www.aec.at  
Ars Electronica 1998
Festival-Website 1998
Back to:
Festival 1979-2007
 

 

Selbstorganisierende Evolution auf Finanzmärkten und anderen Gebieten


'J. Doyne Farmer J. Doyne Farmer

Das Thema dieses Symposiums, “InfoWar”, bezieht sich auf den derzeit in unserer Gesellschaft stattfindenden Kampf um Informationskontrolle. Das Aufkommen von Internet und Gentechnik wird diesen Kampf noch verstärken. Wir sind dabei, ein Netzwerk komplexer, informationsverarbeitender Organismen zu schaffen, von denen wir uns kaum eine Vorstellung machen. Diese Entwicklung hin zu immer größerer Komplexität und ständig verbesserter Informationsverarbeitung wird durch denselben unaufhaltsamen Prozeß der Selbstorganisation angetrieben, der die vielfältigen Lebensformen unseres Ökosystems und die menschliche Kultur erschaffen hat, die für uns so selbstverständlich sind. Das Bemerkenswerte daran ist, daß sich diese komplexe Ordnung im Zuge eines spontanen, automatischen, nicht zielgerichteten Gestaltungsprozesses aus einem, wie wir gemeinhin glauben, ursprünglich völlig chaotischen Zustand heraus entwickelt hat. Nun, an der Schwelle zum Informationszeitalter, hat dieser Vorgang der selbstorganisierenden Evolution überwältigende Ausmaße erreicht, und es wäre schön, wenn wir zumindest den Funken einer Ahnung von den ihm zugrundeliegenden Prinzipien hätten. Leider gibt es noch immer keine gute Theorie, von der wir uns leiten lassen könnten.

In dieser Abhandlung werde ich versuchen, meine eigenen bescheidenen Erkenntnisse zur Funktionsweise der Selbstorganisation einfließen zu lassen und zu diesem Zwecke die Evolution auf den Finanzmärkten als wichtigstes Beispiel heranziehen. Meine These lautet, daß selbstorganisierende Evolution im weitesten Sinne ein universelles und allgegenwärtiges Phänomen darstellt, das sich weit über die Biologie hinaus erstreckt, spontan auftaucht und, sobald ein geeignetes Medium vorhanden ist, komplexe Strukturen erzeugt. Dieses Medium kann die Ursuppe sein, eine Zelle, das Stoffwechselsystem eines Wirbeltiers, das menschliche Gehirn, der Handel in einer stabilen Gesellschaft oder das Internet. Die verschiedenen Mechanismen, die in den diversen Umgebungen für Ordnung sorgen, haben viel gemeinsam. Etwas optimistischer könnte man sagen: Es gibt mehrere situationsabhängige Varianten ein- und desselben allgemeinen Mechanismus. Diese Idee ist nicht neu und geht mindestens bis auf Herbert Spencer zurück. (1)

GLOBALE ELEKTRONISCHE FINANZMÄRKTE
Die Kämpfe in unserer Gesellschaft konzentrieren sich immer stärker auf die Fähigkeit, elektronische Informationen zu beschaffen, zu manipulieren und als Entscheidungsgrundlage zu verwenden. Das wird nirgends deutlicher als auf den globalen Finanzmärkten. Geld ist heute völlig elektronisch. Ob man Milliardär ist, bemißt sich am Ladungszustand einiger Siliziumteile. Diese Repräsentation des Geldes begünstigt einen Schnellschußhandel, der täglich Transaktionen in der Höhe von mehreren Billionen Dollar ermöglicht, mehr als fünfzigmal so viel wie das tägliche Bruttosozialprodukt der ganzen Welt. Ob das unser Leben verbessert oder nicht, fest steht, daß sich hier ein eigenständiges Ökosystem entwickelt hat – ein wesentliches Organ unserer Gesellschaft mit lebenswichtiger Funktion. Dieses Ökosystem entwickelt sich rasch weiter und wird in seinem Kurs höchstens geringfügig von einzelnen Regierungen, Banken oder Unternehmen mitbestimmt.

Das Ökosystem der globalen Finanzwirtschaft besteht aus Hunderttausenden verschiedenen Agenten, die eine Vielzahl unterschiedlicher Strategien anwenden. Jeder Agent hat dasselbe Ziel: Gewinnmaximierung. Um dieses Ziel zu erreichen, verarbeitet jeder Agent Informationen, die ihm zu entscheiden helfen, was er wann kaufen oder verkaufen soll. Das ist eine überaus darwinistische Umwelt; jedes Jahr müssen etliche Firmen zusperren, weil sie dieses Spiel nicht zur Genüge beherrscht haben. Aufgrund dieses Selektionsdrucks wird die Umstellung der Informationsspeicherung und -verarbeitung von Papier und Menschen auf Elektronen und Computer vorangetrieben. So können Geschwindigkeit, Verläßlichkeit und Kapazität um ein Vielfaches gesteigert werden, was komplexere Entscheidungsprozesse ermöglicht. Derzeit werden Computer hauptsächlich verwendet, um menschliche Entscheidungen zu unterstützen. Es gibt jedoch bereits den Trend, Computer tatsächlich eigene Entscheidungen treffen zu lassen.

Die Prediction Company, zu deren Mitbegründern ich zähle, ist in diesem Trend federführend. Über eine Zeitspanne von sieben Jahren haben wir eine umfassende, 50 Gigabyte große Datenbank zusammengestellt, in der nahezu die gesamte öffentlich zugängliche Information über amerikanische Aktien enthalten ist. Dazu gehören alle Transaktionen und Börsennotierungen von Aktien und Optionen während der vergangenen zehn Jahre sowie Buchhaltungsberichte und Unterlagen der US-Börsenaufsichtsbehörde. Wir analysieren diese Informationen mittels Computer und suchen nach vorhersagbaren, sich wiederholenden Verhaltensmustern. Die Gesamtmenge dieser Muster dient in der Folge dazu, Modelle zur Vorhersage zukünftiger Preisentwicklungen zu erstellen. Diese werden als Programme installiert und laufen in einer fehlertoleranten Echtzeit-Umgebung, wo alle Transaktionen und Notierungen verarbeitet werden. Unsere Computer überwachen ca. 2000 Aktien und aktualisieren die Voraussagen im Minutenabstand. Sobald sie geeignete Bedingungen feststellen, senden sie einen Kaufs- oder Verkaufsbefehl an die jeweils richtige Börse; diese Befehle werden innerhalb von Sekunden empfangen und weiterverarbeitet. Unsere Gewinne oder Verluste, die den ganzen Tag über laufend tabellarisiert werden, können sich innerhalb von Minuten dramatisch verändern. Die Software, die die Modelle definiert und berechnet, wird von Menschen geschrieben, und auch das Handelssystem wird von Menschen überwacht, die in Ausnahmefällen, wie etwa beim Versagen der Datenversorgung, eingreifen. Abgesehen davon arbeitet das System vollautomatisch.
EIN EVOLUTIONSMODELL FÜR DEN FINANZSEKTOR
Zur Veranschaulichung einer Situation, deren Entwicklung sich durch ein mathematisches Modell beschreiben läßt, werde ich eine kurze Zusammenfassung einer von mir entwickelten Theorie über Finanzmärkte bringen. (2) Diese Theorie ist auf der untersten Ebene der Dynamik angesiedelt – in diesem Fall eine einfache Regel, die einen Zusammenhang zwischen menschlichem Verhalten und Preisen herstellt. So läßt sich erkennen, wie die verschiedenen von den Händlern angewendeten Strategien miteinander interagieren. Wenn eine alte Strategie ausstirbt oder eine neue auftaucht, dann kann man errechnen, wie sich das auf den Pool der bereits vorhandenen Strategien auswirkt. Im allgemeinen hängt jede Strategie in ihrer Existenz von anderen Strategien ab. Daher konkurriert einerseits jede Strategie mit den anderen, während sie andererseits in einer kooperativen Beziehung zu ihnen steht. Analog verhält es sich in der Ökologie innerhalb eines biologischen Systems. Das Nettoergebnis ist ein selbstorganisierter, kollektiver Entscheidungsprozeß, der eine bezeichnende Rolle dabei spielt, die Ziele der Gesellschaft festzulegen. Hoffentlich wird unser Streifzug durch einige Einzelheiten der Finanzsysteme diese allgemeinen Prinzipien deutlicher machen. Im weiteren Sinne demonstriert dieses einfache Finanzmodell, wie wenig eigentlich notwendig ist, um ein entwicklungsfähiges, selbstorganisierendes System ins Leben zu rufen.
THEORIE DES UNGLEICHGEWICHTS ZWISCHEN ANGEBOT UND NACHFRAGE
Der klassische Ansatz der Wirtschaftswissenschaft basiert auf den Gesetzen von Angebot und Nachfrage. Diese kann man kurz folgendermaßen zusammenfassen: Angebot und Nachfrage für jede Ware oder Dienstleistung ändern sich in Abhängigkeit vom Preis. Wenn der Preis steigt, geht die Nachfrage zurück, und das Angebot steigt. Auf einem wettbewerbsorientierten Markt sollten die Preise so angesetzt sein, daß sich Angebot und Nachfrage die Waage halten. Wenn das Angebot der Nachfrage entspricht, spricht man von “Gleichgewicht”.

Das ist eine sehr hübsche Vorstellung. Dennoch wird es immer deutlicher, daß sich die realen Finanzmärkte so nicht besonders gut beschreiben lassen. Aufgrund dieser Theorie würde man erwarten, daß Preisänderung eher langsam und nur als Reaktion auf neue Informationen eintreten. In Wirklichkeit können umfangreiche Preisänderungen rasch und scheinbar spontan von statten gehen. In vielen Fällen, wie etwa beim Börsenkrach 1987, kommt es ohne erkenntlichen äußeren Grund zu umfangreichen Preisverschiebungen. Natürlich werden Preise auch durch Nachrichten beeinflußt, aber oft scheint die marktimmanente Dynamik mindestens genauso wichtig zu sein.

Es gibt viele Theorien darüber, was mit der normalen Gleichgewichtsformel von Angebot und Nachfrage nicht stimmt. Da sie im Lichte der neuen Disziplin der Verhaltensökonomie (3) entwickelt wurden, konzentrieren sich die meisten davon auf die Myriaden von Möglichkeiten menschlicher Unvernunft. Angebot und Nachfrage sind bewegliche, von der Massenpsychologie abhängige Ziele. Auf einem fortschrittlichen Markt gibt es viele Informationen, weitaus mehr als der einzelne vollständig verarbeiten kann. Die Interpretation dieser Informationen ist problematisch, da die Reaktion des Marktes davon abhängt, wie sie von allen interpretiert werden. Das zu verstehen würde eine Theorie der Massenpsychologie erfordern, die Voraussagen machen kann – die aber dem durchschnittlichen Händler nicht zur Verfügung steht. (Und hätte er eine solche Theorie zur Hand, so müßte sie auch diese Tatsache berücksichtigen, was wahrscheinlich prinzipiell unmöglich ist.) Auf den Finanzmärkten müssen Entscheidungen rasch getroffen werden. Außerdem sind viele der gemeinhin verwendeten Handelsstrategien nicht rational. Die Menschen sind nicht sehr gut in Statistik. Launen, Trends und Massenhysterie können Preise enorm aus dem Gleichgewicht bringen. Preisschwankungen sind sowohl von der Wahrnehmung als auch von der Psychologie abhängig, und letzten Endes werden Käufe und Verkäufe von Leuten getätigt, die alle der typisch menschlichen Irrationalität unterworfen sind. George Soros konstatierte ein Prinzip der “Marktreflexivität”. (4) Er geht dabei von der Vorstellung aus, daß Kaufs- und Verkaufsentscheidungen einerseits auf den Erwartungen für künftige Preisentwicklungen basieren, daß aber andererseits künftige Preise von den heute getätigten Kaufs- und Verkaufsentscheidungen abhängig sind. Marktpreise sind das Gesamtresultat aller Handelsaktivitäten, und gleichzeitig sind alle Handelsaktivitäten durch die individuelle Wahrnehmung des Marktes bestimmt. Also fluktuieren Marktpreise dynamisch, da die Menschen zu erraten versuchen, wie sich der Markt verhalten wird, und dementsprechend handeln.

Ich habe Soros' Vorstellung leicht abgeändert und das Ergebnis in mathematische Begriffe gefaßt. Das Prinzip ist nun sogar noch einfacher: Käufe bringen den Preis tendenziell zum Steigen, Verkäufe bringen ihn zum Sinken. Diese Regel würde kein Händler abstreiten. Wir nehmen einzig und allein an, daß der Preis tendenziell steigt, wenn es zu einem gegebenen Moment mehr Käufer als Verkäufer gibt. Ebenso wird er tendenziell sinken, wenn es mehr Verkäufer als Käufer gibt. Je größer das Ungleichgewicht, umso schneller verändert sich der Preis. Man beachte, daß dieser Mechanismus nicht derselbe ist wie bei Angebot und Nachfrage, sondern eine etwas abgeschwächte Variante. Es wird kein Gleichgewicht angenommen. Es ist nicht nötig anzugeben, wo der Preis letztendlich landen wird, sondern nur, in welche Richtung er sich bewegt, wenn er einmal aus dem Gleichgewicht geraten ist, und wie schnell er sich verändern wird. Ein weiterer großer Vorteil dieses Modells besteht darin, daß sich die Reaktion der Preise auf einen getätigten Handel relativ einfach messen läßt, so daß diese Theorie unschwer auf der Basis leicht zugänglicher Daten verifizierbar ist. Tatsächlich wird, wenn man sich Transaktionen ansieht, eine grundlegende Tendenz besonders ins Auge fallen: Je größer der Handelsumfang, umso größer die daraus resultierende Preisschwankung.

Von diesem Gesichtspunkt aus kann der Markt als ein globales Kasino aufgefaßt werden. Das Spiel besteht darin vorauszuahnen, was die anderen Spieler tun werden. Wenn man glaubt, daß die Mehrheit der anderen Spieler kaufen wird, so versucht man selbst, als erster zu kaufen. Wenn dann die anderen kaufen, steigen die Preise, und man selbst erzielt einen Gewinn. Hat man sich allerdings geirrt und verkaufen die anderen, dann wird man wohl oder übel einen Verlust hinnehmen müssen. Viele Händler betrachten Märkte genau so. George Soros führt z. B. ein Tagebuch über seine Handelsentscheidungen während des Jahres 1986 und liefert einen genauen Bericht darüber, wie er die Massenpsychologie der anderen Händler voraussieht. (Für andere war das schwer nachvollziehbar.)
TRENDFOLGER UND WERTINVESTOREN
Die meisten Händler folgen systematischeren Strategien. Die einfachste Kategorie besteht in der Reaktion auf Preisänderungen. Eine wichtige Gruppe, zu der beispielsweise der amerikanische Investor Warren Buffet gehört, sind die Wertinvestoren. Wertinvestoren versuchen, den tatsächlichen Wert von Dingen zu bestimmen. Sie suchen nach Situationen, in denen die Preise von dem, was sie für den “wahren Wert” halten, abweichen, und setzen dementsprechend. Eine zweite wichtige Gruppe sind die Trendfolger. Sie glauben, daß Preise dazu neigen, sich in dieselbe Richtung weiterzubewegen. Sie kaufen, wenn die Preise zu steigen beginnen, und verkaufen, wenn sie zu fallen beginnen.

In Wahrheit ist die Situation komplizierter. Den wahren Wert zu bestimmen ist nicht einfach, und Trendregeln können ziemlich kompliziert sein. Ein- und derselbe Händler kann manchmal Trendfolger, dann wieder Wertinvestor sein. Und dann gibt es noch eine Unmenge weiterer Strategien – von Arbitrage bis Astrologie. Trotzdem sind dies gängige Strategien, die auf der ganzen Welt angewendet werden. Sie stellen eine gute Diskussionsgrundlage dar, da sie leicht verständlich und anhand des Modells leicht zu untersuchen sind.

Dem klassischen Dogma der Ökonomie zufolge sollten Märkte “effizient” sein. Preisänderungen sollten unvorhersagbar sein und auf öffentlicher Information basieren. Die Preise sollten sich nur als Reaktion auf äußere Informationen verändern; außer dann, wenn Insiderinformationen im Spiel sind, sollten alle Preisänderungen dem Zufall überlassen sein. Gemäß der hier als Alternative diskutierten Theorie kann jedoch, wenn die Händler klar definierte Gruppen bilden, das charakteristische Gruppenverhalten Muster in der Preisbildung hervorrufen. Trendfolger werden z.B. dazu neigen zu kaufen, wenn der Preis steigt. Das wiederum wird noch mehr Käufe bewirken, wodurch der Preis noch weiter in die Höhe getrieben wird. Wenn es also genug Trendfolger gibt, so erzeugen sie eine selbsterfüllende Prophezeiung: Trendfolger verursachen Trends. Das wird in der Simulation in Abb. 1 gezeigt. Das Netz der Käufe und Verkäufe wird durch eine Simulation verschiedener Trendfolge-Strategien berechnet, wobei Zufallsgeräusche hinzugefügt werden. Diese Zufallsgeräusche kann man sich als repräsentativ für die Gesamtheit aller unvorhersagbaren externen Informationen vorstellen, die den Markt beeinflussen könnten, wie etwa Nachrichten über aktuelle Ereignisse. Für diese Simulation ist der Lärmpegel unrealistisch niedrig angesetzt, um die deterministische Komponente der Dynamik besser zu veranschaulichen.

Abb. 2 zeigt, was passiert, wenn zu dieser Kombination noch die Wertinvestoren hinzukommen. Der Einfachheit halber nehmen wir an, daß alle Wertinvestoren glauben, der korrekte Wert bestünde aus 1000 Einheiten. Solange sich der Preis in einer bestimmten Bandbreite um diese 1000 bewegt, bleiben sie dem Markt fern. Bewegt sich der Preis von 1000 weg, dann setzen sie darauf, daß er sich später wieder darauf zubewegt. Sie kaufen z. B., wenn der Preis niedrig ist. Aber durch ihren Kauf bringen sie den Preis in Schwung, wodurch er tendenziell wieder steigt. Auf diese Weise halten sie den Preis in der Nähe des ihrer Ansicht nach wahren Wertes. Auch wenn wir nicht von einem Gleichgewicht ausgehen, so ergibt sich aufgrund von Gemeinsamkeiten in der Wahrnehmung eine schwache “Kraft”, die den Preis auf einem bestimmten Niveau hält. Das erinnert uns an die unsichtbare Hand von Adam Smith.

Dadurch, daß die Trendfolger selbst Trends auslösen, bringen sie den Preis dazu, sich rascher als üblich vom tatsächlichen Wert wegzubewegen. Das erkennt man in Abb. 2 ca. bei Faktor 2300, wo ein starker Trend dazu führt, daß sich der Preis rapide von einer Unter- zu einer Überbewertung entwickelt. Trendfolger “nähren” Wertinvestoren. Ohne Trends blieben die Preise länger in der Nähe des tatsächlichen Wertes und es gäbe weniger Chancen für Wertinvestoren. Dadurch wiederum könnte der Preis anfälliger für Schwankungen werden, da der Markt so viele Wertinvestoren nicht verkraften könnte. Nun wird also die Komplexität von Interaktionen in finanziellen Ökologien langsam offensichtlich: Trendfolger an sich neigen dazu, den Markt zu destabilisieren, aber im Zusammenspiel mit den Wertinvestoren können sie tatsächlich zu seiner Stabilisierung beitragen (dieser Mechanismus erfordert nähere Untersuchungen).

Gäbe es ein Kontinuum verschiedener Strategien, im dem sich die Händler nicht um gewisse Strategien gruppieren würden, so würden die Handlungsmuster nicht ineinander übergehen, sondern sich gegenseitig ausstechen. Gibt es jedoch einzelne Gruppen von Händlern, so wird jede Gruppe dazu neigen, zu verschiedenen Zeiten zu handeln. Muster treten dann zutage, wenn eine bestimmte Gruppe ihre Aktivitäten steigert, während andere diese einschränken.
NAHRUNGSKETTEN
Es besteht eine Analogie zwischen der Interaktion der verschiedenen Arten von Händlern in einer finanziellen Ökologie und der Nahrungskette in einer biologischen Ökologie. Am einen Ende der Nahrungskette stehen die “Verbraucher”, die Sicherheiten suchen, wie etwa ein Bauer, der den Getreidepreis fixieren muß, oder der Fahrzeughersteller, der im Ausland gefertigte Bauteile verwendet und das Risiko von Währungsschwankungen vermeiden will. Um diese Risiken zu eliminieren, schließen sie Lieferungs- oder Terminverträge ab, die ihnen für einen zukünftigen Zeitpunkt einen bestimmten Preis garantieren. Ihr Makler kauft diese von einem “Market Maker”, der durch seine ständige Kaufs- bzw. Verkaufsbereitschaft für Liquidität sorgt. Der Makler bekommt eine Kommission, und der Market Maker versucht, aus der Preisspanne einen Gewinn zu erzielen, d.h. er kauft zu einem etwas niedrigeren Preis und verkauft zu einem etwas höheren. Der Market Maker wendet sich anschließend dem Spekulanten zu, um die Ware abzustoßen. Dieser hat den Blick auf ein bestimmtes Ziel gerichtet und ist bereit, über einen längeren Zeitraum Risiken zu übernehmen. Als Gegenleistung für ihre Risikobereitschaft machen Spekulanten Profite auf Kosten der Konsumenten. Dafür, daß sie für Liquidität sorgen (und kurzfristige Risiken übernehmen), machen die Market Maker Profite auf Kosten aller anderen. Alle Gruppen brauchen einander.
EVOLUTION UND EFFIZIENZ
Märkte entwickeln sich mit der Zeit. Das geht auf verschiedene Weise vor sich. Da die Weltwirtschaft wächst, gibt es mehr Handel und mehr Marktteilnehmer. Durch die Akkumulation von Wissen und Erfahrung werden Strategien diversifiziert und gewinnen an Komplexität. Mit neuen Technologien, wie etwa mit Computern, ist es leichter möglich, Transaktionen durchzuführen und Informationen zu verarbeiten. Größere Rechenkapazitäten und ein besseres Risikoverständnis regen dazu an, neue Finanzinstrumente einzuführen, wie etwa Terminwaren und Optionen. Dadurch wiederum ändert sich die Preisdynamik, was sich auf die Rentabilität bereits existierender Strategien auswirkt.

Eine in der Wirtschaftswissenschaft schon seit vielen Jahren weit verbreitete Ansicht lautet, Märkte seien effizient. Vereinfacht gesagt, bedeutet das folgendes: Findet jemand eine Strategie, mit der sich Geld verdienen läßt, so werden innerhalb kürzester Zeit andere diese Strategie für sich entdecken, und aufgrund ihrer Handelstätigkeit wird sich mit der ursprünglichen Strategie kein Geld mehr verdienen lassen. Einer der Vorteile der hier von mir vorgestellten Theorie ist, daß man nun herausfinden kann, unter welchen Umständen dies zutrifft. Die Antwort, die sich dabei herauskristallisiert, lautet, daß Effizienz nicht immer garantiert ist. Nehmen wir z. B. an, wir fänden heraus, wie sich der Beginn eines Aufwärtstrends feststellen ließe. Um diese Entdeckung richtig zu nutzen, kaufen wir, sobald wir glauben, daß dieser Trend nun einsetzen werde. Dadurch würde der Preis ein wenig früher steigen, als das sonst der Fall gewesen wäre. Aber genau auf einen solchen Preisanstieg warten die Trendfolger, um ihre Käufe zu tätigen, und nun kaufen sie sogar noch mehr. Durch unser zusätzliches Handeln hätte der Trend also früher eingesetzt und wäre stärker ausgefallen; das Muster träte eher deutlicher als schwächer zutage.

Ganz allgemein wird offensichtlich, daß es bei der ganzen Geschichte nicht nur auf Effizienz ankommt. Wenn die Händler ihre Strategien ändern, um bessere Profitmöglichkeiten wahrnehmen zu können, entwickeln sich temporäre Muster, die nicht unbedingt wieder verschwinden müssen. Nutzt man etwa einen Trend wie oben beschrieben, dann ist es von Vorteil, der erste zu sein. Der Händler, der als erster kauft, wird den höchsten Gewinn machen (sofern er zum richtigen Zeitpunkt aussteigt), und die Händler, die als letzte Stellung beziehen, werden verlieren. Da Händler darauf aus sind, Gewinne zu machen, wird daher das ursprüngliche Muster tendenziell erweitert und immer früher einsetzen, da immer mehr Händler versuchen, daraus Nutzen zu ziehen. Dieser Trieb, der erste sein zu wollen, ist eine der Antriebskraft für die immer stärkere Automatisierung und Informationsverarbeitung durch Computer.

In den meisten Fällen kann man ein echtes Muster nur durch statistische Analyse von einem Zufallstreffer unterscheiden. Dadurch wird der Rate, ab der Märkte effizient sein können, eine Grenze gesetzt. Auch sehr erfolgreiche Handelssysteme brauchen im allgemeinen einige Jahre, um so viele Erfolge vorweisen zu können, daß sich mit Sicherheit behaupten ließe, daß diese eher auf Können als auf Glück beruhen. Daher kann man annehmen, daß die Entwicklung hin zur Markteffizienz, wenn überhaupt, auf einer Zeitskala abläuft, die in Jahren gemessen werden muß.

Eine der interessantesten Fragen zum Thema Marktevolution betrifft den Trend zu größerer Komplexität. Märkte scheinen dazu zu neigen, im Laufe der Zeit immer komplexer zu werden. Die Zahl der Marktteilnehmer ist allgemein im Ansteigen begriffen, und neuerdings steigt auch das Vertrauen in komplexere Strategien, für die man Computer benötigt. Kann man dieses Phänomen mittels einer Theorie erklären? Ich kann (noch) nicht beweisen, daß die hier erörterte Theorie so etwas vorhersagt. Es ist aber relativ einfach, etwas zu zeigen, das zumindest darauf hindeutet, daß dies der Fall sein könnte. Genau gesagt, gibt es immer eine Strategie, die besser funktioniert als alle anderen. Es handelt sich dabei um die Strategie, die über alle anderen Strategien Bescheid weiß. Da eine derartige Strategie die gesamten Käufe und Verkäufe aller Teilnehmer besser vorhersehen könnte als jede andere, würde sie auch die besten Vorhersagen bezüglich künftiger Preisentwicklungen liefern und wäre daher am rentabelsten. Da sie über alle anderen Strategien Bescheid wissen muß, muß sie auch komplexer sein als alle anderen. Angenommen, diese Strategie (oder eine Annäherung daran) ließe sich wiederholt nachweisen, dann würde dies zu immer größerer Komplexität führen, da so die Population der Strategien mit jedem Schritt komplexer würde. Natürlich gibt es hier Komplikationen. So kann jede neue Strategie ehemals gute Strategien auslöschen, indem sie sie in Verluststrategien verwandelt. Nichtsdestotrotz ist dies ein spannender Ansatz, um den Trend zu immer größerer Komplexität zu erklären, der schon seit langem ganz allgemein als Rätsel der Evolution gilt. (Einige Biologen, z. B. Stephen Gould, bestreiten die Existenz eines solchen Trends.)
WELCHE SOZIALE FUNKTION HABEN FINANZMÄRKTE?
Es gibt viele Faktoren, die Menschen zu ihren Handlungen motivieren: Sex, Ideologie, Ruhm und das Bedürfnis nach Respekt und Zuneigung. Zu den wichtigsten Faktoren gehört jedoch zweifellos Geld. In erster Linie wollen wir alle überleben, was ein Mindestmaß an wirtschaftlichem Wohlstand erfordert. Und die meisten Menschen wollen mehr als das …

Die Finanzmärkte erfüllen die Funktion, Preise anzusetzen. Dadurch wird der Wert der Dinge bestimmt, was sich wiederum auf die Ziele und Aktivitäten der Menschen auswirkt. Ist der Preis für Schweinebäuche hoch, so werden viele Menschen Schweine züchten. Wenn die Aktien einer Autofirma gut stehen, werden mehr Leute Aktien dieser Firma kaufen, und die Firma kann investieren, mehr Mitarbeiter beschäftigen und mehr Autos herstellen. Steigen die Preise, so impliziert das, daß die Gesellschaft, aus welchem Grund auch immer, beschlossen hat, daß bestimmte Waren und die zu ihrer Produktion notwendigen Aktivitäten wertvoll sind.

Das Schöne an der Arbeitsweise finanzieller Ökologien ist, daß die Preisbestimmung spontan erfolgt, ohne bewußte, von oben gesteuerte Richtung. Obwohl der Vorgang der Preisbestimmung fehlerhaft sein und manchmal so verrückte Verhaltensmuster wie Boom-Bust-Zyklen verursachen kann, scheint er doch besser zu funktionieren als andere Mechanismen wie etwa die zentralisierte Preisfestlegung. Es handelt sich hierbei um einen selbstorganisierenden Bottom-up-Vorgang: Individuelle Agenten konkurrieren miteinander, um ihre jeweils eigenen Ziele zu maximieren; im Zuge der Informationsverarbeitung und der Entscheidungsfindung ergibt sich aus ihrer kollektiven Aktivität ein Preis. Märkte entwickeln sich mit mehr oder weniger Zuwachs aus primitiveren Vorläufern. Wettbewerb auf einer Ebene resultiert in kollektiver Selbstorganisation auf der nächsten Ebene. Das trifft nicht nur auf Finanzmärkte zu, sondern ist vielmehr ein universelles Evolutionsprinzip, das auf vielen verschiedenen Ebenen zum Tragen kommt.

Mit diesen Aussagen möchte ich keinesfalls für eine Laissez-faire-Ideologie werben. Durch Ausprobieren hat sich gezeigt, daß Regierungen eine wichtige Rolle bei der Definition und der Durchsetzung der Grundregeln wirtschaftlichen Handelns spielen, indem sie für soziale Stabilität sorgen und Regulierungspraktiken anwenden, die den Wettbewerb einschränken. Schon in den ältesten Gesetzen Chinas, Indiens und Babyloniens waren Monopole verboten. Die marktregulierende Gesetzgebung hat sich mit den Märkten selbst mitentwickelt, und die Geschichte der Weltwirtschaft bietet zahlreiche Beispiele für gescheiterte Experimente. Im allgemeinen sollte man sich hüten, simple Interpretationen und Extrapolationen von einem Kontext zum nächsten vorzunehmen. So haben etwa in der späteren Hälfte des 19. Jahrhunderts die Sozialdarwinisten eine gute Idee – nämlich, daß sich Gesellschaften wie biologische Systeme entwickeln – hergenommen und darauf aufbauend – mit Argumenten, die sich in der Zwischenzeit als Fehlinterpretation der biologischen Evolution herausgestellt haben – einer Reihe übler Ideen, wie etwa dem Rassismus, Vorschub geleistet.
UNIVERSELLE PRINZIPIEN
Die auch auf andere Kontexte anwendbare Hauptaussage, die sich, wie ich hoffe, aus diesem Modell der finanziellen Ökologien ergeben wird, besteht darin, daß nicht viel notwendig ist, um einen selbstorganisierenden evolutionären Prozeß in Gang zu setzen. Das oben im Hinblick auf den Finanzsektor diskutierte Modell besteht aus folgenden Grundelementen:

– einem Selektionsmechanismus,

– einer Dynamik, die verschiedene Strategien miteinander koppelt und für die Selektion voneinander abhängig macht,

– einem Mechanismus zur Implementierung von Strategien, der notwendigerweise Informationsspeicherung und -nutzung umfaßt.
Jede Strategie funktioniert lokal, ebenso wie jede Selektion. Aber die Dynamik verkoppelt diese Strategien miteinander, weil ihr Selektionswert (in diesem Fall die Gewinne) von dem anderer Strategien abhängt. Das Ergebnis ist ein lokaler Bottom-up-Prozeß, der aber dennoch globales Verhalten aufweist.
DAS IMMUNSYSTEM UND ANDERE MIKROKOSMEN DER EVOLUTION
Einer der faszinierendsten Aspekte der Evolution ist, daß ein gegebenes komplexes, evolvierendes System aus verschiedenen evolvierenden Subsystemen bestehen kann. Das wird insbesondere in Gesellschaften deutlich, wo Wirtschaft, Regierung, der militärisch-industrielle Komplex, organisiertes Verbrechen oder Religion allesamt in sich geschlossene Entitäten mit eigenen, selbsterhaltenden evolutionären Überlebensstrategien darstellen. Evolution findet auch in zahlreichen verschiedenen Kontexten innerhalb biologischer Organismen statt.

Als ich den Begriff “InfoWar” zum ersten Mal hörte, mußte ich sofort an das Immunsystem denken. Vergleicht man den menschlichen Körper mit der Gesellschaft, so spielt das Immunsystem die Rolle des militärisch-industriellen Komplexes. Es schützt uns vor Eindringlingen und sorgt dafür, daß wir wirklich ganz wir selbst sind. Der Vorgang der Unterscheidung zwischen dem Eigenen und dem Anderen ist tatsächlich sehr informationsintensiv. Die Zahl der möglichen unterscheidbaren chemischen Verbindungen ist enorm, und es ist ungefähr gleich schwierig, die körpereigenen Verbindungen von den fremden zu unterscheiden, wie ein bestimmtes Gesicht aus einer Milliarde Gesichter herauszufiltern.

Das Immunsystem ist ein darwinistischer Mikrokosmos im Körperinneren. Die B-Zellen sind die Fabriken, in denen Antikörper produziert werden, die sich als Markierung auf Eindringlinge heften, so daß die Killerzellen diese vernichten können. Wird eine chemische Verbindung als körperfremd erkannt, so werden die passenden B-Zellen ausgewählt und zur Reproduktion angeregt. Der hier wirksam werdende Mechanismus ist eindeutig darwinistisch. Um eine gute Übereinstimmung zu erzielen, wird, während sich die B-Zellen vermehren, ein Hypermutationsgen eingeschaltet. Dieses Gen läßt die Replikation jenes Teiles der DNS, der die Rezeptoren zur Identifikation von Eindringlingen steuert, ungewöhnlich ungenau ablaufen, so daß es verstärkt zu Mutationen kommt. Diese Mutationen sorgen dafür, daß die große Bandbreite der chemischen Verbindungen sorgfältig abgedeckt wird. So läuft innerhalb weniger Tage ein vollständiger evolutionärer Selektionsprozeß ab. Die Zellen, die am besten auf den Eindringling passen, dürfen sich rasch weitervermehren, was ihre genetische Linie verstärkt, während diejenigen, die nicht so gut passen, unterdrückt werden. Angenommen, der Vorgang verläuft erfolgreich, so gibt es nach einigen Tagen sehr viele Zellen, die genau auf den Eindringling zugeschnittene Antikörper produzieren.

Sobald alle Eindringlinge eindeutig identifiziert und gekennzeichnet sind, können die Killerzellen sie aufspüren und entfernen. Die Resultate können sehr dramatisch ausfallen. Zum Beispiel kann eine Killerzelle Löcher in eine eindringende Zelle bohren und sie buchstäblich zur Explosion bringen. (5) Das ist reinster InfoWar!

Wie wir sehen, verwendet unser Körper die natürliche Auslese als Teil jenes Instrumentariums, mit dem er uns am Leben erhält und vor Eindringlingen schützt. Er produziert durch willkürliche Variation und seine körpereigene Version der natürlichen Auslese nützliche Zellen. Der zur Selektion führende Identifizierungsprozeß ist höchst komplex und umfaßt verschiedene Arten von Zellen und eine Vielzahl regulierender Moleküle, die wie Schaltelemente eines Computers funktionieren. Es ist ein Spiel mit hohem Einsatz, bei dem der Sieger überlebt und der Verlierer sein Leben läßt. In unserem Körper läuft also ein ständiger “Informationskrieg” ab.
INTERNET UND DARÜBER HINAUS
Auch wenn ich behauptet habe, der “Informationskrieg” sei an sich nichts Neues, so kommt es doch durch die rapide Entwicklung der Computertechnologie und durch das Internet zu einer qualitativen Veränderung im Informationsverarbeitungspotential der Gesellschaft. Dem Homo sapiens steht eine Identitätskrise bevor, da sein Monopol auf die höchste Bewußtseinsebene durch mögliche selbstorganisierende Verhaltensweisen seiner eigenen Cybergeschöpfe bedroht wird. (6) Spätestens bis zum Jahr 2025 wird es Computer geben, deren Prozessorkapazität es mit dem menschlichen Gehirn wird aufnehmen können. Der Großteil des Verkehrs auf dem Information Highway der Zukunft wird von miteinander kommunizierenden Computern getätigt werden. Während die Möglichkeit, daß ein derartiges Netzwerk ein eigenes Bewußtsein entwickelt, noch für hitzige Diskussionen sorgt, zweifeln viele von uns nicht mehr daran, daß genau das passieren wird. Die Möglichkeiten für die Evolution neuer, über ein Bewußtsein verfügender Organismen werden durch die kurz vor dem Abschluß stehende Sequenzierung des menschlichen Genoms und die rasche Entwicklung der Gentechnikindustrie noch erweitert. Wir werden uns zu etwas entwickeln, das über das Menschliche hinausgeht. Die daraus resultierende hybride, cyber-organische, super-bewußte Gesellschaft der Zukunft ist für uns jedoch nur schwer vorstellbar.

Egal, welche exakte Gestalt diese informationsgestützten Organismen der Zukunft annehmen werden – einige Grundprinzipien scheinen doch offensichtlich zu sein. Eine einfache Extrapolation aus aktuellen Beispielen – wie etwa Ökosysteme, Finanzmärkte oder Immunsystem – deutet darauf hin, daß Konkurrenz und Selektion auch weiterhin das organisierende Prinzip bleiben werden. Ordnung und Struktur werden spontan entstehen, und die Komplexität wird tendenziell steigen. Der Kampf um mehr und bessere Informationen und ständig verbesserte Methoden der Informationsverarbeitung und Entscheidungsfindung werden im Mittelpunkt stehen. Das Ziel wird sowohl Information um ihrer selbst willen als auch Information als Mittel zum Erwerb und zur Kontrolle materieller Ressourcen sein. In Zukunft wird der “Informationskrieg” sogar noch wichtiger werden, als er in Vergangenheit war.

(1)
Spencer, Herbert: Structure, Function, and Evolution. Charles Scribner's Sons, New York 1971 (eine Sammlung ursprünglich zwischen 1862 und 1893 erschienener Aufsätze)zurück

(2)
Farmer, J.D.:Market Force, Ecology, and Evolution. In Vorbereitungzurück

(3)
Thaler, Richard H.: An Introduction to Behavioral Finance, 1996, Vorabdruckzurück

(4)
Soros, George: The Alchemy of Finance. John Wiley and Sons, 1987zurück

(5)
Farmer, J.D.; Belin, A. d'A.: “Artificial Life: The Coming Evolution.” In: Langton, C; Taylor, C.; Farmer, J.D.; Rasmussen S. (Hg.): Artificial Life II. Santa Fe Institute, Lectures in the Sciences of Complexity Series, Addison-Wesley 1991, 815–840zurück

(6)
Nilsson, Lennart: The Body Victorious, Faber and Faber, London 1987, 106f.zurück