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Wie gleich einem Blatt


'Thyrza Nichols Goodeve Thyrza Nichols Goodeve

Ein Gespräch mit Donna Haraway

Thyrza Nichols Goodeve / Donna Haraway


VORWORT
Sie lebte in den USA, war in der Zeit des kalten Krieges aufgewachsen, ungeheuer ethisch, durch und durch politisch, irgendwann einmal katholisch – nunmehr gewappnet mit einem Doktorinnentitel der Biologie und einer feurigen theoretischen Vorstellungskraft – und so zog sie eines Tages aus, um folgendem Auftrag nachzukommen: "Schreiben Sie fünf Seiten zum Thema sozialistisch-feministische Prioritäten in den Reagan-Jahren." (1) Das Ergebnis war kein geringeres als das ungemein einflußreiche Manifest für Cyborgs: Feminismus im Streit mit den Technowissenschaften (2) . Dieser erstmals 1985 veröffentlichte Essay von Donna Haraway sowie ihre darauffolgenden Arbeiten zu Primaten, Cyborgs, Primatenvisionen, Frauen (3) und "unheimlichen neuen Netzwerken" von Natur-Kultur-Spezies aller Arten und Lebensgewohnheiten haben den Anstoß gegeben zur Erfindung einer neuen Form [ja, "neu" sogar in diesem Zeitalter ständigen Recyclings] politischer Theorie und der Auskundschaftung ontologischer Orte. Wie sie 1985 treffend formuliert: "Cyborgs sind unsere Ontologie. Sie definieren unsere Politik."

Seit der Veröffentlichung des Manifest für Cyborgs haben sich Scharen von TheoretikerInnen, PraktikerInnen, KünstlerInnen, WissenschaftlerInnen und anderen Leuten aufgemacht, Haraways theoretische Vorstellungskraft anzuwenden, um die ganz alltäglichen und anders-weltlichen Funktionsweisen der Cyborgwelten zu begreifen – und ethisch zu bewohnen. Ob wir dafür empfänglich sind oder nicht, wir sind mit einem Universum konfrontiert, in dem "Mensch" und "Natur" und ganz besonders "menschliche Natur" unaufhörlich in einem Netz riskanter Balanceakte verstrickt sind. In eine morphende (4) Arena der letzten Tage geworfen, bekämpfen einander Mensch und Maschine, organisch und nicht-organisch, materiell und semiotisch, physisch und nicht-physisch täglich in den Hochseil-Spektakeln der genetischen Forschung, des Warenfetischismus und der Informationstechnologie. Diese neuen Figuren und Organismen jener ewig-implodierenden Bereiche des gegenwärtigen "Lebens" bilden den Ausgangspunkt für Haraways jüngstes Buch, Modest_ Witness@Second_Millennium. Female Man© _Meets_ Oncomouse™. Anläßlich des Symposiums FleshFactor – Informationsmaschine Mensch machten uns nun Haraway und ich – sie in Kalifornien, ich in New York – daran, Modest_Witness zu erkunden, ihre jüngste Untersuchung zum gegenwärtigen Feminismus und zur Technowissenschaft.
MEHR ALS NUR METAPHER: INDIVIDUUM@ BIOLOGIE. TECHNOWISSENSCHAFT

TNG: Die OrganisatorInnen des Netzsymposiums "FleshFactor – Informationsmaschine Mensch" erklären in ihrem einleitenden Statement, daß sich das Symposium u. a. darauf konzentriert, "Wege zu entwickeln, die es ermöglichen, innerhalb einer technokulturellen Umgebung über das Individuum zu sprechen." Meine Frage an Sie ist daher: Gibt es überhaupt so etwas wie "ein Individuum" in den gegenwärtigen technokulturellen Umgebungen?
DH: Wie wir beide wissen, ist das "Individuum" keine natürliche Entität, sondern eine komplexe historisch-diskursive Ablagerung. Das heißt nicht, daß Individuen nicht real wären, sondern daß sie sich in diskursiven Praktiken herausbilden. Und was noch wichtiger ist: Diese Vorstellung von einem "Individuum" ist nicht die einzige Form der Begrenztheit, die historisch für uns möglich ist. Die technokulturelle Welt setzt sich aus Knoten von Beziehungen zusammen und nicht aus vereinzelten abgegrenzten Objekten. Individualität muß so verstanden werden, daß es per definitionem immer um historisch spezifische Arten von Beziehungen geht.
TNG: Beschreiben Sie bitte Ihre Methode als Kulturwissenschaftlerin. Was mich besonders interessiert, ist, inwiefern Ihre Ausbildung als Molekularbiologin nicht nur die Themen Ihrer Arbeit, sondern auch deren Methodologie selbst beeinflußt.
DH: Worte wie "Methodologie" sind extrem unheimlich, wissen Sie! [Lacht]. Anstelle von "Methodologie" spreche ich lieber davon, daß ich bestimmte Arbeitsmethoden habe, die mir im Laufe der Jahre bewußter geworden sind. Und selbstverständlich ist meine Ausbildung in Biologie – in Molekular, Zell- und Entwicklungsbiologie – wichtig für mich, insbesondere die Art und Weise, in der sie mich befähigt, auf biologische Wesen und biologische Beziehungsgewebe zu achten und ein enormes Vergnügen aus ihnen zu ziehen. Mich interessiert, wie struktur-funktionale Komplexe kleiner Größenordnungen arbeiten. Mich fasziniert die innere Achitektur von Zellen und Chromosomen. Und zweifellos denke ich oft in biologischen Metaphern.
TNG: Ihre Art zu schreiben hat einen gewissen biologistischen Zug. Sie nehmen etwas – ein kulturelles oder ein Wissensobjekt – , und bewegen sich dann tiefer und immer tiefer in dieses Objekt hinein, bis zu dessen Struktur. Und dann bewegen Sie sich in die Bedeutungsgewebe, die Sie im Zuge dieser Analyse entdecken, und so weiter und so fort. In Ihren Texten benutzen Sie sehr häufig optische Metaphern, und Ihre Methode hat wirklich eine Art mikroskopischen Zoom-Effekt, natürlich ohne jemals den größeren Zusammenhang aus den Augen zu verlieren.
DH: Richtig. Mich faszinieren Veränderungen der Größenordnung. Ich glaube, biologische Welten laden dazu ein, verschiedene Arten von Größenordnungen zu denken und über sie nachzudenken. Gleichzeitig sind sie voller Imaginationen und Welten, die sich aus außergewöhnlichen biologischen Architekturen und Mechanismen entwickeln. Biologie ist eine unerschöpfliche Quelle für die Bildung von Tropen. Sie ist sicherlich reich an Metaphern, aber sie ist mehr als nur Metapher.
TNG: Was meinen Sie mit "mehr als nur Metapher"?
DH: Ich meine nicht nur die physiologischen und diskursiven Metaphern, die sich in der Biologie finden lassen, sondern auch die Geschichten. Zum Beispiel all die verschiedenen ironischen, ja, nahezu komischen Unstimmigkeiten. Die bloße Raffiniertheit und Komplexität all dessen – so daß Biologie nicht nur einfach eine Metapher ist, die etwas anderes erhellt, sondern eine unerschöpfliche Quelle, um an die Nicht-Buchstäblichkeit der Welt heranzukommen.
TNG: Es ist Ihnen sehr wichtig, das Bildliche im Buchstäblichen, im Konkreten zu finden. In Ihrem jüngsten Buch Modest_Witness@ Second_Millennium. FemaleMan©_Meets_OncoMouse™ widmen Sie sich ausführlich der Erörterung von Figurationen, und zwar nicht nur in den Diskursen der Biotechnologie, sondern im "Fleisch" des Gens selbst.
DH: Ja.
TNG: Arbeiten so die Molekular- und die Entwicklungsbiologie? Anders ausgedrückt, sind sie ebenso bildlich, wie sie ein buchstäbliches Phänomen sind?
DH: Ja. Aber um etwas mehr dazu zu sagen: Wenn über Biologie diskutiert wird, müssen zwei Dinge betont werden. Erstens: Wir leben eng "von" und "in" einer biologischen Welt. Das mag selbstverständlich erscheinen, aber ich betone das, um die Gewöhnlichkeit oder die Alltäglichkeit dessen zu wiederholen, von dem die Rede ist, wenn wir von Biologie sprechen. Und der zweite Aspekt, der einen bedeutenden Gestaltwechsel vom vorgehenden Punkt darstellt: Biologie ist ein Diskurs und nicht die Welt selbst. Während ich also einerseits diskursiv als Organismus lebe – und das ist eine historische Form der Identität, die mich, insbesondere in den letzten paar hundert Jahren, in sehr spezifische Arten von Traditionen, Praktiken, Geldzirkulationen und Institutionen eintaucht, befinde ich mich auch innerhalb der Biologie, die eng verstrickt ist mit Systemen der Arbeit, Systemen der hierarchischen Akkumulation und Distribution, Effizienz und Produktivität. In der zeitgenössischen Ökologie gibt es breite öffentliche Diskussionen über die Bewertung von "Diensten", die Ökosysteme produzieren. Wenn zum Beispiel die Kohlendioxidproduktion industrieller Kulturen von Pflanzenmaterial absorbiert wird, werden die Pflanzen selbst zu "Dienstleistern" der industriellen Ökonomie. Eine derartige Denkweise ist mehr als nur metaphorisch. Es ist eine tiefgründige Art zu sehen, wie die natürlich-kulturelle Welt konstituiert ist. Innerhalb der Biologie zu leben handelt davon, innerhalb von Natur-Kulturen zu leben. Es handelt davon, innerhalb der Geschichte ebenso wie innerhalb des Wunders natürlicher Komplexität zu sein. Ich gebe zu, daß ich zweiteres besonders wichtig finde. Aber in letzter Konsequenz sprechen wir über eine bestimmte Art des Eingebundenseins in die Welt, wenn wir über Biologie sprechen. Gleichzeitig wird Biologie als ein Diskurs hervorgebracht, ganz ähnlich der politischen Ökonomie.
TNG: Auf diese Verbindung weisen Sie sehr deutlich in Modest_Witness hin, indem Sie Ihre Theorie des "genetischen Fetischismus" vorstellen, die Sie von Marx und Freud herleiten, aber spezifisch in bezug auf das Gen neu fassen. Ich möchte darauf später noch einmal zurückkommen, aber jetzt, im Zuge unserer Diskussion, kommt mir der Gedanke, daß die Biologie tatsächlich die "Geisteswissenschaft" des 20. Jahrhunderts geworden ist.
DH: Ja, sie ist Teil der Alltagskultur.
TNG: In Modest_Witness schreiben Sie: "Erzählungen, Theorien und Technologien der Biologie scheinen am Ende des 20. Jahrhunderts für praktisch jeden Bereich menschlicher Erfahrung relevant zu sein. (5) " Und: "In ihrem tiefsten und wissenschaftlichen Herzen ist die Disziplin Biologie ein Fach der Staatsbürgerkunde. Biologie lehrt das große mimetische Drama gesellschaftlicher und natürlicher Welten. (6) " In einem Seminar mit Stephen Heath, das ich besucht habe, als ich am "History of Consciousness"-Programm teilnahm, sprach er über die Literatur als die große Repräsentationsmaschine des 19. Jahrhunderts und über den Film als die große Repräsentationsmaschine des 20. Jahrhunderts. Biologie, verwoben in und durch Informationstechnologien und -systeme, scheint die große "Repräsentationsmaschine" des späten 20. Jahrhunderts zu sein.
DH: Ja. In dem Buch spreche ich über Scott Gilberts (7) Auffassung, daß die Biologie ein funktionales Äquivalent zur westlichen Zivilisation auf dem US-amerikanischen Campus dieser Tage ist. Biologie ist nicht nur das Studium, das am häufigsten von vielen College-StudentInnen belegt wird, sie ist auch für ungeheuer viele Karrieren von Bedeutung – von der Unterhaltungs- zur Gesundheitsindustrie, von der Kultur zur Nahrungsmittelherstellung, zur gesetzlichen Regelung geistigen Eigentums, zu Umweltrecht und Management und so weiter. Es gibt heutzutage fast keine Betätigung, die gänzlich ohne die Lese- und Schreibpraktiken der Biologie auskäme. (8)
TNG: Und im Bereich der zeitgenössischen Kunst benutzt ein Künstler wie Matthew Barney die Biologie als Grundlage seines gewaltigen Cremaster-Epos. (9) In den Händen von jemandem wie ihm werden Biologie und Kunst plötzlich zu verschwisterten Transformations- und Imaginationsmedien. Als jemand, der einen Einführungskurs in das Medizinstudium besucht hat und als Videokünstler, der sich als Bildhauer versteht, interessiert er sich für die Schnittstellen von Biologie und Kunst in bezug auf die Entwicklung von Formen. In seinem Fall führen andere Geschichten des Embryos durch alles Mögliche, von Horror, Oper, Musikgenres über Sport und Autorennen. Kunst und Biologie sind tatsächlich nicht so klar voneinander getrennt, wie es scheint.
DH: Obwohl Biologie und Kunst eine tiefgehende und verflochtene Geschichte miteinander haben, hat dies in den letzten Jahren noch an Intensität zugenommen.
TNG: Vielleicht sogar an Notwendigkeit.
DH: Besonders im Verhältnis zur Genetik, die einen Großteil dieser Geschichte ausmacht. Und mit Samen, Genen, Gehirnen und Ökosystemen kann man einen weiten Weg gehen!
TNG: Das ist die Liste Ihrer biotechnischen hermeneutischen Objekte aus Modest_ Witness. Sie führen sie als primäre Cyborg-Figuren an: Chip, Gen, Same, Bombe, Abstammung, Ökosystem, Datenbank, Fötus, Rasse, und ... Gehirn!
DH: Ja, das.
GENETISCHER FETISCHISMUS

TNG: Könnten Sie den Unterschied zwischen "Leben", so wie Sie den Begriff im Buch verwenden, und Sarah Franklins Begriff des "Lebens selbst" erklären?
(10) Sie unterscheiden "Leben" als entwicklungsbezogene, organizistische Zeitlichkeit vom "Leben selbst", jener Zeitlichkeit, die in die Verbesserung von Kommunikation und Neugestaltung von Systemen eingebettet ist. Worin besteht der Unterschied?
DH: Es gibt eine Art "Stafette" von Foucaults Vorstellung von der Entwicklung des Konzepts "Leben selbst" zu Sarah Franklin, die diesen Begriff im Kontext des Diskurses um das Meister-Molekül-Gen aufgreift, bis hin zu meiner Übernahme des Begriffs von Sarah, wobei ich sowohl Foucaults als auch Franklins Bedeutungsebenen benutze und meine eigenen hinzufüge.
TNG: Wenn ich also "Leben selbst" lese: Was soll ich damit verbinden?
DH: Ich benutze den Begriff, um auf eine Art der Buchstäblichkeit zu verweisen, auf Bestrebungen, die prozessualen Beziehungen der Natur/Kultur-Welt zu einem fixen Code oder einem fixen Programm zu machen. Leben, das eingeschlossen, fixiert und zu einem bestimmten Fetisch gemacht wird – zu jenem vierteiligen Fetischismus, den ich in Modest_ Witness beschreibe. (11) Ich betone den Fetischismus, der der Erforschung des "Lebens" inhärent ist, indem ich mich auf sämtliche Marx'sche Analysen der Warenförmigkeit beziehe, mit all ihrer Umheimlichkeit. Fetischismus ist kaum als klar fixierter, unproduktiver Prozeß zu bezeichnen. Warenfetischismus hat erstaunlich kreative Aspekte. Und in der Genetik spielt der Warenfetischismus ganz offensichtlich eine Rolle. Aber mich haben auch andere Aspekte im Zusammenhang mit dem Gen-Fetischismus interessiert, bei denen es nicht immer um Warenfetischismus geht. Einer davon war, was ich "kognitiven Fetischismus" nenne, ein Begriff, den ich auf der Grundlage von Whiteheads (12) Kategorie der "unangebrachten Konkretisierung" ausgearbeitet habe. Kognitiver Fetischismus beinhaltet, wie andere Arten des Fetischismus auch, einen produktiven Fehler oder eine produktive Fehlverortung. Was im Fall des Gen-Diskurses passiert, ist die Fehlverortung des Abstrakten im Konkreten. Zum Beispiel: Wenn wir von Genetik sprechen, kommt häufig die Idee vom menschlichen Genom als dem "Programm" der menschlichen Natur ins Spiel. Die Vorstellung von einem "Programm" beinhaltet einen kognitiven Fetischismus insofern, als das "Programm" mit dem Ding selbst verwechselt wird. Was hier passiert, ist, daß die Ebenen der Abstraktion und der Verarbeitung, die die Vorstellungen von Code und Programm überhaupt erst hervorbringen, für das Reale gehalten werden.
TNG: Das klingt wie etwas, worauf Roland Barthes in den Mythen des Alltags (13) hinauswollte – eine Art Verschiebung der Ebenen der Zeichenproduktion von Konnotation zu Denotation, wobei das konnotative Zeichen zum Signifikanten in einem neuen System der Artikulation wird – also fälschlicherweise als "Tatsache" oder Wahrheit verstanden wird [einfach als reiner oder "Ur"signifikant] – und zum Signifikanten einer Wahrheit in einem neuen System wird. Sie sprechen eindeutig über eine wesentlich komplexere Evolution dieses Systems der Semiose.
DH: Kognitiver Fetischismus ist der Prozeß der Erzeugung "produktiver Buchstäblichkeit", Netzwerke von Buchstäblichkeiten, die ich aufzuzeigen und auf sie zu reagieren versuche.
TNG: Ist es das, was Sie im Teil 3 ihres Buches, "Pragmatics: Hypertext in Technoscience", meinen, wenn Sie schreiben "Pragmatik ist die Physiologie der Semiotik"? (14)
DH: Ja – das ist die Art der Buchstäblichkeit – oder der Konkretisierung von Bedeutung in Physiologien der Bedeutung, die ich aufbrechen will.
TNG: Oder aufschneiden – die chirurgische Metapher läßt sich hier anwenden. Derartige Analysen scheinen heute selbstverständlich, wenn wir einen Filmtext oder eine Werbung analysieren. Der Unterschied hier ist jedoch, daß Sie über ein Gen sprechen, dessen Wert mißverstanden oder am falschen Ort lokalisiert wird, als "Essenz des Codes des Lebens", die es zwar ist, die aber auch als innerhalb des Kontextes einer Art kulturellen Petrischale wachsend gesehen werden muß.
DH: Ja. Und zusätzlich greife ich alle möglichen Sorten von ideologischem Zeugs heraus – wovon einiges sehr langweilig und traditionell und immer noch sehr wirkungsmächtig ist – unverhohlene, klare Vorstellungen von Meistermolekül und Einzelelternschaft, die sich durch das Gen und all diese Dinge hindurchziehen. Aber das ist ein ziemlich eindeutiges ideologisches Verfahren. Es ist jedoch ein ideologisches Verfahren, das seine Wurzeln in den grundlegenden diskursiven Hervorbringungen des Gens in Form von "Leben selbst" in einem buchstäblichen Sinn hat.
TNG: Wie würden Sie ein Gen definieren? Oder würden Sie das überhaupt tun?
DH: Ein Gen ist ein Knotenpunkt innerhalb eines Feldes von Beziehungen. Es ist eine materiell-semiotische Entität, eine Konkretisierung, die Vererbung lokalisiert [lokalisieren im Sinne von auf einer Karte verorten] und substantialisiert. Die Genetik ist eine Erscheinung des 20. Jahrhunderts, die viele Phasen hat, so daß wir Ende des 20. Jahrhunderts eine tiefgehende, detaillierte Kenntnis der molekularen Basis der Vererbung haben. Aber diese Moleküle – die DNS-Moleküle – funktionieren nie isoliert. Sie funktionieren immer in Interaktion mit anderen Zellstrukturen. Die verbreitetste Art, das zu beschreiben, ist, daß die kleinste Einheit des Lebens die Zelle und nicht das Gen ist. Aber das Gen interagiert ständig mit diesen zellularen Historien. Es ist immer am Werden, dennoch – und das ist der Punkt – sprechen wir darüber, als wäre es bloß ein simples, konkretes Ding.
TNG: Mit anderen Worten: Das Gen ist ein "Subjekt im Werden". In Ihrer Beschreibung der Genetik höre ich wieder die Art, in der Sie schreiben und arbeiten, heraus; wie Sie es angehen, Kultur zu analysieren, nämlich durch eine Art genetischer analytischer Modellierung der Kulturanalyse statt einfach umgekehrt – durch eine Kulturanalyse der Genetik.
DH: Das stimmt. Ich denke, daß die Analyse dessen, was "Natur" genannt wird, und die Analyse dessen, was "Kultur" genannt wird, dieselben Formen des Denkens aufrufen, denn das, was mich am allermeisten interessiert, sind "Naturkulturen" – als ein Wort – Implosionen der diskursiven Reiche von Natur und Kultur.
FLEISCH: SEMIOTIK TRIFFT AUF KATHOLIZISMUS

TNG: Was eine gute Stelle zu sein scheint, um einzuhaken und zu beginnen, über das Fleisch zu sprechen. Mich interessiert die Wertigkeit, die das "Fleisch" immer schon für Sie hatte – nicht nur durch Ihre Ausbildung als Molekular- und Entwicklungsbiologin – sondern auch dadurch, wie Sie sich dem "Fleisch" von Gender, Rasse und Art verpflichtet haben. "Fleisch" steht als Synekdoche für die Art und Weise, in der materielle Realität signifikant oder "tropisch" ist, wie Sie es nennen. Und eine Ihrer prononciertesten kritischen Strategien besteht darin, hineinzuschneiden und die Implosion von Fleisch und Metapher freizulegen. Zum Beispiel zerlegen Sie Metaphern, genauso wie Sie umgekehrt metaphorische Beziehungen innerhalb fleischlicher, materieller Welten entdecken. Wie würden Sie Fleisch in diesem Kontext definieren?
DH: Das erste, was ich in diesem Kontext sagen würde, ist, daß für mich Worte extrem körperlich sind. Ich finde, daß Worte und Sprache mehr mit Fleisch als mit Ideen zu tun haben. Da ich Sprache als intensiv körperlichen Prozeß erfahre, kann ich nicht nicht in Metaphern denken. Es ist nicht so, daß ich mir aussuche, mit und in Metaphern zu arbeiten. Vielmehr erfahre ich mich als innerhalb dieser ständig abweichenden, intensiv körperlichen Prozesse der Semiose. Ich empfinde Biochemie und Semiose einfach nicht als so verschieden. Das alles hat auch eine katholische Dimension.
TNG: Das müssen Sie erklären?!?
DH: Weil ich sehr tiefgehend durch den katholischen Symbolismus und Sakramentalismus geprägt wurde – Doktrinen der Inkarnation und Transsubstantion – , die alle stark körperlich sind. Die erbarmungslose Symbolisierung katholischen Lebens ist nicht einfach an die körperliche Welt angeheftet, sie ist die körperliche Welt. Sehen Sie sich die religiöse Kunst im Südwesten der USA an, die mexikanische, die Latino- und Chicana-Kunst, da haben Sie ein gutes Beipiel dafür. Vergleichen Sie diese Kunst mit der eher enthaltsamen protestantischen Kunst und stellen Sie sich dann das Innere einer Kirche in Mexiko City vor. Ich bin sozusagen in der Kunstwelt von Mexiko City aufgewachsen, obwohl ich in Denver, Colorado, aufgewachsen bin. Das war eine irisch-katholische Szene, bei weitem nicht so reich wie die kulturelle Tradition der Latinos, aber ich bin ganz in einer komplexen symbolisch-figuralen narrativen Welt aufgewachsen, in der Vorstellungen vom Zeichen und vom Fleisch zutiefst miteinander verknüpft waren. Ich habe die Welt ab meinem vierten Lebensjahr auf diese Weise gesehen.
TNG: Würden Sie Fleisch definieren?
DH: Instinktiv will ich immer das Gleiche. Nämlich auf der Nahtstelle zwischen Materialität und Semiose insistieren. Fleisch ist ebensowenig ein Ding wie ein Gen. Aber die materialisierte Semiose des Fleisches ist immer gefärbt von Intimität, vom Körper, vom Bluten, vom Leiden, von der Saftigkeit. Fleisch ist immer irgendwie feucht. Es ist klar, daß man das Wort Fleisch nicht verwenden kann, ohne Verletzbarkeit und Schmerz zu begreifen.
IMPLOSIONEN: FLEISCH.SYNTAX.ONCOMOUSE™

TNG: Sie verwenden syntaktische Zeichen – "@", "©", "™" – , um uns in Modest_ Witness: @Second_ Millennium.FemaleMan©_Meets_OncoMouse™ zu verorten. Das ist ein Beispiel dafür, wie es Ihrem Titel gelingt, eine neue Art der Syntax und der Figuration zu erzeugen. Der Titel "Modest_Witness@Second_ Millennium.Female Man©_Meets_OncoMouse™" ist ein technokulturelles Gedicht für sich. Sie visualisieren und theoretisieren durch die Wörter und die syntaktischen Zeichen im Titel, der uns in der Geschichte des späten 20. Jahrhunderts situiert. Das ist großartig, denn diese Zeichen sind die neuen "brands" [Das amerikanische Wort "brand" bedeutet sowohl Markenzeichen als auch Brandzeichen, A.d.Ü.].
DH: Insbesondere in der Doppelbedeutung von "brand" als Type und als Zeichen des Besitzes, das ins Fleisch gebrannt wird. Was den Titel betrifft, so ist in gewisser Hinsicht das ganze Buch in dem Titel enthalten, der auch charakteristisch dafür ist, wie ich arbeite – in diesen andauernden Implosionen und Loswicklungen.
TNG: Werden Sie jemals müde? Ich meine, Sie lassen keinen physiologischen oder diskursiven logischen Knoten aus. Sie sind immer darauf bedacht, die Kontingenzen und vielfachen Konstruktionen von allem aufzuzeigen. Wenn ich Sie lese, denke ich daher – das ist anstrengend! Notwendig, aber anstrengend.
DH: Aber gerade der Teil bringt Energien! Was mich müde macht, ist, daß manche LeserInnen unbedingt einen Faden aus dem Stoff aufnehmen müssen und dann alles daran heften.
TNG: Ja. Ihre Arbeiten werden oft genauso reduktionistisch gelesen wie, aus ganz ähnlichen Gründen, experimentelle ErzählerInnen und KünstlerInnen wie z. B. Yvonne Rainer (15) . Manche Leute weigern sich, sich auf Komplexität einzulassen. Ich führe das auf eine fast avantgardistische [um einen alten Begriff zu verwenden], anti-lineare, anti-teleologische Ästhetik in Ihren Texten zurück, die jener von Rainer gleicht. Wie Sie konstruiert Rainer unaufhörlich Analysen von Rasse, Gender, Sexualität und Begehren vermittels einer komplexen relational-assoziierenden Ästhetik, die verlangt, daß man den Film nicht an irgendeiner Stelle anhält und sagt: Das hier ist Yvonne Rainers Aussage. Mit Ihrer Arbeit verhält es sich genauso, die – liest man sie mißgünstig oder, wenn ich das so sagen darf, dumm – zu einer anti-materialistischen, technophilen oder technophoben sozialkonstruktivistischen Wissenschaftsauffassung wird. Diese Lesweisen sind Musterbeispiele für eine Unfähigkeit, mit Subtilität umzugehen, die typisch amerikanisch zu sein scheint.
DH: Es ist ein Art Geisteshaltung, die alles buchstäblich nimmt. Und deshalb sind mir Figuren so wichtig, denn Figuren sind sofort komplex und nicht-buchstäblich, ganz abgesehen davon, daß sie Gelegenheiten wirklichen Vergnügens an der Sprache bieten. Diese Buchstäblichkeit schlägt durch, wenn KritikerInnen Positionen konstruieren, die nicht wirklich existieren, wie z. B. urbane Legenden von Leuten recyclen und sagen: "Glauben Sie an die DNS!?!", was traurig und schockierend ist und all das Vergnügen an Sprache nimmt, das einen beträchtlichen Teil der ernsten Arbeit an der Cultural Study (16) der Wissenschaft belebt. (17)
TNG: Was uns zu OncoMouse™ führt. OncoMouse™ ist eine so bewegende und bestürzende Geschichte und auch ein perfektes Beispiel dafür, wie Sie ein Objekt der wissenschaftlich-phänomenalen Welt als Analysefigur einsetzen. Sie sollten vielleicht genau erklären, was OncoMouse™ ist.
DH: OncoMouse™ ist ein transgener Organismus. Ein transgener Organismus ist die Entität, die hergestellt wird, wenn Gene eines Organismus in das Stadium der befruchteten Eizelle eines anderen lebenden Organismus transplantiert werden. Das Ergebnis sind transgene Kreaturen. Transgene Organismen wachsen und bekommen Kinder, die weiterhin das transplantierte Gen in sich tragen. Mit anderen Worten: Die transplantierten Gene werden durch die Eier und das Sperma an die nachfolgenden Generationen weitergegeben. OncoMouse™ ist das Ergebnis eines transplantierten Gens, das menschliche Tumore produziert – eines Onkogens, das erwiesenermaßen Brustkrebs erzeugt. Deshalb sage ich in dem Buch: Egal, ob ich ihre Existenz und Verwendung nun gutheiße, sie leidet, immer wieder und schwer, damit ich und meine Schwestern leben mögen. Und darüber hinaus sage ich, daß ich – wenn schon nicht, was meinen eigenen Körper betrifft, dann sicher was den meiner Freundinnen betrifft – eines Tages in der Schuld von OncoMouse™ oder ihren später designten Nagetier-Verwandten stehen werde, in einer schweren Schuld.
TNG: Es ist interessant, welch ungeheure Empörung und Ängste durch Dolly, das geklonte Schaf, ausgelöst wurden, während die transgene Herstellung neuer Lebensformen schon seit geraumer Zeit betrieben wird.
DH: Transgenik ist eine wesentlich radikalere Technologie. Sie erlaubt es MolekularbiologInnen, gezielt einzelne Gene aus Organismen zu entnehmen, die völlig unverwandt sein können, wie z. B. Gene einer Bakterie, und sie einem Säugetier einzupflanzen.
TNG: Das ist ein Beispiel für das unheimliche Versprechen der Cyborg-Welten, die Sie auspacken – Welten oder Wesen, die weder einfach utopisch noch einfach dystopisch sind.
DH: Um nicht zu sagen: schlicht und ergreifend gewöhnlich. Jene Fragen, die uns ein Anliegen sind, lassen sich nicht immer nur im Ultimativen finden – utopische Ideale versus dystopische Alpträume. Auch die Alltagsdimensionen der Technowissenschaft sind komplex. Unabhängig vom konkreten Fall jedoch wird brauchbare Arbeit oft um den Preis geleistet, neue Arten des Schmerzes zu erfinden. Tatsache ist, daß es gegenwärtig neue – oder zumindest mutierte – Modi gibt, in denen technowissenschaftliche Menschen zu anderen Tieren und Organismen in Beziehung stehen. Das heißt, das Ausmaß, in dem wir uns selbst und andere Organismen zu Instrumenten für unsere eigenen Zwecke machen, hat zugenommen.
TNG: Was ist dann eine Cyborg-Ethik oder -Subjektivität im Kontext von OncoMouse™? Wo sind "wir" und "es", wenn Subjekt und Objekt verschwommen sind? Im Verhältnis zu Cyborgs wird dies zu einer ethischen Frage, wie z. B.: Wer ist in der Position, darüber zu entscheiden, ob diese Maus zu einem Wesen gemacht wird, das Säugetier-Tumore generiert?
DH: Und noch umstrittener sind die Fragen eines internationalen Gesetzes für geistiges Eigentum. Werden Organismen wie dieser im internationalen Reich patentierbar sein und wenn ja, wie? Auch wenn das US-amerikanische Patentamt Patente auf genetische Organismen vergeben hat, ist das auf internationaler Ebene immer noch ein umstrittener Punkt.
TNG: Wie sehen die Konfliktlinien aus?
DH: In Europa leisten Bewegungen, die sich für die Souveränität des Ursprungslands einsetzen, Widerstand gegen die Patentierung transgener und anderer biotechnologischer Produkte – in Deutschland vor allem seitens der Grünen und im Kontext der Tierschutzpolitik. Dieser Konflikt um Eigentumsverhältnisse rund um Biodiversität ist ein großes Thema in meinem Buch. Kämpfe um das Humane Genome Diversity-Projekt, die damit zu tun haben, ob verschiedene Gruppen menschlicher Wesen das Sammeln ihres genetischen Materials zwecks Analyse unterstützen oder nicht. Außerdem gibt es alle möglichen Probleme rund um die kommerzielle Nutzung. Wer wird von den Arzneimitteln profitieren, die auf der Grundlage von Studien entwickelt werden, die in verschiedenen geographischen und kulturellen Regionen erfolgen? Im Patentrecht geht es darum, das Verfahren der Herstellung transgener Wesen zu schützen, wie auch das Wesen selbst zu patentieren. Im Fall der OncoMouse™ wurde das Patent an zwei Forscher vergeben, die das Patent der Harvard Corporation überschrieben, die wiederum eine Lizenz an DuPont verkaufte. Das heißt, daß niemand diese Verfahrensweise bzw. diese Tiere nutzen kann, ohne eine Gebühr zahlen zu müssen, solange das Patent läuft. Im Grunde bedeutet Patentierung also letztendlich, daß es um die Entrichtung von Gebühren für die Verwendung bestimmter technologischer Verfahrensweisen und/oder Objekte geht. Auf diese Weise wird Innovation durch Patentierung sowohl stimuliert als auch geschützt. Der/die ErfinderIn ist motiviert durch den Anreiz, Gewinn aus seiner/ ihrer Erfindung ziehen zu können, und die Gesellschaft profitiert von dieser Erfindung. Zumindest ist das die Idee dahinter.
TNG: Es drängt sich der Verdacht auf, daß viele dieser Probleme auch ohne Patentierung virulent wären.
DH: Das ist richtig. Patente sind nur ein Teil der Frage. Aber wegen des Symbolcharakters sind sie ein besonders umstrittener Teil – in einem Teil der Welt werden bestimmte Stoffe gewonnen, die Profite werden jedoch woanders geerntet. In Indien zum Beispiel gibt es Kontroversen um den Neem-Baum bzw. um die Gewinnung bestimmter Substanzen aus diesem Baum. Diese Substanzen wurden in Indien seit langer Zeit für therapeutische Zwecke genutzt, aber sie werden in Laboratorien der ersten Welt zurückgebracht, dort auf verschiedenste Weise aufbereitet und zu einem vermarktbaren Produkt gemacht. An diesem Punkt fließt nichts vom kommerziellen Profit zurück in das Ursprungsland. Aber in einer Situation wie dieser ist es wichtig zu betonen, daß dabei nicht nur Rohstoffe als Ressourcen ausgebeutet werden, sondern auch Wissen. Wissen ist in ein derart "natürliches" Material in jeder Etappe des Spiels eingebaut.
TNG: Genau.
DH: Hier sind also Fragen der Souveränität betroffen. Auf wessen Wissen wird es ankommen? Werden wir als MitarbeiterInnen angesehen werden oder nur als Rohmaterial? Angenommen, es gibt im Regenwald Stoffe von pharmazeutischem Interesse und man arbeitet mit einer/m ortsansässigen/m HeilerIn, die/der die örtliche Pflanzenwelt kennt. Was passiert, wenn die Gemeinde, aus der die Person kommt, nicht nach individualistischen Grundsätzen lebt? Und was ist mit dem Land, in dem diese Gruppe von Menschen lebt? Was, wenn sie eine untergeordnete Minderheit bildet? Wenn es eine staatliche Vereinbarung der nationalen Regierung von Brasilien oder Costa Rica gibt, kann ein großer Pharmakonzern im Interesse jener Gruppe von Menschen agieren, die tatsächlich das betreffende Wissen und Material haben, oder aber auch nicht. Wie also werden sie geschützt werden? Wollen sie überhaupt in dieses System einbezogen werden oder nicht? OncoMouse™ ist lediglich eine verdichtete Figur dieser Matrix – eine Figur des dichten Gewebes aus Beziehungen und Geschichten, die sich in der Technowissenschaft, so wie sie am Ende des 20. Jahrhunderts praktiziert wird, finden.
TNG: OncoMouse™ wurde 1988 entwickelt?
DH: 1988 patentiert. Entwickelt wurde sie im Laufe der vorangegangenen Jahre. Aber OncoMouse™ stammt aus einer frühen Phase dieser Technologie. Mittlerweile ist sie obsolet.
TNG: Wirklich?
DH: Ja. Die Transgenik offensichtlich nicht. Es werden Unmengen transgener Organismen entwickelt, die nicht patentiert werden. Als bestimmter Moment in der Transgenik ist die OncoMouse™ jedoch obsolet, weil sie nicht besonders gut funktioniert hat. Sie hat zu viele spontane Tumore bekommen.
TNG: In Modest_Witness zitieren Sie den Präsidenten von GenPharm, David Winter, der sagt, daß auf Bestellung gezüchtete Versuchsmäuse derartig verbreitet sind, daß er sie "Maus-auf-Abruf" [Dial-A-Mouse] nennt. Oder den anderen GenPharm-Vertreter, Howard B. Rosen [Direktor der Unternehmensentwicklung], der maßangefertigte Mäuse als "Leinwand, auf der wir genetische Transplantationen durchführen" (18) beschreibt.
DH: Ja, und wir müssen uns erinnern, daß das, was in all diesen Sätzen verdinglicht wird, natürlich ein Lebewesen ist. Und zwar ein Lebewesen, auf dem in Lynn Randolphs Gemälde The Laboratory, or the Passion of OncoMouse [Das Labor oder die Leiden der OncoMouse] nicht zufällig eine Dornenkrone sitzt. (19)
TNG: Richtig, OncoMouse™ ist ein Beispiel für den christlichen Realismus, den man in vielen Aspekten der Technowissenschaft findet. In Modest_Witness schreiben Sie, "Obwohl ihr Versprechen dezidiert ein säkulares ist, ist sie eine Figur in dem innerhalb des christlichen Realismus entwickelten Sinne: Sie ist unser Sündenbock, sie hält Leiden von uns fern, sie bedeutet und inszeniert unsere Sterblichkeit in einer machtvollen, historisch spezifischen Weise, die eine kulturell privilegierte Form der Erlösung verspricht – 'ein Heilmittel gegen Krebs. (20) '" Was uns zurück zur Ethik der Cyborg-Subjektivität bringt.
DH: Und zum Fleisch. Ich denke, für mich geht es bei Cyborg-Subjektivität um die Art und Weise, in der wir für diese Welten verantwortlich sind. Aber nicht in einem vereinfachenden "Ich bin dafür oder dagegen". Ein paar einfältige HeldInnengeschichten über Widerstand versus MittäterInnenschaft können nicht der Weisheit letzter Schluß sein. Was passieren muß, ist, daß unorthodoxe Lese- und Schreibpraktiken [literacies] ebenso wie viele Arten der Handlungsfähigkeit ermutigt werden müssen. Sowohl Lese- und Schreibpraktiken als auch Handlungsfähigkeit sind nicht Dinge, die man hat, sondern Dinge, die man tut.
TNG: Wie hängt das mit der Figur des/der "anspruchslosen ZeugIn" [modest witness] zusammen?
DH: "Anspruchslose ZeugIn", sind wie OncoMouse™ und FrauMann© [aus Joanna Russ' Buch (21) ] Figuren, die ich in dem Buch verwende und die für neue Weisen der Imaginierung und Ausübung von Technowissenschaften stehen. (22) Im Verweis auf "Modest_Witness@Second_Millennium" sieht die/der LeserIn sofort, daß "anspruchslose ZeugIn" die/der AbsenderIn und EmpfängerIn von Nachrichten in meiner E-mail-Adresse ist. Aber ich beziehe mich auch auf die komplexe Geschichte, die "bezeugen" und "ein/e ZeugIn" sein in den Erzählungen der Wissenschaftsforschung haben, und zwar in bezug auf Robert Boyles Entwicklung der experimentellen Methode im 17. Jahrhundert und die darauffolgenden Kontroversen darüber, wie Tatsachen glaubhaft begründet werden. Thomas Hobbes zum Beispiel lehnte die experimentelle Lebensweise ab, eben weil deren Erkenntnis von den Praktiken des Bezeugens einer bestimmten Gemeinschaft, z. B. der der Kleriker und Rechtsgelehrten, abhängig war. Mein Interesse gilt dem Bezeugen, gerade weil es dabei um das Sehen, das Beglaubigen, das öffentlich Rechenschaftablegen über eigene Visionen und Repräsentationen geht, um die diesbezügliche psychische Verletzbarkeit. Bezeugen ist eine kollektive, beschränkte Praktik, die abhängig ist von der konstruierten und niemals endgültigen Glaubwürdigkeit derer, die es tun und die sämtlich sterblich, fehlbar und beladen mit den Folgen unbewußter und verleugneter Begehren und Ängste sind. Als Kind von Robert Boyles Royal Society of the English Restoration und von experimentellen Lebensweisen bleibe ich der Figur der/des anspruchslosen ZeugIn verhaftet. Meiner/m anspruchslosen ZeugIn geht es darum, die Wahrheit zu sagen – zuverlässiges Zeugnis abzulegen – und gleichzeitig die süchtig machenden Narkotika transzendentaler Begründungen zu vermeiden. Sie/er refiguriert die Subjekte, Objekte und den kommunikativen Handelsverkehr der Technowissenschaften zu verschiedenen Arten von Knotenpunkten.
ANTWORT: VERANTWORTUNG<=XXX=>UNSCHULD

TNG: Diese Diskussion steht in Beziehung zu einem meiner Lieblingszitate aus dem Manifest für Cyborgs aus dem Jahr 1985, in dem Sie dafür plädieren, die Verwirrung dieser Grenzen zu genießen und Verantwortung bei ihrer Konstruktion zu übernehmen.
DH: Genau, wir reden über ein weiteres Beispiel genau dieses Prozesses.
TNG: Verantwortung ist eine der zwingendsten Kräfte – und Substanzen – in Ihrer Arbeit. Sie steht in vielerlei Hinsicht im Zentrum – sofern Ihre Arbeit überhaupt ein Zentrum hat. Sie ist der Angelpunkt sämtlicher Ihrer Analysen. Sie lehren uns, auf all die Komplexitäten der Technokultur im späten 20. Jahrhundert zu antworten, und dann verknüpfen Sie mit diesen Antworten die Erfordernisse der Verantwortung.
DH: Nun, Menschen sind ethisch, nicht diese nicht-menschlichen Entitäten.
TNG: Sie meinen, das Nicht-Menschliche zu romantisieren?
DH: Genau, das ist eine Art des Anthropomorphisierens nicht-menschlicher AkteurInnen, vor der wir uns hüten müssen. Unsere Relationalität ist nicht die gleiche Form des Seins. Innerhalb dieser Welten sind es die Menschen, die die emotionale, ethische, politische und kognitive Verantwortung tragen.
TNG: Eine verantwortungsvolle Weise, mit den transgenen Mäusen umzugehen, könnte die sein, den Sachverhalt der Genkreuzung als Lernprozeß darüber zu nutzen, wie diese Organismen sich verhalten, agieren, arbeiten, leben, fühlen etc. und daher herauszufinden, wie die verantwortungsvollste Weise, transgene Formen und Welten zu schaffen, aussehen könnte.
DH: Ja, das könnte ein Aspekt davon sein – danach zu fragen, wer davon den Nutzen hat, wie z. B.: Erleichtert OncoMouse™ wirklich das menschliches Krebsleiden, oder ist sie nur eine weitere High-Tech-Entschuldigung dafür, sich nicht darum zu kümmern, woher Krebs wirklich kommt? Oder beides? Und wer hungert auf dieser Welt, und befaßt sich die Transgenik damit? Ich denke, worum es bei der Transgenik geht, ist – um Leigh Stars Frage zu benutzen: cui bono – für wen? (23) Das Leiden des Organismus ist ein Teil dieser Frage. Tierversuche sind nur ein weiteres Beispiel, das die bedenkliche Dimension der Tatsache, daß wir nicht unschuldig sind und nicht sein können, deutlich macht.
GLEICH EINEM BLATT

TNG: Wie hat sich die/der Cyborg seit 1985 verändert? Ich stelle diese Frage, denn in dem Interview, das Sie mit Constance Penley und Andrew Ross
(24) gemacht haben, stellen Sie am Ende fest, daß die/der Cyborg weiblich ist. In Modest_Witness führen Sie Joanna Russ' FrauMann ein und beschreiben die Cyborg als "Stammzelle im Knochenmark des technowissenschaftlichen Körpers (25) ", was ein ziemlich großartiges Bild ist. Ich würde vermuten, daß die Cyborg eine prozessuale Figur ist, wie alles für Sie.
DH: Ja. Manchmal markiere ich Cyborg als sie/er oder führe etwas wie die OncoMouse™ ein, die eine Cyborgfigur ist. Aber die eigentliche Antwort ist, daß Cyborgfigurationen proteisch sind.
TNG: Aus der Erfahrung gesprochen, was war Ihr intensivster Moment der Begegnung mit Cybergology (26) oder der Cyborgheit, wenn wir das so nennen können?
DH: Oh weh! [Gelächter]
TNG: Oder an welche Momente erinnern Sie sich, in denen es sich für Sie kristallisiert hat?
DH: Nun, einer ist sicher mein Gefühl von Kniffligkeit, Interesse und Vergnügen – ebenso wie die Intensität – dessen, mir vorzustellen, wie gleich einem Blatt ich bin.
TNG: Wirklich !?!
DH: Ganz im Ernst. Zum Beispiel fasziniert mich die Molekularstruktur, an der wir teilhaben, ebenso wie die Frage, welche Arten der Instrumentierung, Interdisziplinarität und Wissenspraktiken eingegangen sind in die historischen Möglichkeiten zu begreifen, inwiefern ich einem Blatt gleiche.
TNG: Haben Sie diese Epiphanie schon als Kind erlebt oder erst als Erwachsene?
DH: Ich spreche klarerweise aus der Perspektive einer Erwachsenen. Was das Verbundensein anbelangt, war mein Bewußtsein als Kind ungeheuer religiös. Aber mich haben Miniaturen fasziniert.
TNG: Miniaturen?
DH: Alles, angefangen vom Puppenhaus bis dahin, mir ausgeklügelte Miniaturmenschenwelten vorzustellen und mit kleinen Figuren im Gras zu spielen. Eigentlich habe ich viel Zeit in Miniaturwelten verbracht.
TNG: Was Sie immer noch tun. Wann haben Sie sich bewußt in die Wissenschaft begeben?
DH: Erst am College, wo mein Hauptfach Zoologie war, ich aber gleichzeitig Englisch und Philosophie studierte. Alle drei kamen mir immer wie Teile des gleichen Gegenstands vor.
TNG: Was uns zurück zu ihrem "Moment des Seins" mit dem Blatt bringt – um Virginia Woolfs Formulierung zu benutzen.
DH: Worauf ich in bezug auf Ihre Frage nach der/dem Cyborg hinauswollte, waren Momente ästhetisch-moralischer Einheit, die, für mich, tiefgreifend von biowissenschaftlichen Denkweisen beeinflußt sind.
TNG: Ihre Theorie entwickelt sich so "natürlich" aus Ihrem Interesse an Biologie. Viele Leute in Ihrem Bereich fühlen sich jedoch durch die Art, in der Sie über Biologie und Wissenschaft nachdenken, bedroht, was eine Ironie ist, weil Sie Ihre Perspektive einem so gründlichen Verständnis und einer tiefgreifenden Einverleibung biologischer Welten verdanken. Warum ist ein derartiges Verständnis dann so bedrohlich?
DH: Ein Teil des Unbehagens rührt von der Tatsache her, daß, wenn man über die schonungslose historische Kontingenz des Sich-Selbst-Erlebens oder über die Anfertigung wissenschaftlichen Wissens spricht, die Leute Relativismus oder reinen Sozialkonstruktivismus heraushören, was in keinster Weise das ist, was ich sage. Aber das ist die Reduktion, die ständig vorgenommen wird. Und dann gibt es die Leute, die davon bedroht sind, weil sie solche Analysen als biologischen Determinismus lesen! Eine Art Naturalismus, den sie nicht wollen, weil sie SozialkonstruktivistInnen sind und dem Biologischen oder dem Natürlichen nicht zuviel Gewicht verleihen wollen. Da ich versuche, "sowohl-als auch" und "weder-noch" zu sagen, entsteht ziemliche Verwirrung, die jedoch keine sehr produktive Verwirrung ist. Ich spreche von einer Art, mit der Welt zu interagieren, die erbarmungslos historisch spezifisch ist. Technowissenschaft ist eine materialisierte Semiose. Es geht darum, wie wir uns mit und in der Welt einlassen. Was nicht das gleiche ist wie zu sagen, Wissen sei optional. Vielmehr bedeutet es, daß es eine Spezifität gibt, die man nicht außer acht lassen kann.
CYBORGSURREALISMUS

TNG: Ich möchte eine Frage zur Form stellen, insbesondere zur Form des Schreibens, die Sie gewählt haben. Es scheint, daß jene Art analytischen Schreibens, die Sie verwenden, um Ihre Gedanken zu entwickeln, in mancher Hinsicht auch abschreckend ist. Anders ausgedrückt: Sie werden fortwährend von der Linearität und dem Angrenzen der Satz-auf-Satz-Konstruktion und -Argumentation beherrscht, während Ihr Punkt ja gerade der ist, uns während des Lesens fortwährend dazu aufzuforden, ein multi-relationales, multi-dimensionales, assoziatives dichtes Lesen beizubehalten – einen Hypertext-Modus. Haben Sie je einen anderen Modus als das akademische Schreiben verwendet oder würden Sie das tun? Eine Hypertext-CD-Rom zum Beispiel? Oder geht es darum gar nicht?
DH: Ich habe darüber nachgedacht, und das ist sicher der Grund, warum ich so viele visuelle Elemente im Buch habe. Aber ich glaube, letztendlich kann ich am besten mit Worten umgehen. Die Zusammenarbeit mit der Malerin Lynn Randolph in diesem Buch ist jedoch sehr wichtig.
TNG: Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
DH: In den späten 80er Jahren war Randolph im Bunting-Institut am Radcliff College und las das Manifest für Cyborgs. Als Reaktion auf diesen Aufsatz hat sie ihre Cyborg gemalt. Etwas später hat sie mir ein Bild geschickt, und ich habe ihr zurückgeschrieben, wie begeistert ich war. Und dann gab es eine ziemlich lange Unterbrechung, aber wir haben schließlich wieder angefangen, einander zu schreiben. Ich habe ihr Konzeptentwürfe geschickt und sie mir Dias. Es gab keinen beabsichtigten Zusammenhang, aber ich habe ihre Bilder gesehen, und einige davon haben mich wirklich beeinflußt. Und genauso ist meine Arbeit in ihre Bilder eingegangen. Aber es gab nie eine bewußte Entscheidung, gemeinsam an irgendeinem Thema zu arbeiten. Das Bild auf dem Buchrücken, The Laboratory, or the Passion of OncoMouse [1994], hat sie zum Beispiel im Dialog mit meinen Erörterungen zur OncoMouse™ gemalt. Aber nachdem ich das Bild gesehen hatte, habe ich wieder mehr darüber geschrieben. Das Verhältnis zwischen Randolph und mir war also ein gegenseitiger Austausch, bei dem wir nie gezielt zusammengearbeitet haben, aber tatsächlich haben wir ständig zusammengearbeitet. Für mich sind ihre visuellen Beiträge zu dem Buch Argumente und nicht einfach Illustrationen.
TNG: Sie sind fast wie katholische Allegorien.
DH: Ja, wir haben über meine Art des Cyborg-Surrealismus und ihren metaphorischen Realismus Witze gemacht.
TNG: Ich hatte Probleme mit den Gemälden – gerade wegen der Form des Realismus, die sie verwendet, aber das kann einfach Geschmacksache sein. Für mich zeigen die Bilder ihren historischen Kontext zu buchstäblich.
DH: Einige von ihnen tun das, aber das trifft nicht auf Transfusions und The Passion of OncoMouse zu, die meine zwei Lieblingsbilder sind. Aber selbst in den Gemälden, die ich nicht so sehr mag, finde ich es gut, wie sie Dinge gegenüberstellt und in bestimmten Momenten Referenzen an die Renaissance und den entsprechenden Raum einsetzt und mit DNS-Strängen, Galaxien, Mikrochips und so weiter verflicht. Randolph hat sich bestimmten "realistischen" Konventionen und narrativen Bildinhalten verpflichtet, um die Verbindung von Form und Inhalt in den Vordergrund zu stellen. Sie nimmt den Widerstand gegen die Imperative des abstrakten Formalismus als einzige Form der Malerei auf.
TNG: Was sie metaphorischen Realismus nennt.
DH: Genau. Für sie und für mich ist dieser metaphorische Realismus – oder Cyborg-Surrealismus – der überschüssige Raum der Technowissenschaft – eine Welt, innerhalb deren Grammatik wir zwar sein mögen, aber wir wollen und können uns ihre Repräsentationen sowohl einverleiben als auch über sie hinausgehen und ihre Syntax sprengen.
TNG: Die/der Cyborg wird üblicherweise als räumliche und physische Kategorie analysiert. Aber in Modest_Witness erörtern Sie auch Zeitlichkeit. Sie sagen, daß Verdichtung, Fusion und Implosion die zeitlichen Bedingtheiten der/des Cyborg sind. Warum ist es so wichtig für uns, zeitliche Bedingtheit im Verhältnis zu den "fleshfactors" zu untersuchen?
DH: Eine Antwort wäre eine Formulierung aus John Christies A Tragedy for Cyborgs von 1993, die ich in Modest_Witness verwende. Er hat über das Manifest für Cyborgs und die "schon geschriebene Zukunft" der Genetik geschrieben. (27) Ich glaube, er war der erste, der mich auf die Genomen und Finanzinstrumenten gemeine zeitliche Bedingtheit in der gegenwärtigen technowissenschaftlichen Kultur aufmerksam gemacht hat. Zum Beispiel, wie Tilgungspläne die Zukunft schreiben. Wenn man bei einer Hypothek einer bestimmten Art der Schuldenrückzahlung unterworfen ist – das gilt auch für ein Entwicklungsland –, dann sperren einen die Tilgungspläne in verschiedene Systeme der Nahrungsmittelproduktion, Fremdenverkehrsindustrie, Heiratspraktiken usw. ein. Die Zukunft ist buchstäblich in die Verpflichtung der Schuldenrückzahlung eingesperrt. Es ist eine bereits geschriebene Zukunft, in die eine eingegrenzte Vorstellung der zeitlichen Bedingtheit schon eingebaut ist, und tatsächlich steht eine Denkweise der Genetik im Verhältnis zur Vorstellung von einer vorgeschriebenen Zukunft, einer Zukunft, für die es bereits ein Drehbuch gibt.
TNG: Genetik ist sehr eng mit zeitlicher Bedingtheit verbunden: von der Betonung der Vererbung – der Vergangenheit – zur Zeit der Jahrhundertwende hin zur Betonung dessen, was uns die Genetik jetzt über unsere Zukunft, über unsere genetischen Anlagen oder Potentiale, sagen kann.
DH: Ja, ebenso wie Schuldentilgungspläne nicht bestimmen, was Menschen mit einer derartigen Struktur machen werden, legt das Gen sozusagen auch nur Fährten oder Matrizes aus, innerhalb derer das "Leben selbst" vorkommt. Die Art und Weise jedoch, in der Genome in verzweigten Datenbanken institutionalisiert werden und dann in anderen Wissenspraktiken benutzt werden – z. B. in der pharmazeutischen Entwicklung – , erstellt die Matrizes für die Zukunft – einschließlich der Formen des Widerstands und des Streits.
TNG: Es geht also um eine grundlegende Verschiebung zeitlicher Bedingtheit?
DH: Ja, bei Genetik geht es, so wie sie sich heute entwickelt, um eine materiell unterschiedliche Art der zeitlichen Bedingtheit.
LEIDENSCHAFT UND IRONIE

TNG: Um das Ende einzuleiten, habe ich mir die Freiheit genommen, ein Fragment aus Modest_ Witness auszuwählen: "Der Punkt ist, zu lernen zu erinnern, daß wir an