhängigkeit von weiblicher Geburt und Versorgung. Die Konzentration auf Smart Food oder Astronautenkost im Film weist auf die Präsenz einer reinen Männergesellschaft hin. Eine Nahrungszubereitung, die sich auf das Öffnen einer Vakuumverpackung, auf Anrühren, Verflüssigen und ein blitzartiges Zubereiten industriell vorgefertigter Bestandteile beschränkt, bekräftigt die männlichen Autonomiebestrebungen. Die einstige Hüterin des Herdfeuers und zeremonielle Zubereiterin der Speisen ist suspendiert, da die Nahrung bereits zur sofortigen oralen Konsumption bereitsteht. Normierte Speisen tauchen in Filmen dort auf, wo entweder wenig Frauen zugegen sind oder wo diese andere Positionen als die üblichen Stereotypen übernommen haben. Ob das zu einer Freisetzung für partizipatorische Aufgaben der weiblichen Protagonistinnen führt, sei dahingestellt.
Die Möglichkeit gentechnologischer Veränderung von Pflanzen und Tieren, der Anfüllung der Umgebung durch Smart Objects lässt den Menschen nicht mehr in prometheischer Scham (vgl. Anders 1992) versinken, sondern die Forderung formulieren, dass er wie die von ihm geschaffenen Gegenstände materiell, d. h. körperlich, unsterblich zu werden will.
Der Mensch wird nicht müde, im Rahmen dieser Forderung, die aus einer Verkünstlichung der Dinge herrührt, immer neue Bilder in den ihm zur Verfügung stehenden Medien zu entwerfen. Aber sowohl die autonome weibliche als auch die männliche Reproduktion haben im Film keine Chance.
Der Hollywood-Film erweist sich bei der Behandlung der Thematik der Gentechnologie als konservatives Medium. Gegen Ende des Jahrtausends illustriert er ganz im Sinne der christlichen Tradition die apokalyptischen Konsequenzen für den Menschen, der sich an der Rolle des Schöpfers vergreift. Der Film wird zur moralischen Anstalt, da diese Eingriffe als menschliche Anmaßung gewertet und dementsprechend bestraft werden.
Sämtliche Wege der Imagination, die hier angelegt sind, verweisen auf die Beschränkung der weiblichen bzw. männlichen Rolle auf die gegengeschlechtliche Reproduktion und ihre begrenzten Ausbruchsmöglichkeiten. Utopien von der Entstehung eines friedlichen Klons, der außerhalb einer Produktion durch einen industriellen Komplex Frauen und Männer eine neue erfüllte Form der künstlichen Reproduktion anbietet, sind noch nicht visualisiert worden.
Literatur
Anders, Günther: Die Antiquiertheit des Menschen, Band I und II, München 1992 (4. Auflage)
Baudrillard, Jean: Das Original und sein Double, Die Zeit Nr. 12, 14. März 1997, S. 67
Baudrillard, Jean: Überleben und Unsterblichkeit, Anthropologie nach dem Tode des Menschen (hrsg. von Kamper, Dietmar; Wulf, Christoph), Frankfurt am Main 1994, S. 335–354
Baudrillard, Jean: Der symbolische Tausch und der Tod, München 1983
Bianchi, Paolo (Hrsg.): Künstler als Gärtner. Kunstforum International, Band 145, Mai/Juni 1999
Freud, Sigmund: Das Unbehagen in der Kultur; Frankfurt/Hamburg 1970 (18. Auflage, erstveröffentlicht 1930), S. 63–129
Kittler, Friedrich: Interview mit Gerhard Johann Lischka: Aktuelles Denken. Kunstforum International, Band 108, Juni/Juli 1990, S. 143–147
Kittler, Friedrich im Gespräch mit Florian Rötzer: Synergie zwischen Mensch und Maschine. Kunstforum International, Band 98, Januar/Februar 1989, S. 108–117
Moravec, Hans: Mind children. Der Wettlauf zwischen menschlicher und künstlicher Intelligenz. Hamburg 1990
Morse, Margaret, What do Cyborgs eat? Oral Logic in an Information Society. Cultures on the Brink. Ideologies of Technology (hrsg. von Bender, Gretchen; Druckrey, Timothy), Seattle 1994, S. 157–189
Richard, Birgit: Todesbilder. Kunst Subkultur Medien. München 1995
Zizek, Slavoj: Liebe Dein Symptom wie Dich selbst. Berlin 1991
Im WWW: www.us.imdb.com www.comedycentral.com http://beef-cake.com/taison/episode.htm http://members.tripod.com/user100/zoo.html
Die Illustrationen zu South Park sind folgenden WWW-Seiten entnommen: The South Park Mini Image Archive http://www.stefanmaxwell.freeserve.co.uk/minipic.html http://beef-cake.com/taison/episode.htm
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