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Der weite Weg zur verständlichen Wissenschaft


' Science Education Team Science Education Team

“Vor jedem Schritt, welchen Wissenschaft und Technik nach Vorwärts machen, müssen die Menschen drei Schritte zur Vervollkommnung ihrer Ethik nach Innen tun”.
Die Forderung, die Novalis hier an die Gesellschaft stellte, ist nun 200 Jahre danach zu einem gesellschaftlichen Problem herangewachsen. Durch den Laufschritt der Wissenschaft kann die Gesellschaft in der Aufarbeitung der daraus folgenden Konsequenzen und in der Diskussion der ethischen oder politischen Zusammenhänge kaum noch mithalten.
Freiheit durch Wissen
Ein fundiertes eigenes politisches Urteil setzt allerdings nicht nur Grundkenntnisse in Geschichte oder den Sozialwissenschaften voraus, sondern auch ein gewisses Maß an naturwissenschaftlicher Bildung. Die alternative Möglichkeit wäre eine Entscheidungsfindung in der Form einer Expertokratie, also einer Herrschaft der Experten und Wissenden – damit wäre allerdings der Bevölkerung die Entscheidungsfreiheit genommen. Für eine echte demokratische Diskussion müssen sich möglichst viele Menschen ein auf Argumenten aufgebautes eigenständiges Urteilsvermögen für ein klare Sicht zwischen den unterschiedlichen angebotenen Meinungen erarbeiten. Doch wie kann dieses hehre Ziel sinnvoll erreicht werden?
Die hohe Kunst der Wissenschaftsvermittlung
Der offensichtlichste Weg in diese Richtung ist es zu versuchen, mit dem Fachwissen auf dem Stand der Zeit zu bleiben. Mit der Hilfe von Fachliteratur, Wissenschaftsartikeln, Seminaren oder Ähnlichem geht man damit den beschwerlichsten Weg zur Urteilsfindung. Zudem wird man sehr bald erkennen, dass selbst das Bewahren einer Übersicht über die Wissenschaftsbereiche – unumgänglich für dessen Bewertung – durch die riesige Informationsmenge sehr schwierig geworden ist.

Doch bloß Fachinformation allein ist nicht ausreichend. Sie muss verknüpft werden mit Einblicken in die Lebens- und Arbeitsbereiche der Wissenschafter mit all ihren spezifischen Verhaltensregeln und Wertmaßstäben. Durch das Entkoppeln der Informationen von der spezifische Rationalität der wissenschaftlichen Welt und ihrer Denkweise werden diese oftmals verzerrt und somit falsch interpretiert. Die Forscher selbst haben es lange Zeit verabsäumt, mehr Einblicke in ihre abstrakte Welt zu gewähren, und erst in den letzten Jahren wurden sie von der Gesellschaft gezwungen, den vielzitierten Elfenbeinturm zu öffnen.

Es gibt allerdings noch eine weitere Möglichkeiten für einen Laien, der ohnehin einer immense Datenflut ausgesetzt ist, sich eine eigene Meinung zu bilden, ohne alle Informationen selbst sammeln und bewerten zu müssen. Eine Alternative ist es, sich nicht selbst in das Fach und dessen Umgebung einzuarbeiten, sondern die Hierarchien und ihre Indikatoren in der Wissenschaft kennen zu lernen und ihren Meinungen zu vertrauen. Das heißt, man könnte sich damit selbst dann ein Urteil über den Stand der Forschung bilden, wenn man die Forschung selbst nicht beurteilen kann. Solche Qualitätsindikatoren wären zum Beispiel angesehene Forschungseinrichtungen, Publikationsorgane oder Wissenschaftsgesellschaften. Allerdings müssen dabei die internen Mechanismen der Hierarchienbildung funktionieren, das heißt diejenigen Autoritäten an vorderster Stelle stehen, die es fachlich und moralisch auch verdienen. Die Kenntnis der sozialen Mechanismen, der wissenschaftlichen Welt könnte somit ein inhaltliches Urteil ersetzen.
Der Versuch einer Annäherung
Das Science Education Team ist genau aus dem Bedürfnis heraus entstanden, moderne Wissenschaften wie zum Beispiel die Molekularbiologie so zu übersetzen und zu vermitteln, dass sie auch für den Laien zugänglich wird. Nach dem Prinzip “Lernen durch Anwendung” wird dabei im Rahmen praktischer Laborarbeit in die schwierige Materie und ihre Zusammenhänge eingeführt. Doch geht es dabei nicht um das bloße Sammeln von zusätzlichem Wissen, sondern im Vordergrund steht auch die Vermittlung eines grundlegenden Verständnisses über Arbeitsweise, Denkmethoden und Zusammenhänge in der Forschung. Mit dem Aufdecken der oben angesprochenen Hierarchien hofft das junge Team auch, das Vertrauen zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit wieder herstellen zu helfen. Ein Vertrauen, das sich Wissenschafter allen Unkenrufen zum Trotz sehr wohl verdienen.

Erst durch den Diskurs aufgeklärter Diskussionspartner ist ein dauerhafter Konsens für die Gesellschaft möglich. Ein Konsens der besonders im heiklen Bereich Naturwissenschaft, insbesondere der Gentechnik, unbedingt gefunden werden muss und für den das Science Education Team einen Beitrag leisten möchte.