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Ars Electronica 1998
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Project Paradise


' Centre for Metahuman Exploration Centre for Metahuman Exploration

Project Paradise ist eine Telepräsenzinstallation, durch die zwei voneinander getrennte Teilnehmer miteinander interagieren können, indem sie sich in ein fernes ”Paradies” projizieren. Jeder Teilnehmer nimmt den Körper eines menschlichen Avatars an, um in physische Interaktion mit dem anderen Teilnehmer treten zu können. Diese Interaktion erfolgt über Telerobotik, Live-Bilder und Gespräche zwischen den Teilnehmern. Besucher der Installation steuern die Handlungen der mechanisch erweiterten, menschlichen Avatare im fernen Raum, den der Betrachter über Live-Bilder aus der eigenen Perspektive sehen kann. Durch die von den menschlichen Avataren hervorgerufene Empathie erweitert die konventionelle Telepräsenz so, daß menschliche Wünsche und Emotionen übermittelt und empfangen werden können.

INSTALLATION
Die Installation besteht aus zwei Isolationskabinen aus Aluminium, die an verschiedenen Ecken des Raums aufgestellt werden, und einer dritten Kabine in der Mitte des Raumes. Diese drei werden durch Video- und Telephonkabel miteinander verbunden.

In jeder Isolationskabine läutet ein Telephon. Dadurch werden Austellungsbesucher zum Eintreten eingeladen. Die Isolationskabinen sind mit einem Videomonitor und einem Tastentelephon ausgestattet. Nach Abheben des Telephonhörers erhalten die Teilnehmer eine kurze Einführung und Anleitungen. Danach erleben sie das ”Paradies”.
PARADIES
Der ferne Ort, eine zylindrische Kammer in der Mitte des Raums, enthält einen üppigen, synthetischen Garten, der nur auf den Videobildschirmen in den Insolationskabinen sichtbar ist. Die Besucher in den Kabinen erleben diesen Garten über ihre menschlichen Avatare. Sie können das Gras berühren, Blumen und Früchte pflücken und physisch mit anderen interagieren. Obwohl das Paradies und die Cyborgs nur ein paar Schritte entfernt sind, können sie die Besucher nur mittels Telepräsenz und Video erleben.
DAS STELLVERTRETENDE CYBORG-ICH
Das stellvertretende Cyborg-Ich erweitert den literarisch-künstlerischen Begriff der emotionalen Kommunikation auf das Reich der Telepräsenz, indem ein empathischer Avatar als Ich fungiert und die Rolle des emotionalen Sensors/Effektors übernimmt.

Ziel der Telepräsenz ist es, einen fernen Ort zu erfahren, ohne dort zu sein. Häufig erfolgt dies durch den Einsatz von Telerobotik und Kommunikationstechnologien. Zwar eignet sich dies für Fernarbeit, -inspektion und -erkundung, doch oft fehlt bei diesen Erfahrungen ein sensorisches Input und ein emotionaler Inhalt, um sie als ”reale” Erfahrung glaubwürdig zu machen. Die Erzielung eines entsprechenden sensorischen Inputs ist primär eine technische Herausforderung, während beim emotionalen Inhalt die Projektion der Gefühle des Beobachters erforderlich ist, um eine Verbindung zu Objekten und Wesen am fernen Ort herzustellen. Diese emotionale Verbindung kann dann das sensorische Input, das mit rein technischen Mitteln bereitgestellt wird, verstärken. Für diese Beziehung gibt es Vorläufer in der Geschichte:
– Die Figur des Jedermann in der Literatur, der es dem Publikum ermöglicht, sich in eine Handlung hineinzuversetzen, indem es sich vorstellt, an der Stelle von Jedermann zu sein.

– Astronauten im All. Es gibt nur wenige wissenschaftliche, aber viele kulturelle Gründe dafür, Menschen auf den Mond zu senden. Als Neil Armstrong die berühmten Worte ”Ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein großer Sprung für die ganze Menschheit” aussprach, stand der Astronaut stellvertretend für die gesamte Menschheit.
Die Erfahrung der emotionalen Fernverbindung erfordert einen Avatar, durch den ein User emotionale Inhalte aussenden und aus der Ferne empfangen kann. Dieser Avatar muß vom User gesteuert werden können, aber ihn dennoch personifizieren, um empathische Gefühle zu vermitteln. Idealerweise wäre der empathische Avatar teils Mensch, teils Maschine, um auf die Anweisungen des User zu reagieren. Dieser mechanisch erweiterte Mensch ist das stellvertretende Cyborg-Ich.