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Ars Electronica 1999
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Festival 1979-2007
 

 

Bugrace99
Insect Cash-Race Against Racism



ordinary bugs
Kakerlaken gelten als schleimig, abstoßend; keiner will sie und trotzdem haben es diese Insekten geschafft, tausende Jahre Ausrottungsversuche zu überleben. Kakerlaken sind die Nutznießer der Zivilisation, halten sich an warmen, feuchten Plätzen auf, an denen ausreichend Nahrung vorhanden ist. Ohne äußere Kontrolle kann sich ein Paar deutscher Kakerlaken innerhalb eines Jahres auf über 2 Millionen Exemplare vermehren. Kakerlaken lieben den Schmutz und die Dunkelheit und haben sich zu einem Indikator für ärmliche und unhygienische Lebensumstände entwickelt. Kakerlaken tragen Krankheitserreger, Viren und Bakterien mit sich, verbreiten diese und rufen allergische Reaktionen hervor. Kurzum: Kakerlaken, auch als Küchenschaben bekannt, gelten als die Parasiten schlechthin, die verabscheuungswürdigste Lebensform, die zurzeit auf unserem Planeten existiert. Doch bereits seit Jahrhunderten ist erwiesen: Selbst ein Heer von Kammerjägern wird diesen Tieren nicht Herr werden.
Was liegt nun also näher aus der Sicht der Menschheit, als einen Schritt auf diese Tiere zuzugehen?
fine bugs
Wir ernennen die Kakerlake zum Forschungsgegenstand, mehr noch: Wir machen aus den Parasiten Hoffnungsträger; eine Chance, mit den Tieren, die in der Küche alles vernichten, Geld zu verdienen. Die Vorzeichen werden vertauscht; Schaben sind die Stars in der Manege. Beobachtet von unzähligen Kameras, jede Regung wird mit Spannung mitverfolgt. Medial in Szene gesetzt, alles wird von einem Moderator kommentiert. Ein Sportereignis. Ähnlich den Haustier-Schönheitswettbewerben wird die Tür zu einem neuen Forschungsgebiet aufgestoßen: die schnellste, die eleganteste, die intelligenteste Kakerlake zu züchten; zum Wohle der Zivilisation. Mensch setzt all seine Hoffnungen und natürlich auch sein Geld auf Kakerlaken.
fast bugs
In einem dunklen Saal sind Menschen um einen hellen Schrein gruppiert, auf dem sich transparente Schläuche befinden. Im Raum hallt ein Stakkato aus Anfeuerungsrufen, übertönt von den enthusiastischen Kommentaren eines Moderators. In hitziger Atmosphäre findet ein Rennen statt, vergleichbar einem Pferderennen oder einem Hahnenkampf. Jeweils fünf Schaben treten gegeneinander an. Der Jockey treibt mittels eines Joy-Pults sein Tier durch verschiedene Arten der Stimulation voran:
  • die “Reitpeitsche” des Jockeys: mechanisch-elektrische Stimulation durch ein Device auf dem Rücken der Tiere.

  • Krötenangriff: gezielt eingesetzte Luftstöße (600mm/s2), welche die natürlichen Feinde der Schaben simulieren und so einen Fluchtreflex auslösen.

  • Licht & Dunkelheit als unterstützende Faktoren.
Jede Bewegung und jedes Geräusch der Tiere wird über mediale Schnittstellen mitverfolgt, in einem Live-TV-Studio abgemischt und für das Publikum via Monitoren und Lautsprechern sicht- und hörbar.
bucks for bugs
Hinter einem vergitterten Fenster befindet sich das Wettbüro. Das Rennen ist auch über einen Live-Stream im WWW mitzuverfolgen. Hier wie dort hat Mensch die Möglichkeit, mittels Kreditkarte oder Bargeld sein Hab&Gut aufs Spiel zu setzen.

Sechs Beine für einen Sieg. Die Rennbahn: transparente Schläuche. Das Ziel: 8 Meter nach dem Start. Die Nerven sind gespannt. Es darf gewettet werden.

Ein Projekt der Stadtwerkstatt in Kooperation mit dem Art & TEK (vorm. Archimedia) Institut der Universität für Gestaltung Linz im Auftrag von Ars Electronica 99