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Ars Electronica 1998
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Festival 1979-2007
 

 

Super Collider
A Sound Accelerator

'Rupert Huber Rupert Huber

if atoms/atom particles collide at a very high speed, the energy of their collision will create new matter.

"the music super collider is an accelerator which will bring music particles into head-on collision at high energies to allow musicians to penetrate still further into the structure of matter and recreate the conditions prevailing in the sound universe just 10–12 seconds after the ‘big bang’ …"
der klangteilchenbeschleuniger basiert auf einem technischen basis-setup, das es ermöglicht, verschiedene spielarten elektronischer musik (dj, instrument, liveremix) in variablen konstellationen modular (gleichzeitig, einander folgend, überlappend …) darzubieten; als kollision wird das zusammenspiel/wirken von musikkünstlern verstanden, deren musik ähnlichkeiten in bestimmten bereichen ihres schaffens aufweist oder deren zugang zu musik ein ähnlicher sein könnte.

den teilnehmenden künstlern bieten sich unzählige möglichkeiten der kollisionswahl; kategorien (live/mix/dj oder dj/dj …) und aspekte (tempo, frequenz …) werden definiert ebenso wie zonen (ambience, grooves), um die möglichkeit des zusammenspiels/der kollision zu einem bestimmten zeitpunkt zu beschreiben. Diese koordinaten, ergänzt durch die auswahl an musikteilchen = personen, die an einem bestimmten tag mitwirken, werden durch eine farbe bezeichnet, die die grundlage für die arbeit der visual artists am jeweiligen Tag ist.

nach auffassung der physik besteht die welt aus elektronen, u-quarks, d-quarks und leerem raum; mit verklingen des music super colliders wird es möglich sein, ähnliche aussagen in bezug auf elektronische musik und musikteilchen (frequenz, rhythmus, raum, kategorien, aspekte, zonen) zu treffen. jeder teilnehmer hat die möglichkeit, sich für eine bestimmte zeit als bestimmtes teilchen (kategorie, aspekt, zone; proton, neutron, elektron …) zu deklarieren und wünsche, bestimmte kollisionen betreffend, zu realisieren. kollisionen können zwischen allen teilchen stattfinden. auf diese weise entsteht eine kollisionswunschmatrix, die teilnehmern und publikum als orientierungshilfe dienlich sein kann. die kollisionsmatrix dient der koordination der möglichen kollisionen und ist eine partitur, die die abstrahlung der klänge in den verschiedenen räumen der stadtwerkstatt (tanzfläche, kommunikationsraum …) steuert.

den räumen werden bestimmte musikalische und tontechnische funktionen und aggregatszustände zugewiesen – wie beobachtungsstation, kollisionsraum, abkühl/ aufwärmraum.

”die musikteilchen – frequenz, rhythmus, raum, instrument, lautstärke – werden im teilchenbeschleuniger zur kollision gebracht. tageweise liegt das hauptaugenmerk der untersuchungen auf einer teilchenkollision wie frequenz-frequenz etc. diese spezifisierten zustandsuntersuchungen werden im licht einer grundfarbe, die mit den themen der untersuchungen wechselt, durchgeführt.”

musik wird beschleunigt, zu bestimmten zeiten kollidiert sie mit anderer musik; der zusammenstoß setzt energie frei. in einem musikteilchenbeschleuniger werden die teilchen nicht auf metallplatten, sondern auf teilchen ihrer oder anderer art/natur gelenkt. dies entspricht dem musikalischen zusammenklang und dem prinzip von bewegung und gegenbewegung. im music super collider bestimmen die teilchen ihre bewegung – ihre stimmführung – selbst, orientiert an der architektonischen, technischen und räumlichen gegebenheit. es ist auch denkbar, daß an einem tag beobachtet wird, wie zwei teilchen versuchen, nicht miteinander zu kollidieren.

ein klangkollider ist ein teilchenbeschleuniger, in dem schallwellen, ausgelöst durch musiker und tonkünstler mit ihrem instrumentarium, herumfliegen, beschleunigen/beschleunigt werden und kollidieren oder einfach aneinander vorbeifliegen. musiker, komponisten und klangkünstler sind eingeladen, als atome und atomteilchen aus verschiedenen sogenannten musikstilen, verschiedenen akustischen welten daran teilzunehmen. sie haben das interesse und die fähigkeit gemeinsam, andere zugänge zur musik zu verstehen und mit ihnen zu arbeiten; sie wissen mit stilen, teilen und fragmenten von musik umzugehen und sie in einen anderen kontext, eine andere struktur oder komposition zu setzen und oder damit zu spielen. die bildkünstler haben die möglichkeit, kommentierend oder kollidierend teilzunehmen; so kann eine visuelle architektur klangatome beherbergen, sie strukturieren oder zum aufprall dienen.
erster tag schwarz weiß
anschalten des beschleunigers
beobachtung der teilchenbewegung in raum 1

zweiter tag farbe 1
beschleunigung,
teilchenbewegung in räumen 1+4, kollision

dritter tag farbe 2
direktes aufeinandertreffen von teilchen openair/raum 2
beobachtung, auswertung und weitere kollision in raum 1

vierter tag farbe 3
direktes aufeinandertreffen von teilchen openair/raum 3
beobachtung, auswertung und weitere kollision in raum 1

fünfter tag weiß schwarz
beobachtung, auswertung und weitere zusammenstöße raum 1
abkühlen, ausschalten des beschleunigers
aus der energie, die das zusammentreffen der künstler erzeugt, entsteht musik, materie in der zeit.

verstehen sie unter einer musikalischen kollision ein direktes aufeinandertreffen zweier gleichwertiger und gleichzeitiger teilchen, ohne einem übergeordneten künstlerisch oder kommerziell zu erreichenden ziel zweckdienlich sein zu müssen.

weiters handelt es sich nicht um eine zusammenführung von musiken durch eine vorgesetzte stelle – komponist, dirigent mischt verschiedene stile zusammen –, sondern um eine kollision gleichwertiger teilchen, die die urheberschsaft eines einzelnen am persönlichen material nicht betrifft. mittels der kollisionsmatrix bestimmen die künstler die form, dauer und art der zusammenarbeit im bereich des beschleunigers selbst.

”die gegenwärtige bauweise elektronischer instrumente läßt, sowohl was die erzeugung als auch die speicherung akustischer signale und deren veränderung betrifft, zeitweise weniger wünsche offen, als ein mit durchschnittlicher elektronischer phantasie begabter mensch haben kann. das instrumentarium besteht aus einem katalog verschiedener arbeitsweisen auf diversen musiktechnischen geräten, die sich mit der zeit verfeinern und begrenzen. einen sampler füllt der benutzer nicht nur mit klängen – er wird gefordert, sein eigenes instrument zu bauen; es entsteht ein katalog an instrumenten und arbeitsweisen, deren kombination den bestimmten charakteristischen klang eines musikers ausmachen kann.”

der music super collider versteht sich als sich selbst erschaffendes instrument; ebenso als eine anzahl von möglichen instrumenten.

läßt ein atom sich auf die verständigung über gewisse parameter mit dem gegenstück ein – z. B. geschwindigkeit der kollision, zone, kategorie –, und es kommt zum treffen im gemeinsamen musikalischen und tatsächlichen raum, ist das umschreibbar als zeitweises entstehen verschiedener orchester auseinander und aus der beschaffenheit des music super collider selbst. (einigung auf parameter kann natürlich auch die verhaltens- und nutzungsvorschläge, die ein klang oder eine klangfolge elektronischer musik mitteilt, umfassen.)

die atome repräsentieren welten für sich; jedes kann in teile geteilt werden, zusammen bilden sie ein größeres ganzes. im falle der musik repräsentieren die eingeladenen künstler gleichzeitig teile davon; der musikbeschleuniger gibt ihnen die möglichkeit, sich frei zu bewegen, mit anderen atomen zusammenzustoßen, sich zu treffen – oder nicht – und so die gestalt des entstehenden körpers zu bestimmen.

aus atomteilchen, die atome für sich sind, entsteht ein atom der musikwelt.

Ton- und Bildkünstler:

richard dorfmeister, shantel, peter kruder, daniel haaksman, sam auinger, lukas ligeti, tosca, sofa surfers , kurt dahlke, scanner, johannes strobl, hanno leichtmann, paloma, jim o´rourke, rachel de boer, julia zdarsky, kurt mayer

orte: stadtwerkstatt, ars electronica quarter

fa.huber in zusammenarbeit mit g-stone, lowres,stadtwerkstatt